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Arbeit / Rückblick

Fachwissen übersetzen

Christiane Weihe

Insgesamt 444 Seiten fasst der Zwischenbericht Teilgebiete. Mit allen Anhängen und ergänzenden Unterlagen sind es sogar weit über 100.000 Seiten. Der Bericht zeigt, in welchen Gebieten der Bundesrepublik nach jetzigem Wissensstand ein zukünftiges Endlager für hochradioaktive Abfälle entstehen kann. Eine sehr komplexe Publikation, in der es für Laien kaum möglich ist, sich zurechtzufinden – und damit auch für die Verantwortlichen in Gemeinden und Landkreisen, die sich seit der Veröffentlichung im September 2020 damit befassen müssen. „In der Regel gibt es vor Ort nicht die geologische Expertise, die nötig wäre, um wirklich zu verstehen, was der Zwischenbericht für die Kommunen oder Kreise bedeutet“, sagt Dr. Saleem Chaudry, Senior Researcher am Öko-Institut, „es gibt einen sehr hohen Bedarf an wissenschaftlicher Einordnung beziehungsweise einer Übersetzungsleistung.“

Diese Übersetzungsleistung hat das Öko-Institut bereits für viele Betroffene übernommen – für die Samtgemeinde Bevensen-Ebstorf und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg ebenso wie für die Landkreise Rotenburg (Wümme), Wesermarsch, Leer und Emsland. „Dabei geht es nicht darum, Argumente zu finden, warum die jeweiligen Gebiete nicht für ein Endlager geeignet sind“, sagt der Geologe aus dem Bereich Nukleartechnik & Anlagensicherheit. „Das Verfahren ist wichtig und richtig.“ Dennoch sei es wichtig, die Suche nach einem Endlagerstandort kontinuierlich und kritisch zu begleiten. „So wurden etwa bei einigen Teilgebieten frei verfügbare Informationen nicht genutzt, die aufgrund früherer Bohrungen vorhanden sind. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung, die für das Verfahren zuständig ist, argumentiert hier, dass solche Informationen nicht für alle Gebiete vorliegen und sie daher nicht berücksichtigt wurden. Klar ist aber auch: Sie könnten zu anderen Bewertungen führen.“

Auch in Zukunft wird es mit Blick auf den Endlagerprozess viel Expertise brauchen, um betroffene Gebiete dabei zu unterstützen, angemessen daran teilzunehmen. „Es gibt aber nur eine kleine Gruppe von unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich überhaupt mit dem Thema beschäftigen“, so Saleem Chaudry, „sinnvoll könnte daher etwa die Einrichtung eines Scientific Board sein, in dem Fachwissen gebündelt wird und an das sich Betroffene mit ihren Fragen wenden können.“