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Palme günstig abzugeben

Das Haus der Materialisierung

Christiane Weihe

Gerade wird der Stamm einer meterhohen Plastik-Palme verladen. Die Blätter liegen noch im Haus. Sie wurde für eine Party gekauft und ist dann schnell nutzlos geworden. Doch alles, was hier im Berliner Haus der Materialisierung (HdM) strandet, soll eine neue Verwendung erhalten. Die Palme ebenso wie gebrauchte Regale, aussortierte Lampen oder Second-Hand-T-Shirts. „Das Ziel dieses Projektes ist es, ein Bewusstsein und Aufmerksamkeit für die Nutzung von Ressourcen zu schaffen, zum Nachdenken und Nachahmen anzuregen“, sagt Sofie Göppl Leon von der Berliner Stadtmission. „Und natürlich geht es auch darum, Material im Kreislauf zu halten, daraus etwas Neues zu schaffen. Es sind so viele nutzbare Wertstoffe in Berlin vorhanden – das HdM will dazu einen Zugang ermöglichen.“

Das Haus der Statistik am Berliner Alexanderplatz, das in der DDR die Staatliche Zentralverwaltung der Statistik beherbergte und in dem nun das HdM untergebracht ist, wird von fünf Kooperationspartnern getragen: dem Bezirksamt Mitte, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte, der Berliner Immobilienmanagement GmbH und der ZUsammenKUNFT Berlin eG. Diese wiederum koordiniert das Haus der Materialisierung, einen selbstorganisierten und kooperativen Zusammenschluss von rund 30 Pionier*innen, Initiativen und Akteur*innen.

Die Berliner Stadtmission, die im HdM unter anderem eine Textilwerkstatt betreibt, gehört zu diesen Pionier*innen ebenso wie die Initiative Cosum, die etwa Outdoor-Equipment oder Werkzeuge verleiht, und das Projekt Kunst-Stoffe, das zahllose Gebraucht-Materialien anbietet. Aber auch eine Holz- und eine Fahrradwerkstatt sowie ein Foodsharing-Café sind Teil der Gemeinschaft. „Wir alle setzen uns auf unterschiedliche Arten mit der Konsumgesellschaft auseinander und probieren Ansätze für mehr Nachhaltigkeit bei der Ressourcennutzung aus“, sagt Sofie Göppl Leon. „Wir haben keine Patentlösungen, sondern arbeiten in einem Reallabor, das Ideen austestet.“

Ein zentrales Element des HdM ist auch eine klare Offenheit, für Austausch und Begegnungen. „Zu den Öffnungszeiten können alle Interessierten einfach vorbeikommen, an einer kostenlosen Führung teilnehmen, in den Materialien stöbern oder die Werkstätten nutzen. Dies soll ein Ort für die ganze Stadt und die Nachbarschaft sein – die es übrigens auch sehr gut angenommen hat.“ Von allen Pionier*innen wird erwartet, dass sie sich einbringen. „Es gibt eine Vereinbarung, dass regelmäßige Angebote für die Öffentlichkeit stattfinden.“

Das Haus der Materialisierung ist eine Zwischennutzung. Denn seit 2019 wird das Haus der Statistik saniert. Bis 2030 sollen hier Flächen für die Verwaltung, für Kultur und Soziales entstehen. Auch das HdM strebt an, langfristig hier am Berliner Alexanderplatz zu bleiben. „Im Programm für die zukünftige Nutzung sind unter anderem so genannte Experimentierhäuser vorgesehen und es wäre natürlich schön, wenn wir unsere Arbeit an diesem Ort fortsetzen könnten, wenn die Sanierung abgeschlossen ist.“ Die Palme jedoch hat das HdM bis dahin sicherlich verlassen. Sie wird wahrscheinlich bald wieder eine Party zieren.