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Arbeit / Rückblick

Ein nachhaltiger Anschub

Christiane Weihe

Die weltweite Covid 19-Pandemie bringt eine Wirtschaftskrise in ungeahntem Ausmaß mit sich. Ähnlich wie nach der Finanzkrise von 2008/2009 war daher schnell ein Konjunkturpaket im Gespräch. „Für uns am Öko-Institut stand damit sofort die Frage im Raum: Wie kann ein solches Konjunkturpaket nachhaltig ausgestaltet werden? Denn: Die Dimension der absehbaren Neuverschuldung für ein solches Paket ist Chance und Verpflichtung für einen zukunftsorientierten Strukturwandel zugleich,“ erklärt Jan Peter Schemmel, Sprecher der Geschäftsführung. In einem ersten Schritt hat sich das Öko-Institut alte Konjunkturpakete angeschaut, aus Deutschland ebenso wie aus anderen Staaten. „Wir wollten sehen, was man daraus lernen kann. Das Beispiel USA zeigte, dass man mutig sein und auch Zukunftsinvestitionen integrieren sollte, die nicht sofort Wirkung entfalten“, so Schemmel. „Dort hat die Förderung der Elektromobilität etwa die heimische Fertigung von Fahrzeugbatterien und elektrischen Pkw vorangebracht.“

Finanziert durch eigene Mittel sowie eine Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wurden dann Maßnahmen aus sechs verschiedenen Sektoren von Verkehr über Gebäude bis Digitalisierung und Landwirtschaft identifiziert und in Einzelsteckbriefen beschrieben und bewertet. Wichtig war: Die Maßnahmen sollten auf mehrere Ziele einzahlen. „Natürlich sollten sie die Konjunktur beleben – aber eben auch positive Wirkungen auf das Klima, die Verteilungsgerechtigkeit und die zukünftige Krisenresilienz entfalten“, sagt der Geschäftsführer. Besonders wirkungsvoll sind laut der Analyse „Impulse für ein nachhaltiges Konjunkturpaket im Kontext der Covid-19 Pandemie“ mehrere Maßnahmen, so etwa eine Senkung der EEG-Umlage auf Strom um fünf Cent. „Sie ist ein perfektes Beispiel für eine Maßnahme, die sich positiv auf gleich drei der Ziele auswirkt: Sie hat eine progressive Wirkung, kann die Kaufkraft um bis zu 11,7 Milliarden Euro steigern und gleichzeitig den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen.“

Vorgeschlagen und positiv bewertet wird im Impulspapier auch ein Innovationspaket für die städtische Mobilität.  Dieses soll unter anderem Kommunen über die Kompensation von Fahrgeldeinbußen hinaus beim Ausbau des ÖPNV und der kommunalen Fahrradinfrastruktur unterstützen sowie Innovationen für Umwelt, Komfort und Hygiene in Bussen und Schienenfahrzeugen fördern – und somit auch den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel nach der Coronakrise. Ein Maßnahmenpaket mit dem Titel „Zukunfts-fit“ könnte zudem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) helfen, sich krisenresilient und besser für die künftigen, stärker von Nachhaltigkeit geprägten  Märkte aufzustellen. „Dazu gehört zum Beispiel, Zuliefer- und Kundenstrukturen zu diversifizieren, aber auch die Produktpalette und Geschäftsmodelle in Richtung Nachhaltigkeit anzupassen“, sagt Jan Peter Schemmel. „KMU könnten auch unterstützt werden, indem man den ehemaligen Paragrafen 7d des Einkommensteuergesetzes in angepasster Form reaktiviert. Damit könnten attraktive Sonderabschreibungsoptionen für Klima- und Umweltschutzinvestitionen ermöglicht werden.“

Nach Veröffentlichung des Konjunkturpakets hat das Öko-Institut dieses zudem bewertet. „Aus unserer Sicht gehen unter anderem die Pläne zur Senkung der EEG-Umlage nicht weit genug, es gibt zu wenig gezielte Förderungen für KMU und steuerliche Entlastungen für Unternehmen sollten zudem an Umwelt- und Klimaschutzziele gekoppelt sein.“ Darüber hinaus haben die Expertinnen und Experten analysiert, wie die vorgelegten Beschlüsse nun besonders nachhaltig umgesetzt werden könnten. „Bislang ist das Konjunkturpaket ja noch sehr allgemein angelegt. Viel wird davon abhängen, wie die Maßnahmen im Detail ausgestaltet werden“, sagt Jan Peter Schemmel, „so sollen etwa Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro vorgezogen sowie Planungs- und Vergabeprozesse beschleunigt werden. Doch: Welche Investitionen werden beschleunigt? Und: Wird eine Entbürokratisierung die Energie- und Verkehrswende erleichtern oder den Umwelt- und Verbraucherschutz aushebeln?“ Welch hohen Einfluss die Ausgestaltung haben kann, zeigt sich auch bei einer Maßnahme zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder. „Im Koalitionsbeschluss ist noch offen, was hier gefördert werden soll. Es muss darum gehen, mehr Laubbäume in die Wälder zu bringen und dieses verstärkt als Baustoff statt zur Energiegewinnung zu nutzen“, fordert der Geschäftsführer des Öko-Instituts.