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Keine Landwende ohne Ernährungswende

Wir sind nicht nur, was wir essen. Wir gestalten damit auch unsere Umwelt, beeinflussen das Klima und die Biodiversität. Wie wir uns heute ernähren, belastet die globale Umwelt erheblich – es trägt zu 20 bis 25 Prozent der Treibhausgasemissionen und zu bis zu 80 Prozent der Biodiversitätsverluste bei.

Essen sollte gesund sein. Auch für den Planeten.

Wir sind nicht nur, was wir essen. Wir gestalten damit auch unsere Umwelt, beeinflussen das Klima und die Biodiversität. Wie wir uns heute ernähren, belastet die globale Umwelt erheblich – es trägt zu 20 bis 25 Prozent der Treibhausgasemissionen und zu bis zu 80 Prozent der Biodiversitätsverluste bei. Insbesondere der Konsum von tierischen Lebensmitteln verursacht maßgebliche Schäden an Umwelt und Klima. Derzeit essen Verbraucher*innen hierzulande etwa 52 Kilogramm Fleisch pro Jahr sowie zahlreiche weitere tierische Lebensmittel wie etwa gut 80 Kilogramm Frischmilcherzeugnisse – dieser Konsum muss drastisch reduziert und durch pflanzliche Nahrung ersetzt werden.

 

Die Planetary Health Diet

Natürlich sollte stets eine vielfältige und gesunde Ernährung sichergestellt sein – doch diese kann auch innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen gelingen. Die EAT Lancet Kommission hat eine so genannte Planetary Health Diet vorgeschlagen – sie ist auch die Grundlage für die derzeit entwickelte Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Mit der Planetary Health Diet soll es gelingen, allen Menschen weltweit eine Ernährung zu ermöglichen, die alle Grundbedürfnisse erfüllt und gleichzeitig die planetaren Belastungsgrenzen achtet.

Aus unserer Sicht ist noch nicht abschließend geklärt, wie die Planetary Health Diet umfassend umgesetzt werden kann. Hier braucht es unter anderem noch mehr Forschung zum aktuellen Stand der Ernährung oder auch zu unterschiedlichen pflanzlichen Proteinquellen und ihren Potenzialen. Gleichzeitig müssen unsere Lebensmittel-Wertschöpfungsketten resilienter gestaltet werden, um Ernährungssicherheit herzustellen. Zentral dafür sind etwa regionale Versorgungsstrukturen sowie eine hohe Vielfalt bei Anbau und Vermarktung.

 

Ansätze für eine nachhaltigere Ernährung

Was kommt auf den Tisch

Niemand will den Fleischkonsum verbieten, doch er muss drastisch sinken – von etwa 52 Kilogramm pro Kopf und Jahr derzeit auf 15 bis 30 Kilogramm. Im Gegenzug ist es nötig, den pflanzlichen Anteil der Ernährung deutlich zu erhöhen, zum Beispiel durch Hülsenfrüchte, frisches Obst und Gemüse. Vegetarische und vegane Gerichte können – neben dem feierlichen Sonntagsbraten – den Speiseplan in hohem Maße bereichern. Wie das gelingen kann, zeigen bereits kreative Akteur*innen in der Gemeinschaftsverpflegung oder gastronomische Start-ups.

Nicht mehr in die Tonne!

Auch die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung gehört in den Fokus. Sie kann etwa durch Veränderungen im Konsum gelingen. Es geht aber nicht nur darum, dass Verbraucher*innen geplanter einkaufen und so vermeiden, dass Lebensmittel im Abfall landen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette und in verschiedenen Lebenszyklusphasen von Nahrungsmitteln verderben zu viele Lebensmittel oder werden weggeworfen. Ihr kann auf vielfältigen Wegen entgegengewirkt werden. Technische Lösungen etwa zur besseren Haltbarmachung von Lebensmitteln sind ebenso sinnvoll wie angepasste Vorgaben des Einzelhandels. Die Orange ist nicht groß genug, die Paprika nicht rot genug, die Gurke nicht gerade genug? Das sollte uns nicht davon abhalten, solche ansonsten einwandfreien Lebensmittel zu essen. Und auch für minderwertige Waren sollte es andere Verwertungen geben als der Weg in den Abfalleimer.

Regional nicht nachhaltig

 

 

Regionalität steht immer wieder im Fokus, wenn es um eine nachhaltigere Ernährung geht. Wenn sie mit klugen Logistikkonzepten einhergeht, verkürzen sich Transportwege, braucht es weniger Infrastrukturen, sinken die Treibhausgasemissionen. Zusätzlich ist es durch eine regionale Ernährung leichter, Rohstoffe, die etwa für Transportmaterial benötigt werden, wiederzuverwenden, Lebensmittelverluste zu vermeiden und biodiversitätsrelevante Kulturlandschaften zu erhalten. Liegt ein Fokus auf regionaler, pflanzlicher und ökologischer Ernährung, stützt dies in hohem Maße die notwendige Transformation. Denn sie geht nicht nur mit einem resilienteren Ernährungssystem einher, sondern ermöglicht es Konsument*innen auch, ihre Ernährung demokratisch mitzugestalten und dabei Selbstwirksamkeit zu erleben – etwa in so genannten Prosumer-Modellen. So gibt es etwa Genossenschaften, die ihre Mitglieder mit Gemüse versorgen.

Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass Regionalität auch negative Effekte mit sich bringen kann. Denn eine Kleinteiligkeit etwa bei Anbau oder Verarbeitung kann zu Effizienzverlusten führen. Der Fokus auf regionale Produkte und Wertschöpfungsketten sollte daher immer einen ökologischen und sozialen Mehrwert garantieren.

Mehr Zeit als Motivation

Wie wir unsere Ernährung gestalten, hängt laut neuen Forschungserkenntnissen vor allem von sozialen Normen und Emotionen, aber auch Routinen und Bequemlichkeit ab. Aus unserer Sicht gibt es hier noch Forschungsbedarf, doch die Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Zeit, die uns für die Ernährung zur Verfügung steht, und die Möglichkeiten zur Selbstregulation einen größeren Einfluss auf eine Umgestaltung der Ernährung haben als etwa die Motivation, die Einstellung oder das Wissen über Ernährung. Daher müssen etwa pflanzliche Lebensmittel leicht zugänglich sein und die veränderte Ernährungsweise darf nicht aufwändiger sein.

Und was heißt das konkret? Die Instrumente

Es gibt zahlreiche wertvolle Ansätze für eine nachhaltige Ernährung.

Bessere öffentliche Beschaffung, mehr Wissen

In der öffentlichen Beschaffung liegt ein hohes Potenzial. Die Gemeinschaftsverpflegung in Schulen, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Kantinen kann deutlich nachhaltiger und gesünder ausgestaltet werden. Denkbar ist hier, Vergabekriterien etwa für Schulen oder staatliche Institutionen so zu gestalten, dass eine nachhaltige und kreislauforientierte Ernährung gefördert wird. Sinnvoll sind darüber hinaus Quoten für kontrolliert ökologisch angebaute Produkte sowie Kriterien für eine biodiversitätsfördernde Beschaffung – so etwa ein Fokus auf Lebensmittel, die geringe Umweltwirkungen haben. Dafür müssen auch die finanziellen Rahmenbedingungen sichergestellt werden.

Pflanzen in den Mittelpunkt

Was die Verbraucher*innen kaufen und essen, hat einen immensen Einfluss. Wir empfehlen daher eine Bildungsoffensive für nachhaltige Ernährung und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Dazu gehört unter anderem, Ernährungswissen in Schullehrpläne zu integrieren sowie über digitale Kanäle zu informieren. Gleichzeitig gehören pflanzenbasierte Ernährungsweisen deutlich stärker in den Fokus als bislang. Wo und welche Lebensmittel Konsument*innen einkaufen und wie sie diese zubereiten – all das kann in so genannten Ernährungsumgebungen wie Supermärkten oder Kantinen durchaus beeinflusst werden. So etwa durch eine entsprechende Platzierung pflanzenbasierter Nahrungsmittel und ausreichend Werbung dafür, eine ansprechende Gestaltung von Portionsgrößen und Rezepturen oder auch über den Preis

Bundesprogramm für pflanzenbetonte Ernährung

Auch politische Instrumente können dabei helfen, dass die Verbraucher*innen häufiger zu Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten greifen. So sollte etwa das Ziel einer pflanzenbetonten Ernährung in politische Strategien und Programme integriert werden – auf nationaler ebenso wie auf kommunaler Ebene. So könnte ein Bundesprogramm für pflanzenbetonte Ernährung einen wesentlichen Beitrag leisten – durch die Förderung praxisnaher Forschungsprojekte, Stadtentwicklungskonzepte mit einem Fokus auf pflanzliche Ernährung oder den Wissenstransfer an relevante Akteur*innen etwa aus der Außer-Haus-Verpflegung. Wichtig sind zudem die Integration einer pflanzenbasierten Ernährung in die Aus- und Weiterbildung von Köch*innen und der Aus- und Aufbau von pflanzenbetonten Wertschöpfungsketten.

Unterstützung ist gefragt - in der Region und der Wertschöpfungskette

Sollen zudem regionale Wertschöpfungsketten aufgebaut werden, braucht es dafür höhere Unterstützung als bislang. Sie kann etwa durch Ökomodellregionen, Ernährungsstädte oder die Etablierung von Biostädten gelingen. Darüber hinaus ist es wertvoll, dezentrale Verarbeitungsbetriebe wie etwa Mühlen, Molkereien und Bäckereien, aber auch die großküchenkonforme Vorverarbeitung von Lebensmitteln zu fördern.

Alle Verbraucher*innen sollten zudem genau wissen, wie stark Umwelt und Klima durch verschiedene Lebensmittelgruppen belastet werden. Gefördert wird dies etwa durch eine Umweltkennzeichnung oder auch Informationen zu den positiven Auswirkungen einer stärker pflanzenbasierten Ernährung auf die Gesundheit. Denn nach wie vor können Ängste vor gesundheitlichen Nachteilen die Konsument*innen davon abhalten, weniger tierische Produkte zu essen. Ein verpflichtendes staatliches Label, das die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit berücksichtigt, ist eine der Kernempfehlungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“, die im Januar 2024 vorgestellt wurden.

 

Weitere Informationen zu nachhaltiger Ernährung

1 Kommentar

  1. Michael Gumnor 18.02.2024 01:31

    Zur sozialökologischen Transformation des Ernährungssystems braucht es eine Ausbildung zu einem veganen Koch/zu einer veganen Köchin. Die Veganer*innen wollen keine Kochausbildung machen, bei der man mit Tierprodukten arbeiten muss. Hier ist dringend die Politik gefragt und vielleicht auch sie, die eine Empfehlung geben können.

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