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Perspektive

Das Mittel der Wahl

Eine Maßnahme gegen die Klimaschutzlücke im Stromsektor

Für 2020 wurde ein klares Klimaziel festgelegt: Bis dahin sollten hierzulande die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent (im Vergleich zu 1990) gesenkt werden. Nun bleiben noch fünf Jahre bis zum Zwischenstopp auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energiezukunft. Und es zeigt sich: Wir sind nicht so weit, wie wir sein müssten. Ohne zusätzliche Maßnahmen wird Deutschland seine 2020er-Klimaziele verfehlen. Der Projektionsbericht, den das Öko-Institut 2015 für das Bundesumweltministerium erarbeitet hat, erwartet eine Minderung von nur 33 Prozent. Alle klimarelevanten Sektoren müssen sich nun engagieren, um diese Lücke zwischen Ziel und Wirklichkeit zu überwinden.

Insbesondere der Stromsektor, der für etwa 40 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, muss größere Anstrengungen zur Zielerreichung leisten. Die Gründe für diese Entwicklung liegen zum einen im Emissionshandel. Die Preise für Zertifikate sind noch immer auf einem Tiefstand, ausgelöst etwa durch die Wirtschaftskrise und die starke Nutzung von so genannten Clean Development Mechanismen (CDM), bei denen CO2-Minderungsprojekte in Entwicklungsländern auf die Treibhausgasemissionen in den Industriestaaten angerechnet werden. Gleichzeitig hat der sehr erfolgreiche Ausbau der erneuerbaren Energien nicht zu einer Reduktion der Kohlekapazitäten geführt. Der Strom aus Kohle wird jetzt nur stärker im Ausland verbraucht, 2014 erreichten die deutschen Stromexporte ein Rekordniveau von 35 Terrawattstunden. Andere Staaten der EU sind in einer ähnlichen Situation. Und auch sie handeln. So steuert Großbritannien mit einem CO2-Mindestpreis von 30 Euro je Tonne gegen, in den Niederlanden werden alte Kohlekapazitäten stillgelegt.

Auch europäische Lösungen sind bereits auf dem Weg. Schon heute wird die Menge der Emissionszertifikate jedes Jahr um 1,74 Prozent verringert, dieser lineare Reduktionsfaktor soll ab 2021 auf 2,2 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus wird derzeit über die so genannte Marktstabilitätsreserve verhandelt, die den Emissionshandel zu einem wirksameren Instrument machen würde: Gibt es einen deutlichen Überschuss an Zertifikaten, werden Emissionsrechte aus dem Handel genommen bis sich der Markt stabilisiert hat. Zwei gute Maßnahmen, die aber erst mittelfristig wirken werden.

Eine intelligente Lösung zur Überwindung der Klimalücke im Stromsektor ist meiner Ansicht nach der so genannte Klimabeitrag, den das Bundeswirtschaftsministerium im März 2015 vorgeschlagen hat. Er soll pro Kraftwerksblock gelten. Für jeden von ihnen wird ein brennstoffneutraler Emissionsfreibetrag definiert, der sich am Alter der Anlage orientiert und damit eher von den emissionsintensiven, älteren Anlagen CO2-Minderungen fordert. Einen unbegrenzten Freibetrag erhalten die Kraftwerke in den ersten 20 Jahren nach ihrer Inbetriebnahme, anschließend sinkt er jährlich von sieben auf drei Millionen Tonnen CO2 (pro Gigawatt). Dort verbleibt der Freibetrag ab dem 41. Jahr. Für die über dem Freibetrag liegenden Emissionen müssen die Kraftwerksbetreiber zusätzliche Emissionszertifikate stilllegen – die Einhaltung der Freibeträge lohnt sich für sie.

Der Klimabeitrag lässt den Kraftwerksbetreibern die notwendige Flexibilität und gewährleistet die Versorgungssicherheit. Gleichzeitig bringt er nur geringe Effekte auf den Strompreis mit sich. Und, auch das ein zentrales Argument für den Klimabeitrag: Er ist anschlussfähig an den Emissionshandel, der Überschuss an Zertifikaten wird reduziert. Der Klimabeitrag ist meiner Ansicht nach ein interessantes und wirkungsvolles Instrument für einen effektiven Beitrag des Stromsektors zu den Klimazielen bis 2020. Hauke Hermann