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Landwende – Strategien und Lösungen für eine nachhaltige Landnutzung

Wie stellen wir die Landwirtschaft naturverträglich und klimaresilient auf? Wie ernähren wir uns, dass es unserer Gesundheit und dem Planeten bekommt? Wie bringen wir Waldschutz und nachhaltige Holznutzung in Einklang? Und wie nutzen wir die verfügbaren Flächen vor dem Hintergrund konkurrierender Ansprüche? Kurz: Wie gelingt die Landwende zum Schutz von Klima und Biodiversität? Diese und weitere Fragen beantwortet das Policy Brief des Öko-Instituts.

Wie gelingt die Wende bei Flächennutzung und Landwirtschaft, Ernährung und Forstwirtschaft?

Land ist die Grundlage unseres Lebens. Wir bauen auf ihm Nahrungs- und Futtermittel an. Nutzen es für Wälder, die Kohlendioxid aufnehmen und deren Holz wir ernten. Profitieren von seinen Fähigkeiten, Wasser zu speichern und die Luft zu kühlen. Und nicht zuletzt leben und wirtschaften wir auf ihm.

Doch trotz dieser zentralen Funktionen gehen wir weder umsichtig noch weitsichtig mit dem Land um, das uns zur Verfügung steht. Rund um den Globus gingen allein zwischen 2015 und 2019 mindestens 100 Millionen Hektar gesunde und produktive Landfläche verloren. Nur 17 Prozent der Landflächen sind weltweit geschützt. In der Theorie hat Deutschland das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie, bis 2030 insgesamt 30 Prozent der Landes- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen, bereits erreicht. Umweltschützer*innen kritisieren jedoch, dass der Schutz den etwa Landschaftsschutzgebiete bieten, nicht ausreicht, um Biodiversität oder Ökosysteme wirklich zu erhalten.

Doch es geht um viel mehr als die Schaffung von Naturschutzflächen. Es geht um die Art, wie wir insgesamt mit dem Land umgehen. Es geht um Flächenversiegelung, Stoffeinträge, Nutzungsintensität und die effiziente Nutzung biogener Ressourcen. Immense Flächen werden Tag für Tag durch Siedlungen und Verkehr versiegelt. Die Landwirtschaft setzt zu viele Agrochemikalien und Düngemittel ein und schadet damit Umwelt und Böden. Unsere Ernährung benötigt deutlich zu viele Flächen. Nachhaltiges Wirtschaften zahlt sich für Waldbesitzende nicht aus.

Eine Landwende ist dringend notwendig, nicht zuletzt aufgrund der hohen Konkurrenz um Flächen – auch weltweit. Strategien und Lösungsansätze in vier zentralen Bereichen können eine nachhaltigere Landnutzung fördern und so die Landwende voranbringen.

Vom Reden zum Handeln

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Kommission eingerichtet, die gemeinsame Lösungsstrategien zwischen Landwirt*innen, Politik und Umweltvertreter*innen erarbeitet haben und deutlich zeigten, dass hier kein unlösbarer Widerspruch besteht und Einigung möglich ist. Zu nennen ist hier die Zukunftskommission Landwirtschaft, die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung oder die gerade veröffentlichten Empfehlungen des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“. Wichtig ist es, dass nicht nur Kommissionen geschaffen werden, sondern dass deren Empfehlungen auch ernsthaft umgesetzt werden, wie dies beispielswiese bei der Kohlekommission der Fall war. Zwar geht die gute Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft weiter, aber seit der Veröffentlichung des Berichts im Juni 2021 sind nicht viele Empfehlungen umgesetzt worden. Der Dialog mit den Akteur*innen in allen Bereichen der Landnutzung ist unerlässlich, aber die Ergebnisse sollten auch zügig umgesetzt werden.

Für die Landwirt*innen und Waldbesitzer ist ein verlässlicher Rahmen für die langfristige betriebliche Planung entscheidend, der ihnen eine ökonomisch tragfähige Zukunftsperspektive für eine ökologischere Produktionsweise bietet. Und eben keine Förderung, die nach drei Jahren mit veränderten politischen Prioritäten plötzlich wieder eingestellt wird. Die in diesem Papier diskutierten Instrumente sollten daher in einen langfristigen, kohärenten Rahmen mit klaren Zielen eingebettet sein.

Zentrale Handlungsempfehlungen

Flächennutzung

Für einen geringeren Flächenverbrauch ist es notwendig,

  • Flächensparen und Flächenrecycling in den Planungsprozessen von Städten und Gemeinden zu berücksichtigen,
  • mehr Bewusstsein und Fachwissen über die Auswirkungen des Flächenverbrauchs zu schaffen und
  • stärker auf Innenentwicklung zu setzen.

Dies kann erreicht werden durch:

  • Instrumente, die die Außenentwicklung reduzieren – so den Abbau von Subventionen.
  • Ämterübergreifende Organisationsstrukturen für den Flächenschutz sowie ein effektives Flächenmanagement.
  • Konkrete Planungshilfen für Entscheider*innen in Städten und Gemeinden.

Landwirtschaft

Für eine nachhaltigere Landwirtschaft ist es notwendig,

  • Flächenkonkurrenz durch Tierfutter zu verringern durch eine vorrangig grünlandbasierte Milchkuh- und Rinderfütterung sowie die verstärkte Fütterung von Reststoffen in der Mast,
  • die Flächenkonkurrenz durch Anbaukulturen zur Energienutzung zu verringern, indem Reststoffe verstärkt gesammelt und besser energetisch genutzt werden,
  • die Klimaresilienz der Landwirtschaft durch weite Fruchtfolgen mit höheren Leguminosenanteilen sowie die Etablierung von Agroforstsystemen zu erhöhen,
  • den Anteil des Ökolandbaus und von Biodiversitätsflächen zu steigern,
  • Moorgebiete für den Klimaschutz wiederzuvernässen,
  • Tierbestände zu verringern und eine neue Struktur der Tierhaltung zu etablieren, die stärker auf das Tierwohl achtet und auf geschlossene Nährstoffkreisläufe setzt, und
  • den Einsatz von Pestiziden und Nährstoffüberschüssen zu reduzieren.

Dies kann erreicht werden durch:

  • Eine Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP): weniger klimaschädliche Subventionen und eine umfangreiche Vergütung von Gemeinwohlleistungen wie etwa Biodiversitätsmaßnahmen.
  • Zusätzliche nationale Fördermittel für den Umbau der Landwirtschaft, so ein Umlagesystem nach dem Vorbild des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
  • Eine Grünlandbindung für Rinder und Kühe sowie eine Flächenbindung für die Tierhaltung.
  • Die Anpassung der Düngegesetzgebung, so etwa verschärfte Obergrenzen für Stick­stoff­überschüsse.

Ernährung

Für eine nachhaltigere Ernährung ist es notwendig,

  • den Konsum von Milch und Fleisch sowie weiteren tierischen Nahrungsmitteln zu reduzieren,
  • einen Wandel hin zu einer pflanzenbetonten Ernährungsweise einzuleiten,
  • Lebensmittelverschwendung zu vermeiden und
  • einen Fokus auf regionale und ökologisch angebaute Nahrungsmittel zu legen.

Dies kann erreicht werden durch:

  • Eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer bei tierischen Produkten mit einer insgesamten Netto-Entlastung für die Verbraucher*innen.
  • Vergabekriterien in der öffentlichen Beschaffung, die eine nachhaltige und kreislauforientierte Ernährung fördern.
  • Eine Bildungsoffensive für nachhaltige Ernährung.
  • Ein Bundesprogramm für pflanzenbetonte Ernährung.
  • Mehr Unterstützung für regionale Wertschöpfungsketten und die Förderung von regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung, wenn sie soziale und ökologische Vorteile mit sich bringen.
  • Eine umwelt- und klimaorientierte Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Forstwirtschaft

Für eine nachhaltigere Forstwirtschaft ist es notwendig,

  • den Klimaschutz im Forstsektor finanziell zu fördern,
  • die Einkommensmöglichkeiten von Waldbesitzer*innen zu diversifizieren,
  • die Energieholznutzung einzuschränken und
  • ältere Laubbaumbestände zu schützen.

Dies kann erreicht werden durch:

  • Eine stärkere Honorierung von Ökosystemdienstleistungen.
  • Die Gewinnung von privaten Investor*innen zur Finanzierung des Waldschutzes.
  • Die Beteiligung des Forstsektors an einem Zertifikatemarkt.
  • Die Förderung und Erprobung von innovativen Arten der Holznutzung.
  • Ein verbessertes Holzrecycling.
  • Eine höhere Priorität des Waldschutzes.

Einleitung: Das Trilemma der Landnutzung

Mehrere globale Krisen wirken sich direkt auf unsere Landnutzung aus: So bringt die Klimakrise unter anderem Trockenheit, Starkregenereignisse und Flächenbrände mit sich. Daran können sich natürliche Ökosysteme, Land- und Forstwirtschaft möglicherweise nicht schnell genug anpassen, was wiederum die globale Ernährung und die Versorgung mit biogenen Rohstoffen gefährdet. Gleichzeitig trägt die Landnutzung zu Treibhausgasemissionen bei und verstärkt die Klimakrise.

Darüber hinaus erleben wir eine Biodiversitätskrise: Weltweit sind laut den Vereinten Nationen eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. In Deutschland gilt knapp ein Drittel der Arten als gefährdet. Geht genetische Vielfalt verloren, gefährdet dies auch die nachhaltige und langfristige Sicherung der Ernährung.

Auch die globale Ernährung befindet sich in einer schweren Krise: 2023 waren 345 Millionen Menschen von Hunger betroffen. Zunehmende Klimakatastrophen zerstören Ernten, Böden, Vieh und Existenzgrundlagen und immer mehr Menschen können sich nicht mehr selbst ernähren.

Umfassend betrachten, Synergien nutzen

Flächen werden dafür benötigt, der Klimakrise, der Biodiversitätskrise und der Ernährungskrise zu begegnen: für die Bindung von CO2, für ein größeres Netz an Schutzgebieten und für die Renaturierung sowie für die Sicherung der globalen Ernährung. Daher ist es wichtig, die verschiedenen Ziele – also den Klimaschutz und die Klimaanpassung, den Erhalt von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen und die Ernährungssicherung – nicht isoliert und in Konkurrenz zueinander zu verfolgen, sondern Strategien zu entwickeln, die Synergien nutzen und gleichzeitig zur Lösung aller drei Krisen beitragen.

Landnutzung in der Sackgasse?

Diese Probleme haben ihren Ursprung auch in der Art, wie wir Land nutzen. Denn beständig werden etwa Flächen, auf denen zum Beispiel Wälder stehen, in Verkehrs- oder Siedlungsflächen umgewandelt. Der Flächenneuverbrauch in Deutschland geht zwar seit 2004 etwas zurück, dennoch werden allein für Siedlungen und Verkehr derzeit im Durchschnitt täglich 55 Hektar neu versiegelt. Eine produktive Landwirtschaft ist zudem notwendig, um die Ernährung zu sichern – doch gleichzeitig zerstören nicht-nachhaltige Praktiken Grundlagen der Nahrungsmittelproduktion. Auch in Deutschland finden wir degradierte Böden durch Erosion und Verdichtung sowie regional hohe Nährstoffbelastungen in Grund- und Oberflächengewässern. Tiere und Pflanzen der Agrarlandschaften, die einst häufig vorkamen, stehen inzwischen zudem vielerorts auf der Liste der zu schützenden Arten. Außerdem gehen allein hierzulande 15 Prozent der Treibhausgasemissionen des privaten Konsums auf die Produktion und Nutzung von Lebensmitteln zurück.

Dass gehandelt werden muss, steht außer Frage. Doch obwohl wir eigentlich genug über die Ökosysteme wissen und auch darüber, welche Probleme die Landnutzung verursacht, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum etwas an ihr geändert. Dies liegt sicher nicht zuletzt daran, dass die Landnutzung Teil unserer Kultur ist. Die Handlungen jedes einzelnen Menschen wirken sich auf die Landnutzung aus. Und gleichzeitig ist jeder einzelne Mensch von den damit verbundenen Konsequenzen betroffen. Zusätzlich können wir die Landnutzung nicht einfach durch eine neue Technologie ersetzen, wie das beim Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien möglich ist. Notwendig ist ein tiefgreifender Wandel im bestehenden System.

Gibt es einen Weg aus dem Trilemma der Landnutzung? Und wenn ja, wo liegt er? Diesen Fragen widmen wir uns mit Blick auf Flächenverfügbarkeit und Flächenkonkurrenzen, die Agrar- und Ernährungssysteme sowie die Waldnutzung.

Landwende – Strategien und Lösungen für eine nachhaltige Landnutzung

Policy Brief

Weitere Informationen zum Trilemma der Landnutzung

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