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Arbeit / Rückblick

Mehr erneuerbare Energien brauchen: mehr Flexibilität

Bedarf und Optionen im zukünftigen Stromsystem

Christiane Weihe

Steigt der Anteil der erneuerbaren Energien, muss auch das Stromsystem flexibler werden. Denn die Energie wird produziert, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht – und nicht zwingend, wenn der Verbraucher sie benötigt. Unterschiedliche Akteure im Stromsystem können dazu beitragen, Erzeugung und Verbrauch zu harmonisieren. Wie flexibel das System in Zukunft sein muss, welche Kraftwerke oder Verbraucher diese Flexibilität bereitstellen können und welchen Beitrag diese erbringen können, hat das Öko-Institut untersucht. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. „Wir haben für die Jahre 2020, 2030 und 2050 analysiert, welcher Bedarf an Flexibilität bestehen wird und welche Akteure diese Flexibilität bereitstellen können“, sagt Dr. Dierk Bauknecht vom Öko-Institut. Ausgegangen wurde dabei von einem Rückgang der Anzahl konventioneller Kraftwerke sowie einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien – er erhöht sich von etwa 40 Prozent (2020) auf etwa 60 Prozent (2030) und schließlich auf 75 bis 90 Prozent (2050).

„Um das Jahr 2020 bietet das Stromsystem noch ausreichend Flexibilität, da kaum überschüssige erneuerbare Energien integriert werden müssen und ausreichend Leistung zu Verfügung steht“, so Bauknecht, „dennoch müssen bereits Flexibilitätsoptionen entwickelt werden, da sie in Zukunft benötigt werden.“ Wenn Verbraucher und Speicher Flexibilität bereitstellen, können konventionelle Kraftwerke unflexibler betrieben werden. Gerade Braunkohlekraftwerke können dann mehr Strom erzeugen und die CO2-Emissionen zunächst ansteigen. „Allerdings kann das kein Argument gegen neue Flexibilität sein“, erklärt Bauknecht, „dem muss mit einer aktiven Braunkohlepolitik begegnet werden.“ Für die zweite Phase bis 2030 erwartet die Analyse Überschüsse bei den erneuerbaren Energien und Situationen, in denen die Leistung der Erzeugungseinheiten nicht ausreichend ist. Dies kann zu einem großen Teil durch internationalen Stromaustausch und den europäischen Netzausbau ausgeglichen werden. „Nimmt man die weiteren Optionen dazu – so etwa Pumpspeicherwerke oder Lastmanagement – kann der Bedarf gedeckt werden“, sagt Bauknecht.

In der dritten Phase bis 2050 schließlich nehmen die Überschüsse deutlich zu, die fehlende Leistung steigt. „Die Optionen, die 2030 noch ausreichen, können weiterhin eingesetzt werden, genügen aber nicht mehr“, erläutert Bauknecht, „benötigt werden dann Langzeitspeicher wie etwa Power-to-Gas mit zusätzlichen Gasturbinen, also die Umwandlung von erneuerbarem Strom in Gas und dessen Rückverstromung.“ Der Netzausbau spielt weiterhin eine zentrale Rolle. „In einem nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien basierenden Stromsystem gleichen sich Importe und Exporte von erneuerbarem Strom aus“, sagt der Experte, „der Netzausbau kann daher auch dann als räumliche Flexibilität eine wichtige Funktion übernehmen.“ cw