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Perspektive

Keine falschen Versprechen

Orientierung statt irreführende Werbung
  • Dr. Florian Antony
    Gruppenleiter Nachhaltige Ernährungssysteme & Lebensweisen /Senior Researcher Produkte & Stoffströme

Wir wollen nicht belogen werden. Nicht angeschummelt. Oder manipuliert. So weit, so selbstverständlich. Heißt aber nicht, dass das nicht passiert. Denn viele Umweltaussagen auf Produkten machen uns etwas vor, das nicht der Wahrheit entspricht. So wird mit Begriffen wie „klimaneutral“, „umweltverträglich“ und „nachhaltig“ um sich geworfen. Das Ziel ist klar: wir sollen das so beworbene Produkt in den Einkaufswagen legen, fürs Gewissen und für den Klimaschutz. Doch in aller Regel können wir überhaupt nicht nachprüfen, wie viel Wahrheit hinter diesen Umweltaussagen steckt. In einer aktuellen Analyse für das Umweltbundesamt haben wir die Verbraucherperspektive umfassend betrachtet. Wir haben untersucht, was Verbraucher*innen über umweltbezogene Aussagen wissen, was sie von ihnen erwarten und wie sie sich auf sie auswirken. Dabei zeigt sich ganz klar: Viele Konsument*innen legen einen hohen Wert auf umweltfreundliche Produkte – wissen aber oft nicht, welche das überhaupt sind, und sind von der hohen Anzahl von Siegeln und Green Claims verwirrt. Gleichzeitig wollen Verbraucher*innen, dass sich hier etwas ändert. Dass der Staat eingreift, Claims unabhängig überprüfen lässt und somit Greenwashing verhindert.

Auf EU-Ebene gibt es bereits wichtige Bestrebungen, genau dies zu tun. Die bereits beschlossene Richtlinie Empowering Consumers for the Green Transition legt fest, dass keine Behauptungen mehr über die Umweltfreundlichkeit eines Produktes getroffen werden dürfen, wenn es keine entsprechende Datenbasis gibt. Verboten ist außerdem, Produkte mit Nachhaltigkeitssiegeln zu kennzeichnen, wenn diese nicht von staatlichen Stellen oder einem anerkannten Zertifizierungssystem stammen. Im Laufe des Jahres soll auch die Green Claims-Direktive auf den Weg gebracht werden. Sie legt fest, wie Umweltaussagen begründet und kommuniziert werden dürfen. Hier gibt es – neben der Sorge, dass diese Regulierungen wieder abgeschwächt werden – zahlreiche Herausforderungen. Denn eine wichtige Anforderung ist etwa, dass Umweltaussagen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren sollen. Unklar ist bislang aber, auf Grundlage welcher Methoden und Kriterien diese ermittelt werden sollen – hier braucht es klarere Festlegungen und Definitionen. Notwendig ist es aus unserer Sicht auch, die Wirksamkeit der Regulierung nach angemessener Zeit zu überprüfen und den rechtlichen Rahmen bei Bedarf anzupassen.

Und was ist mit jenen, die uns mitunter belügen, anschummeln und in die Irre führen? Natürlich gibt es viele Unternehmen, die sich bereits intensiv darum bemühen, ihre Produkte mit möglichst geringen Umweltauswirkungen zu produzieren und die ihr Bemühen auch valide und transparent kommunizieren. Aber wenn wir uns die Situation anschauen, muss man feststellen, dass der Markt hier bislang noch nicht wirklich etwas geregelt hat. Gerade deshalb ist die Regulierung eine wichtige Chance. Jene Unternehmen, die wirklich nachhaltig arbeiten und nur mit Green Claims werben, die der Realität entsprechen, haben wenig zu befürchten. Ganz im Gegenteil: Sie könnten von einer ambitionierten Regulierung sogar profitieren. Denn dann können sie die eigene Arbeit für mehr Umwelt- und Klimaschutz in einem fairen Wettbewerbsumfeld öffentlich machen.

Stand heute fühlen sich viele Verbraucher*innen durch die Vielzahl an unterschiedlichen Umweltaussagen überfordert. Erst wenn sie sich auf umweltbezogene Aussagen wirklich verlassen können, erst wenn sie in der Lage sind, sich auf Grundlage von eindeutigen Spielregeln und glaubwürdigen Informationen eine Meinung zu bilden, können sie ihre Macht vollständig ausspielen. Und sollten es dann natürlich auch.

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Dr. Florian Antony ist Biologe und seit 2013 für den Bereich Produkte & Stoffströme des Öko-Instituts tätig. Hier widmet sich der Senior Researcher unter anderem nachhaltigem Konsum und nachhaltigen Produkten. Antony ist zudem Gruppenleiter Nachhaltige Ernährungssysteme & Lebensweisen.    

Ansprechpartner am Öko-Institut