Spenden
Editorial

Eine Transformation mit vielen Dimensionen

Das Vorwort von Jan Peter Schemmel, Sprecher der Geschäftsführung des Öko-Instituts

Die Nachhaltigkeitstransformation ist eine der größten Aufgaben, vor denen die Menschheit je gestanden hat. Und eine Herausforderung, in der es mehr als eine Dimension zu berücksichtigen gilt. Die ökologische, natürlich, aber eben auch die technische, die wirtschaftliche und nicht zuletzt die soziale. Wer heute Umwelt- und Klimapolitik betreibt, muss die sozialen Folgen immer mit bedenken. Für die Menschen in unserem eigenen Land, aber auch für zukünftige Generationen und Menschen in anderen Nationen.

Klar zeigt sich das etwa am Wasserstoff. Er soll eine tragende Säule der Energiewende werden. Seine Produktion wird zu großen Teilen dort stattfinden müssen, wo für die dafür notwendigen erneuerbaren Energien bessere Voraussetzungen vorliegen. Dabei dürfen wir aber nicht übersehen, dass die Wasserstoffherstellung in anderen Ländern zu Landnutzungskonflikten oder Wassermangel führen könnte. Derzeit analysiert das Öko-Institut in einem Spendenprojekt, wie importierter Wasserstoff nachhaltig sein kann, das heißt auch nicht zu sozialen Problemen in den produzierenden Ländern führt. Ähnliches gilt für den Ausbau der E-Mobilität. Für sie werden Rohstoffe benötigt, deren Abbau zu ökologischen und sozialen Problemen führen kann. Auch hier gilt es, bewusst zu handeln. Dabei dürfen wir aber auch nicht vergessen, dass das Unterlassen der Transformation sich ebenso negativ auf die Menschen hier und in anderen Ländern auswirken kann. Daher haben wir in einem aktuellen Projekt, das wir Ihnen in der Rubrik Arbeit Rückblick vorstellen, den Ressourcenbedarf von Elektroautos und Verbrennern bewertet.

In den Diskussionen, ob der ökologische Wandel sozial gerecht ist, wird oftmals nicht das Gesamtbild betrachtet. Wer beklagt, dass Umweltpolitik vor allem zu Lasten der sozial Schwächeren gehe, sollte bedenken, dass wesentliche Stellhebel für soziale Gerechtigkeit in einer Steuer- und Sozialpolitik liegen, die jene in die Verantwortung nimmt, die es sich leisten können, und jene schützt, die besonders belastet sind. Wichtig ist es außerdem, Umwelt und Soziales nicht gegeneinander auszuspielen. Gerade für benachteiligte Menschen kann eine Nachhaltigkeitstransformation viele Vorteile bringen. Wenn wir zum Beispiel den öffentlichen Raum umgestalten und autoarme Quartiere schaffen, schaffen wir damit auch einen Raum für jene Menschen, die in kleinen Wohnungen ohne Balkon oder Garten wohnen. Die hier eine Gelegenheit finden können, sich zu erholen. Und ebenso eine Gelegenheit für mehr Miteinander – vielleicht ja auch für Sie und mich?

Ihr

Jan Peter Schemmel

j.schemmel@oeko.de