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Im Fokus

„Was für eine schöne Aufgabe: den Wald zu verbessern.“

Interview mit Hermann Graf von Hatzfeldt (Privatwaldbesitzer)

Christiane Weihe

Es war eine Kahlschlagswirtschaft, als Hermann Graf von Hatzfeldt die Wälder der Familie Hatzfeldt-Wildenburg im Jahr 1969 übernahm. Keine Naturnähe, kein Artenreichtum. Heute werden die Flächen in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Thüringen ökologisch bewirtschaftet: Der Privatwaldbesitzer aus dem Siegerbergland stellte den Forstbetrieb konsequent auf eine naturgemäße Waldwirtschaft um und war unter anderem Pionier bei der Einführung der FSC-Zertifzierung (Forest Stewardship Council) für eine nachhaltige Forstwirtschaft in Deutschland. Im Interview mit eco@work spricht er über die Anfänge seiner Tätigkeit als Privatwaldbesitzer und natürliche Prozesse in Wäldern ebenso wie über die Auswirkungen des Klimawandels auf seine Reviere.

Graf von Hatzfeldt, was gehört zu einer naturgemäßen Waldwirtschaft?

Als wir damit angefangen haben, war das revolutionär, denn man krempelte damit die klassische Forstwirtschaft komplett um. Zu dieser gehört, dass man die Bäume bis zu einem bestimmten Alter bringt und dann Kahlschlag betreibt. Die naturgemäße Waldwirtschaft hingegen setzt auf einen artenreichen und naturnahen Mischwald, der als Dauerwald angelegt ist. Dazu gehört im Übrigen auch das Thema Jagd, damit die jungen Bäume nicht von Schalenwildbeständen vernichtet werden.

Haben Sie von Anfang an auf naturgemäße Waldwirtschaft gesetzt?

Nein. Als ich den Betrieb übernommen habe, früher als erwartet, musste ich mich erst mit Wald und Waldwirtschaft beschäftigen. Die ersten zehn Jahre habe ich benötigt, um zu wissen, worum es geht, und die nächsten zehn, um das Denken in Richtung einer naturgemäßen Waldwirtschaft zu ändern. Was für eine schöne Aufgabe: den Wald zu verbessern. Ich sehe es übrigens als Vorteil, dass ich nicht Forstwirtschaft studiert habe – ich denke, dass ich dann bestimmte Dogmen wie die Kahlschlagswirtschaft nicht so vehement in Frage gestellt hätte.

Wie stark greifen Sie heute in die Wälder ein?

Das ist unterschiedlich. Ziel ist es, einen widerstandsfähigen und produktiven Wald zu schaffen. Bei Fichtenreinbeständen muss man da stärker eingreifen und ihn gezielt mit Laubbäumen unterbauen. Bei älteren Wäldern gehen wir vorsichtiger vor und fördern die besten Bäume. Die Pflege, Entnahme von Bäumen und Verjüngung müssen stets als Einheit verstanden werden, die sich gegenseitig beeinflussen.

Was lernen Sie dabei von der Natur?

Man lernt, wie wenig man weiß. Wir haben in unseren Wäldern repräsentative Naturwaldzellen, um zu beobachten, was passiert, wenn wir nicht eingreifen. Hier zeigt sich zum Beispiel, dass sich die Buche sehr gut gegen die Fichte durchsetzen kann, wenn man ihr genug Zeit lässt. Aber auch, wie wichtig Totholz und Diversität sind.

Lohnt sich das naturgemäße Vorgehen auch wirtschaftlich?

Auf jeden Fall. Wir haben in den vergangenen 30 Jahren unsere bewirtschafteten Flächen verdoppelt, das spricht für sich. Die Kosten werden minimiert, wenn man natürliche Prozesse zulässt, und die Erträge werden langfristig optimiert.

Sie waren ein Pionier bei der Zertifizierung nach den Nachhaltigkeitskriterien des FSC. Wie sehen Sie das Siegel heute?

Für den Wald hat es natürlich Vorteile. Leider lohnt es sich für Privatwaldbesitzer nicht, da eine FSC-Zertifizierung kaum finanziellen Vorteil bringt, der administrative Aufwand hingegen sehr groß ist. Viele Privatwaldbesitzer sind deswegen inzwischen ausgestiegen.

Setzt der Klimawandel Ihren Wäldern zu?

Und wie. Stürme sind ein großes Problem, aber natürlich auch die Dürreperioden. Das trockene Holz kann man in Deutschland zur Zeit kaum noch loswerden, weil der Markt verstopft ist, unsere Erlöse haben sich dadurch extrem reduziert.

Wie bereiten Sie sich auf weitere Auswirkungen des Klimawandels vor?

In naturgemäßen Wäldern wachsen sowieso kontinuierlich neue Bäume nach, dadurch sind wir besser aufgestellt. Trotzdem ergreifen wir natürlich Maßnahmen. So versuchen wir, die Baumartenverteilung zu verändern und die Artenvielfalt weiter zu erhöhen. Wir setzen zum Beispiel große Hoffnungen in die Tanne, die anscheinend besser mit Temperaturänderungen umgehen kann als andere Baumarten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christiane Weihe.

Im Interview mit eco@work: Hermann Graf von Hatzfeldt, Privatwaldbesitzer mit Revieren in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Thüringen.