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„Uns verbindet der Austausch von Wissen und eine gemeinsame Vision für eine nachhaltigere Welt – egal, woher wir kommen.“

Interview mit Desmond Appiah (Nachhaltigkeitsberater des Bürgermeisters von Accra)

Christiane Weihe

Die ghanaische Hauptstadt Accra steht vor einem gewaltigen Müllproblem. Das Müllaufkommen wächst gemeinsam mit der Bevölkerung rapide an. Deponien stoßen an ihre Grenzen. Von Abfällen verstopfte Abwasserkanäle verursachen schwerwiegende Überschwemmungen. In Agbogbloshie am Rande von Accra wird Elektroschrott unsachgemäß verwertet – mit schwerwiegenden Folgen für Menschen und Umwelt. Desmond Appiah will diesen Problemen begegnen: Im Auftrag des Bürgermeisters Mohammed Adjei Sowah ist er dafür verantwortlich, das Abfallmanagement der Stadt neu zu strukturieren. Im Interview mit eco@work spricht Appiah über vielversprechende Ansätze ebenso wie über die Zusammenarbeit mit europäischen Expertinnen und Experten.

Herr Appiah, wie ist das Abfallsystem in Accra organisiert?

Seit 2016 müssen die Verursacher für den Abfall bezahlen, dies soll die finanzielle Belastung des öffentlichen Sektors minimieren. Dadurch haben sich die Abfallsammelraten und Abdeckungsquoten erhöht, doch die privaten Abfallunternehmen erreichen trotzdem keine hundertprozentige Abdeckung. Etwa 25 bis 30 Prozent des Abfallaufkommens werden daher derzeit von informellen Akteuren eingesammelt. Wir brauchen ihren Einsatz, um die Lücken zu schließen, müssen ihre Arbeit aber auch anständig regeln. Deswegen registriert die Stadtverwaltung alle informellen Sammler, bietet ihnen Gesundheits- und Sicherheitstrainings an und hilft ihnen, aus ihrer Tätigkeit ein offizielles oder halb-offizielles Gewerbe zu entwickeln.

Welche Pläne haben sie außerdem für das Abfallmanagement?

Gemeinsam mit einem Team, das der Bürgermeister eingesetzt hat, analysiere ich die gesamte Wertschöpfungskette des Abfallmanagements – von der Entstehung über die Sammlung und den Transport bis hin zur Vorbehandlung und zum Recycling oder zur Beseitigung. Zu meinen Aufgaben gehört auch, die Leistungen der privaten Abfallunternehmen zu überprüfen.

Wie lassen sich die Abfallprobleme am wirksamsten bekämpfen?

Zum einen durch strengere Strafmaßnahmen, die Unternehmen, aber auch Bürgerinnen und Bürger davon abhalten sollen, gegen die Abfallgesetze zu verstoßen. Am effektivsten werden aus meiner Sicht die Durchsetzung dieser Regelungen sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung sein. Zudem braucht es natürlich Investitionen in die Infrastruktur.

Welche Erfahrungen haben Sie in der Zusammenarbeit mit europäischen Nachhaltigkeitsexpertinnen und -experten gemacht?

Die gemeinsamen Projekte waren durch eine sehr effektive und konzentrierte Zusammenarbeit gekennzeichnet und haben mich in vielerlei Hinsicht auch auf meine aktuelle Rolle vorbereitet, Accra zu einer nachhaltigeren Stadt zu machen. Durch die Kooperationen kann ich zudem mein Wissen erweitern und über aktuelle Trends und Innovationen auf dem Laufenden bleiben.

Ich mag es außerdem, mich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, die vielleicht auch eine andere Perspektive haben als ich, und Erkenntnisse zu teilen. Auch nach dem offiziellen Projektabschluss interessiert mich ihre professionelle Meinung. Uns verbindet der Austausch von Wissen und eine gemeinsame Vision für eine nachhaltigere Welt – egal, woher wir kommen.

Was sollten die europäischen Expertinnen und Experten wissen, bevor sie in Ghana arbeiten?

Ich glaube am wichtigsten ist es, sich den riesigen kulturellen Unterschied bewusst zu machen, wenn es um die Wahrnehmung von und das Verständnis für Nachhaltigkeit geht. Die Expertinnen und Experten, mit denen ich bislang zusammengearbeitet habe, hatten hier aber alle ein sehr gutes Verständnis.

Und was können die Europäer in Ghana lernen?

Lassen Sie es mich so sagen: Wir lernen alle gemeinsam, dass es unterschiedliche Wege gibt, das gemeinsame Ziel einer gerechten und nachhaltigen Welt zu erreichen. Hier und da mögen ein paar Nachjustierungen unserer Sichtweisen nötig sein, aber schlussendlich stecken wir da alle zusammen drin.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christiane Weihe.