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Klimaschutz: Nichthandeln kostet

Ambitioniertere Klimaschutzziele der Europäischen Union und eine ehrgeizige Ausgestaltung des EU-Emissionshandels führen zu höheren Erlösen aus der Versteigerung der Emissionszertifikate für alle EU-Mitgliedsstaaten.

Ambitioniertere Klimaschutzziele der Europäischen Union und eine ehrgeizige Ausgestaltung des EU-Emissionshandels führen zu höheren Erlösen aus der Versteigerung der Emissionszertifikate für alle EU-Mitgliedsstaaten. Hebt die EU beispielsweise ihr Klimaschutzziel auf 25 Prozent an, nehmen die Mitgliedsstaaten 62 Milliarden Euro mehr ein als heute; bei einem 30-Prozent-Klimaschutzziel sind das sogar 78 Milliarden Euro oder 91 Prozent mehr. Zu diesem Ergebnis kommt das Öko-Institut in einer aktuellen Studie im Auftrag von WWF und Greenpeace Deutschland.

EU-Emissionshandel braucht ambitioniertere Ziele

Derzeit steht das Europäische Emissionshandelssystem vor großen Herausforderungen: Ein massiver Überschuss im Markt für Emissionszertifikate hat deren Preise massiv gesenkt. Der Grund hierfür ist vor allem die niedrigere Produktion durch die Weltwirtschaftskrise. Als Folge ist der CO2-Preis seit 2011 auf ein Niveau von circa sieben Euro je Tonne CO2 gefallen. Diese niedrigen Preise bieten jedoch kaum Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien. Die Wirksamkeit des CO2-Preissignals und damit des Emissionshandels für effizienten Klimaschutz selbst steht damit in Frage.

Verknappung begünstigt höhere Einnahmen für den Klimaschutz

Das Öko-Institut ist deshalb der Frage nachgegangen, wie der Emissionshandel ausgestaltet werden muss, damit eine Knappheit der Emissionszertifikate wieder zu deutlichen Preissignalen führen kann. Gleichzeitig analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler welche Auswirkungen dies auf die Einnahmen der EU-Mitgliedsstaaten aus der Versteigerung der Zertifikate hätte.

In vier Szenarien kommen sie dabei zu folgenden Ergebnissen. Die Zahlen gelten für die Gesamterlöse aus der Versteigerung der Emissionszertifikate aller am EU-Emissionshandel teilnehmenden Staaten:

1. Szenario “Kurzfristige Herausnahme” oder „back-loading scenario“ (1,2 Milliarden Zertifikate werden nicht ab 2013 sondern um fünf Jahre verschoben erst 2018-2020 versteigert): Die Einnahmen aus der Versteigerung steigen um acht Prozent gegenüber dem Referenzszenario ohne solche Maßnahmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die zurückgehaltenen Zertifikate erst nach 2017 wieder in den Markt gebracht werden. Die Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass dann der CO2-Preis wieder höher sein wird. Dieser Vorschlag der Europäischen Kommission wird derzeit von den Mitgliedsstaaten diskutiert.

2. Szenario “Langfristige Herausnahme” oder „long-term set-aside scenario“ (1,4 Milliarden Zertifikate werden für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren aus dem Markt genommen): Die Einnahmen aus der Versteigerung steigen um vierzehn Prozent. Das sind 12 Milliarden Euro. Allein Deutschland würde 2,8 Milliarden Euro mehr einnehmen.

3. 25-Prozent-Ziel-Szenario (Minderung der EU-weiten Treibhausgasemissionen bis 2020 um 25 Prozent gegenüber 1990): Die Einnahmen aus der Versteigerung steigen signifikant. Der Gesamterlös von 2013 bis 2020 beträgt 148 Milliarden Euro, also 62 Milliarden Euro oder 73 Prozent mehr als im Referenzszenario. Für Deutschland fielen rund 13 Milliarden Euro Mehreinnahmen an.

4. 30-Prozent-Ziel-Szenario (Minderung der Treibhausgasemissionen um 30 Prozent gegenüber 1990): Die Erlöse steigen auf 163 Milliarden Euro, also 78 Milliarden Euro oder 91 Prozent mehr als im Referenzszenario. Etwa 17 Milliarden Euro nähme allein Deutschland mehr ein.

Keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Industrie

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Auswirkungen eines höheren Klimaziels auf den Industriesektor sehr gering wären. So würden etwa im „25-Prozent-Ziel-Szenario“ die Preise der Emissionszertifikate ein Niveau erreichen, das vergleichbar ist mit den Preiserwartungen, die bei Novellierung der Emissionshandelsrichtlinie im Jahr 2008, aber auch bei der Bewertung der „Carbon Leakage“-Risikos erwartet worden waren (circa 30 Euro je Emissionsberechtigung).

Nachdrücklich weisen die Expertinnen und Experten darauf hin, dass die Stabilisierung der CO2-Preise die Planungssicherheit der Industrie erhöht und diejenigen Betreiber honoriert, die bereits in emissionsmindernde Maßnahmen investiert haben.

Weitere Informationen

Studie „The Cost of Inaction. Auctioning revenues under different climate ambition scenarios under the EU Emissions Trading Scheme“ des Öko-Instituts 

Ansprechpartner und -partnerin

Hauke Hermann
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institutsbereich Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 30 405085-362
E-Mail: h.hermann@oeko.de

Verena Graichen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institutsbereich Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 30 405085-370
E-Mail: v.graichen@oeko.de