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Einordnung der geplanten Entschädigungszahlungen für die Stilllegungen deutscher Braunkohlekraftwerke im Kontext aktueller Entwicklungen

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Die Stromwirtschaft in Deutschland und Europa befindet sich im Umbruch. Bedingt durch die Entwicklungen auf den internationalen Märkten für Erdgas und Steinkohle, den poli-tisch getriebenen Ausbau der regenerativen Stromerzeugung, die Preisentwicklungen für CO2-Zertifikate des Emissionshandelssystems der Europäischen Union (EU ETS) so-wie durch den aktiv beschleunigten Abbau von Kraftwerkskapazitäten, geht insbeson-dere die Kohleverstromung aktuell und absehbar massiv zurück.

Das Verhältnis der Erzeugungskosten von Braunkohle-, Steinkohle- und Erdgaskraftwer-ken führt bereits aktuell zu einer deutlichen Verschiebung der Produktionsmuster im Be-reich der fossilen Stromerzeugung. Nachdem dies zunächst vor allem für die Steinkoh-leverstromung relevant war, sind bei weiter steigenden CO2-Preisen in zunehmendem Maße auch ältere Braunkohlekraftwerke betroffen. Für die Braunkohleverstromung viel wichtiger ist jedoch der Sachverhalt, dass im aktuellen und absehbaren Marktumfeld Braunkohlekraftwerke zunehmend in eine Situation kommen könne, dass aus den Erträ-gen im Strommarkt die fixen Betriebskosten von Kraftwerken und den sie beliefernden Tagebauen (Personal, Wartung, Instandhaltung, etc.) nur noch teilweise decken können. Damit entstehen erhebliche Stilllegungsanreize, sobald fixe Betriebskosten abgebaut werden können (Personalanpassungen, Vermeidung von größeren Instandhaltungsin-vestitionen etc.).

Angesichts der aktuellen Veränderungen im Strom- und CO2-Markt, aber auch mit Blick auf die entsprechenden Volatilitäten im Verlauf der letzten Dekade, erscheint das bei der deutschen Gesetzgebung zum Kohleausstieg verfolgte Konzept intransparent zustande gekommener Pauschalentschädigungen für den größten Teil der bis zum 31.12.2029 endgültig stillzulegenden Braunkohlekraftwerksblöcke als nicht sachgerecht. Die Analy-sen zum Vorschlag einer regelbasierten (und großzügig angelegten) Entschädigung zei-gen, dass die vorgesehenen Pauschalentschädigungen von 2,6 Mrd. € für RWE und 1,75 Mrd. € für LEAG unter den absehbaren Rahmenbedingungen in keinem Fall (LEAG) bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen (RWE, in Abhängigkeit von den Kosten des Tagebauumbaus) sachgerecht wären. Für LEAG beträgt die Differenz zwischen der re-gelbasierten Entschädigung und der vorgesehenen Pauschalentschädigung ca. 1 Mrd. €. Für RWE entsteht eine ähnliche Differenz von 0,9 Mrd. € für den Fall, dass die belegbaren Umbaukosten für die Tagebaue eher in der Größenordnung von 1 Mrd. € liegen; werden hier Kosten von 2 Mrd. € nachgewiesen, wäre eine Vergütung von ca. 2,66 Mrd. € zu rechtfertigen. Die entscheidenden Einflussgrößen für die regelbasiert er-mittelten Entschädigungen sind neben den Umbaukosten für die Tagebaue im Rheini-schen Revier die Ertragslage im Strommarkt sowie die Kosten für CO2-Zertifikate des EU ETS. Entsprechende Sensitivitätsrechnungen zeigen, dass sich insbesondere für die CO2-Kosten im Kontext des European Green Deal in den nächsten Jahren deutlich grö-ßere Erhöhungen ergeben können als im Bereich der Strommarkterträge, womit sich die Entschädigungszahlungen tendenziell noch verringern müssten.

Gerade vor diesem Hintergrund sind die geplanten Pauschalentschädigungen für die Stilllegung deutscher Braunkohlekraftwerke konzeptionell und mit Blick auf die geplanten Summen als eine grobe Fehlentwicklung anzusehen und der Übergang zu regelbasier-ten Entschädigungen dringend angeraten.