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Das „Heizungsgesetz“ ist ein wichtiger Baustein für die Wärmewende

Am 8. September wurde die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Bundestag verabschiedet. Die Vorgaben des „Heizungsgesetzes“ sind dringend notwendig, um die nationalen Klimaziele bis 2030 sowie das Ziel der Klimaneutralität für 2045 zu erreichen. Dr. Sibylle Braungardt, Friedhelm Keimeyer, Benjamin Köhler und Malte Bei der Wieden kommentieren die Novelle und ihren Nutzen für den Klimaschutz.

Die Novellierung des GEG ist ein wichtiger Schritt, um die nationalen Klimaziele bis 2030 sowie das Ziel der Klimaneutralität 2045 zu erreichen. Die Klimaziele, die im Bundesklimaschutzgesetz festgeschrieben sind, wurden im Gebäudesektor in den letzten drei Jahren verfehlt. Die Berechnungen im Projektionsbericht zeigen, dass sie wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren verfehlt werden. Das GEG wird helfen, die Lücke zwischen Ziel und ausgeschiedenen klimaschädlichen Treibhausgasemissionen zu verringern. Allerdings sind weitere Maßnahmen im Gebäudesektor notwendig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Momentan beträgt der Anteil fossiler Energien beim Heizen circa 80 Prozent und es gab wenig Fortschritte in den letzten Jahren. Um das Ziel der Klimaneutralität 2045 noch zu erreichen, dürften eigentlich bereits jetzt keine fossilen Heizungen mehr eingebaut werden. Denn deren Lebensdauer liegt in der Regel zwischen 20 und 30 Jahren – teilweise sogar deutlich länger. Neu eingebaute fossile Heizungen können demnach nicht mehr über ihren natürlichen Lebenszyklus weiterbetrieben werden. Das GEG leistet hier also einen wichtigen Beitrag, um Fehlinvestitionen zu vermeiden, und schützt damit alle Verbraucher*innen. Dies gilt gleichermaßen für Eigentümer*innen von Gebäuden und Wohnungen als auch für Mieter*innen. Denn jede neu eingebaute fossile Heizung würde sie und die Allgemeinheit mittel- und langfristig mit höheren Folgekosten belasten.

Obwohl die Novelle des GEG im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gegenüber der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Übereinkunft in einigen wesentlichen Punkten immer weiter abgeschwächt wurde, bleibt sie dennoch ein wichtiges Zeichen für Handwerk und Eigentümer*innen, um nun Gebäude und Heizungen klimafreundlich umzubauen.

65-Prozent-Regel für neu eingebaute Heizungen

Die wichtigste Regelung der GEG-Novelle ist, dass Heizungen zukünftig mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Das betrifft nur neu eingebauten Heizungen. Grundsätzlich gilt: Bestandheizungen dürfen weiter betrieben und auch repariert werden.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Grundsätzlich sind alle erneuerbaren Energien zugelassen. Im Gesetz sind dabei Standardfälle vorgesehen wie

  • alle Arten von elektrischen Wärmepumpen (dazu zählt auch die Nutzung von Erdwärme),

  • solarthermische Anlage,

  • Anschluss an die Fernwärme,

  • Stromdirektheizung wie Nachtspeicheröfen (grundsätzlich nur in sehr effizienten Gebäuden zulässig),

  • Wärmepumpe in Verbindung mit einer fossilen Heizung (Hybridheizung),

  • Solarthermie-Hybridheizung, bestehend aus einer solarthermischen Anlage in Verbindung mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung,

  • grüner Wasserstoff,

  • feste, flüssige und gasförmige Biomasse wie Holz, Pellets oder Biomethan.

Außerdem ist auch der fossil erzeugte blaue Wasserstoff den erneuerbaren Energien gleichgestellt. Zudem können durch Einzelnachweise die Anforderungen erfüllt werden, indem verschiedene Technologien kombiniert werden. Entsprechend dem Grundsatz der Technologieoffenheit sind alle denkbar möglichen Erfüllungsoptionen zulässig – auch solche, die mit gravierenden Nachteilen für die Höhe der laufenden Heizkosten, die Verfügbarkeit der Brennstoffe oder die Feinstaubbelastung in Innenstädten einhergehen.

Biomasse ist im nun verabschiedeten Gesetzentwurf breit zulässig. Im ersten Entwurf waren bestimmte Heizungen im Neubau nicht vorgesehen, um die begrenzten Biomasse-Ressourcen für Gebäude verwenden zu können, bei denen andere Optionen technisch schwerer umzusetzen sind. Auch die ursprünglich vorgesehene verpflichtende Kombination von Holz- und Pelletheizungen mit einem Pufferspeicher und einer Solarthermie- oder Photovoltaik-Anlage wurden ersatzlos gestrichen. Die damals vorgesehene Anforderung sollte ermöglichen, dass das Wärmwasser außerhalb der Heizungsperiode solar erzeugt wird und damit die Holz- und Pelletheizung über den Sommer nicht betrieben werden muss. Gestrichen wurden auch die vorgesehenen Anforderungen zur Reduzierung der Staubemissionen. Aus Umwelt- und Klimasicht sowie dem Gesundheitsschutz in Ballungsräumen verschlechtern diese Streichungen das Gesetz wesentlich gegenüber den ursprünglichen Plänen. Denn bei der Biomasse handelt es sich um eine begrenzte Ressource, welche nicht ungezielt eingesetzt werden sollte. Dies unterstreichen auch die Ergebnisse des aktuellen Projektionsberichts. Die erwartete Holzenergienachfrage 2030 liegt um 60 Prozent höher als das deutsche Holzvorkommen im Wald sowie Rest- und Abfallholz, wenn alle bestehenden politischen Maßnahme (einschließlich der aktuellen Novelle des GEG) einbezogen werden.

Verzögerung durch die Koppelung mit der kommunalen Wärmeplanung

Das GEG tritt formell zum 1. Januar 2024 in Kraft. Allerdings wurde am Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine Koppelung an die kommunalen Wärmeplanung festgeschrieben. Dadurch greifen die Regelungen des GEG für die allermeisten Gebäude erst mit einer mehrjährigen Verzögerung. Unmittelbare Geltung haben die neuen Anforderungen zunächst nur für „Neubauten in Neubaugebieten“, deren Bauantrag nach dem 1. Januar 2024 eingereicht wird. Das betrifft nur einen sehr geringen Anteil der Gebäude.

Für die kommunale Wärmeplanung müssen Kommunen in den nächsten Jahren ihre zukünftige Wärmeversorgung planen und darlegen, wie sie ihre Wärmeversorgung klimafreundlich umgestalten. Es ist vorgesehen, dass Gemeinden mit über 100.000 Einwohner*innen – also die rund 80 Großstädte in Deutschland – bis zum 30. Juni 2026 ihre Wärmeplanung durchführen und die Anforderungen des GEG deshalb ab Mitte 2026 gelten. In allen anderen Gemeinden soll dies bis 30. Juni 2028 erfolgen. Die Regelungen im GEG verschieben sich also für fast alle Gebäude um zweieinhalb bis viereinhalb Jahre.

Zwar mag es in einigen Kommunen für Gebäudeeigentümer*innen in bestimmten Fällen eine sinnvolle Information sein, ob ihr Gebäude perspektivisch an Fernwärme oder gegebenenfalls sogar an ein „Wasserstoffnetzausbaugebiet“ angeschlossen werden könnte. Für den Großteil des Bundesgebietes werden jedoch weder neue Fernwärme- noch Wasserstoffnetze eine ernsthafte Option sein – dennoch wurde pauschal die Geltung des Gesetzes für alle Kommunen um mehrere Jahre verzögert: Auch für kleinste Orte oder abgelegene Höfe im Außenbereich bei denen völlig klar ist, dass hier in den nächsten Jahren keine Fernwärme verlegt wird. Die klima- und verbraucherschützende Wirkung des „Heizungsgesetzes“ ist durch diese Verzögerung deutlich geschwächt worden. Zwar können Kommunen schon früher einen Entschluss zur Ausweisung eines Gebiets zum Neu- oder Ausbau von Fernwärmenetzen oder auch Wasserstoffnetzausbaugebieten treffen, womit das GEG gegebenenfalls auch früher zur Geltung gebracht werden kann. Es ist allerdings sehr fraglich, ob diese Möglichkeit breit genutzt werden wird.

Es bleibt zu hoffen, dass die Mehrheit der Eigentümer*innen in den kommenden Jahren bis Mitte 2028 von sich aus Heizungen einbaut, welche die 65-Prozent-Regelung einhalten, und nicht „übergangsweise“ auf neue fossile Heizungen setzen. Denn jede neu eingebaute fossile Heizung macht das Erreichen der Klimaziele unrealistischer, verschärft die Klimakrise und vertieft die Abhängigkeit von Autokratien, welche Deutschland mit Gas und Öl beliefern.

Damit möglichst viele auch schon vor 2028 freiwillig auf erneuerbare Heizungen umsteigen, ist im GEG eine verpflichtende Beratung vorgesehen, um auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung und eine mögliche Unwirtschaftlichkeit unter anderem durch die ansteigende Kohlenstoffdioxid-Bepreisung hinzuweisen.

Änderungen für Mieter*innen

Wichtig ist, dass die Wärmewende sozialverträglich gestaltet wird. Dafür müssen Haushalte mit geringem Einkommen entlastet und die Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen und Mieter*innen verteilt werden. Bei energetischen Modernisierungen können Vermieter*innen die Kosten im Rahmen der mietrechtlichen „Modernisierungsumlage“ auf die Mieter*innen umlegen. Gemeinsam mit der Novelle des GEG wurden auch diese Regelungen im Mietrecht geändert. Zentral ist dabei eine neue Kappungsgrenze für den Heizungstausch. Dadurch werden die Kosten der Mieterhöhung durch die Modernisierungsumlage gedeckelt: 50 Cent monatlich pro Quadratmeter der Mietwohnung sind das Maximum, um das die Miete für den Einbau einer neuen Heizung erhöht werden darf. Bei einer 80 Quadratmeter-Wohnung kann die Miete somit monatlich maximal um 40 Euro durch den Heizungstausch steigen. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung für Mieter*innen dar, da sie nun einfach vorhersehen können, welche finanzielle Belastung maximal auf sie durch einen Heizungstausch zukommen kann. Die Mieter*innen können durch den Einbau einer neuen Heizung darüber hinaus sogar profitieren, wenn dadurch die Energiekosten sinken.

In der Kabinettsfassung des GEG war vorgesehen, dass die Kostenbeteiligung für Mieter*innen begrenzt ist, wenn Heizungen eingebaut werden, die nur geringe Investitionskosten aber hohe Betriebskosten haben – wie Wasserstoffkessel. Dass diese Regelung ersatzlos gestrichen wurde, senkt den Schutz für Mieter*innen.

Klimafreundliche Heizungen fördern

Förderungen für den Einbau klimafreundlicher Heizungen sind nicht im GEG geregelt. Diese Bedingungen sind in einer separaten Förderrichtlinie, der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) festgelegt. Die genauen Förderbedingungen sollen kurzfristig an das neue GEG angepasst und Ende September veröffentlicht werden. Eine wichtige Neuerung wird sein, dass Heizungsanlagen, die die 65-Prozent-Regel einhalten, eine Grundförderung von 30 Prozent erhalten. Zusätzlich soll es eine Bonusförderung für selbstnutzende Eigentümer*innen geben, die einkommensabhängig ausgezahlt wird und somit die Haushalte mit wenig Einkommen unterstützt. Außerdem soll es einen Geschwindigkeitsbonus geben: Für Heizungen, die bis einschließlich 2028 ausgetauscht werden, gibt es einen Bonus von 20 Prozent, danach sinkt die Förderung degressiv um 3 Prozentpunkte alle zwei Jahre.

Fazit und Einordnung

Die Verabschiedung des Gesetzes kann nach den langen und hitzigen Debatten als Erfolg gesehen werden – auch wenn die Inhalte mit Blick auf die Erreichung der Klimaschutzziele mehrfach deutlich abgeschwächt wurden. Das Gesetz sendet das klare Signal, dass mittelfristig nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, welche mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Zudem wird festgeschrieben, dass ab dem Jahreswechsel 2044/45 keine Heizung mehr mit fossilen Energieträgern betrieben werden kann. Egal, wie alt die entsprechende Heizung dann ist.

Dr. Sibylle Braungardt, Benjamin Köhler und Malte Bei der Wieden arbeiten am Standort Freiburg im Bereich Energie & Klimaschutz zum Schwerpunkt Klimaschutz im Gebäudebereich. Friedhelm Keimeyer ist stellvertretender Bereichsleiter Umweltrecht & Governance und arbeitet zu rechtlichen Fragestellungen insbesondere zum Klimaschutz und zur Energiewende.

Weitere Informationen

Blogbeiträge zum Thema Wärmewende

Folge des Podcasts EnPower „#94 Neues Heizungsgesetz – Novelle des GEG“ vom 11. September 2023

Studie Abschätzung der Minderungswirkung der 65%-Anforderung im GEG-Entwurf" des Öko-Instituts

Studie „Heizen mit 65 % erneuerbaren Energien – Begleitende Analysen zur Ausgestaltung der Regelung aus dem Koalitionsvertrag 2021"

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