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Arbeit / Rückblick

Circular Economy – ein Modell für Deutschland

Chrisitane Weihe

Deutschland bräuchte bis 2045 insgesamt 27 Prozent weniger Rohstoffe. Die Treibhausgasemissionen könnten um knapp 26 Prozent sinken. Die Landnutzung würde sich um 30 Prozent reduzieren. Das zeigt das Projekt „Modell Deutschland: Circular Economy“, in dem das Öko-Institut für den WWF Maßnahmen für eine Circular Economy definiert, deren Auswirkungen beleuchtet und Empfehlungen für einen politischen Rahmen entwickelt hat. Deutschland verbraucht im Schnitt pro Kopf und pro Jahr rund 13 Prozent mehr Ressourcen als der Rest der EU, global betrachtet sind es sogar 30 Prozent mehr. „Die Etablierung einer ganzheitlichen Circular Economy kann dabei helfen, diesen Verbrauch und die damit verbundenen ökologischen Probleme zu reduzieren und Deutschland weniger abhängig von Rohstoffimporten zu machen“, sagt Projektleiter Siddharth Prakash.

Die Wissenschaftler*innen geben Impulse, wie die politischen Rahmenbedingungen aussehen könnten – insbesondere vor dem Hintergrund der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, die derzeit von der Bundesregierung entwickelt wird (siehe hierzu auch Artikel „Gemeinsam im Kreis“ auf Seite 14). „Die bisherigen Strategien setzen viel zu sehr auf Freiwilligkeit. Doch der Markt regelt das nicht – es wird nicht genug für zirkuläre Lebensstile investiert und es fehlt an Infrastrukturen“, so der Senior Researcher. „Daher beschreiben wir Handlungsstrategien und Leitprinzipien wie etwa verbindliche Ressourcenziele.“ So sollten unter anderem der Rohstoffkonsum pro Kopf bis 2045 auf sieben Tonnen pro Jahr und der absolute Rohstoffkonsum auf etwa 500 Millionen Tonnen reduziert werden. Die Zirkularitätsrate soll außerdem bis 2030 auf 25 Prozent erhöht werden. „Sinnvoll sind zudem ein Ressourcenschutzgesetz mit spezifischen Ressortzielen und rahmensetzende sowie sektorspezifische Instrumente.“ Insgesamt 63 Maßnahmen wurden definiert, darunter unter anderem eine erweiterte, konsequente Herstellerverantwortung, eine zirkuläre öffentliche Beschaffung, eine Primärbaustoffsteuer, die im Hoch- und Tiefbau wirkt, oder auch Ökodesign-Mindestanforderungen an Möbel oder Textilien.

Darüber hinaus hat sich das Projektteam, zu dem auch die Freie Universität Berlin und das Fraunhofer ISI gehören, der Frage gewidmet, wie sich Circular Economy-Maßnahmen in energieintensiven Schlüsselindustrien und Prozessen wie der Stahl-, Zement- und Ethylen-Produktion auswirken können. Durch die modellierten Maßnahmen ließe sich etwa die Endenergienachfrage im Industriesektor bis 2045 um 104 Terrawattstunden reduzieren „Daraus lässt sich schließen, dass eine Circular Economy einen Beitrag zum Ziel einer CO2-neu­tralen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft leisten kann. Denn: Ein niedrigerer Verbrauch an sekundären Energieträgern wie zum Beispiel Strom und Wasserstoff kann kurzfristig Knappheiten entschärfen und langfristig die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien, den Netzausbau und den Import von Sekundärenergieträgern senken“, sagt Prakash. „Unsere Analyse verdeutlicht zudem, dass diese Maßnahmen die Resilienz der Wirtschaft gegen Versorgungsrisiken erhöhen.“ So zeigt die Modellierung, dass sich der Bedarf bei 29 von 36 relevanten Rohstoffen entspannt. Vor allem bei neun Rohstoffen, darunter etwa Neodym, Kobalt, Kupfer und Dysprosium könnte dieser deutlich sinken. „Bei diesen Rohstoffen könnte bis 2045 mehr als die Hälfte des angenommenen Bedarfs durch Circular Economy-Maßnahmen gedeckt werden.“