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Radioaktive Edelgase und der Kernwaffenteststopp-Vertrag: Friedensforschung mit naturwissenschaftlichen Methoden

Sowohl bei einem normalen Kernkraftwerksbetrieb als auch bei einer Nuklearexplosion in Folge eines Atomwaffentests können radioaktive Spaltprodukte in die Umwelt entweichen.

Friedensforschung mit naturwissenschaftlichen Methoden

Sowohl bei einem normalen Kernkraftwerksbetrieb als auch bei einer Nuklearexplosion in Folge eines Atomwaffentests können radioaktive Spaltprodukte in die Umwelt entweichen. In einer aktuellen Studie ermittelt das Öko-Institut im Auftrag der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, wie mit Hilfe des Edelgases Xenon deutlicher zwischen Freisetzungen bei Nuklearexplosionen und solchen aus einem Kernkraftwerksbetrieb unterschieden werden kann. Atomwaffentests können nicht nur akustisch und seismisch, sondern auch durch die Messung der entstehenden radioaktiven Spaltprodukte nachgewiesen werden. Bei einer Kernspaltung entsteht auch das Edelgas Xenon, das in die Atmosphäre entweichen und dort gemessen werden kann. Selbst unterirdische Atomwaffentests hinterlassen dadurch messbare Spuren.

Zivile und militärische Xenon-Quellen

Das Problem: Es gibt nicht nur militärische, sondern auch zivile Xenon-Quellen – etwa aus Atomkraftwerken, die der Stromerzeugung dienen. Xenon entsteht auch im Brennstoff dieser Reaktoren, kann in die Umwelt entweichen und dadurch ebenfalls in der Atmosphäre nachgewiesen werden. „Bereits beim Anfahren eines Kernreaktors können hohe Xenon-Werte – ähnlich den Freisetzungen aus einer unterirdischen Nuklearexplosion – gemessen werden. Sind sie nicht sofort einem Ort oder Zeitpunkt zuzuordnen, könnten sie auch als versteckter Atomwaffentest interpretiert werden. Dies kann in Zeiten von Rüstungskontrolle und Atomwaffensperrvertrag durchaus zu internationalen Spannungen führen“, sagt Dr. Matthias Englert, Senior Researcher am Öko-Institut mit Schwerpunkt Abrüstung und Nichtverbreitung von Kernwaffen. 

Hilfreiche Isotopensignaturen

Die Lösung liegt in den Atomkernen des Edelgases. So haben zwar alle Atomkerne des Edelgases Xenon die gleiche Anzahl an Protonen, können aber eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen aufweisen. Sie werden als Isotope bezeichnet und können je nach Zusammensetzung einen Hinweis darauf geben, wie sie entstanden sind. „Kerntestexplosionen haben eine bestimmte Isotopensignatur – vergleichbar eines Fingerabdrucks“, erklärt Dr. Matthias Englert. Einige Isotopenverhältnisse sind typisch für Kernexplosionen, andere schließen die Herkunft aus Kernexplosionen aus.“

Künftig Fehlinterpretationen vermeiden

An diese Erkenntnis knüpft die Studie des Öko-Instituts an. Durch Computersimulationen wird die Entstehung des Edelgases Xenon in zivil genutzten Kernreaktoren berechnet und seine Freisetzung aus dem Brennelement nachvollzogen. Die Klassifizierung der ermittelten Isotopensignaturen lässt zukünftig deutlicher auf eine zivile oder militärische Quelle schließen und hilft damit, fehlerhafte Interpretationen zu vermeiden. Da dies weltweit auch auf politischer Ebene Irritationen vermeidet, ist die Berechnung der Xenon-Isotopenverhältnisse für den Nuklearexperten des Öko-Instituts ein sinnvoller Beitrag – nicht nur für die Friedensforschung. „Denn ein nachhaltig und ökologisch ausgerichtetes Leben wird es ohne eine gerechte und friedliche Gesellschaft nicht geben“, so Dr. Matthias Englert.

<link forschung-beratung projekte pr-details simulationsrechnungen-zu-xenon-isotopenverhaeltnissen-fuer-integrierte-entscheidungswerkzeuge-zum-nach>Studie „Simulationsrechnungen zu Xenon-Isotopenverhältnissen für integrierte Entscheidungswerkzeuge zum Nachweis von Nuklearexplosionen“ des Öko-Instituts