Spenden
Arbeit / Aktuell

Verbrauchertipps und rechtliche Instrumente

Strategien gegen Obsoleszenz

Christiane Weihe

Die Nutzungsdauer von Konsumprodukten hat sich verkürzt – verursacht unter anderem durch sinkende Preise und aggressive Werbung, durch schlechte Qualität und den kontinuierlichen Wunsch nach neuen Modellen und Funktionen. „Nehmen wir zum Beispiel die Flachbildschirmfernseher“, sagt Siddharth Prakash vom Öko-Institut, „60 Prozent der noch funktionierenden Geräte wurden 2012 ersetzt, weil die Nutzer ein besseres Gerät wollten.“ Dieser überbordende Konsum und die damit verbundene Obsoleszenz, also die verkürzte Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten, hat schwerwiegende Auswirkungen auf Menschen und Umwelt weltweit, mit Blick auf lebensgefährliche Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit beim Rohstoffabbau ebenso wie hinsichtlich der Verschwendung von Ressourcen oder der hohen Menge der emittierten Treibhausgase in der Herstellung, Nutzung und Entsorgung.

BESSERE INFORMATIONEN

Analysen zeigen jedoch, dass Verbraucher sich eher für ein höherwertigeres, langlebigeres und reparierbareres Gerät entscheiden, wenn sie Produktinformationen zur Lebensdauer erhalten – etwa auch mit Blick auf eine Herstellergarantie oder die Reparier- und Austauschbarkeit. Im Projekt „Verlängerung der Produktnutzungs- und -lebensdauer mittels Durchsetzung von Verbraucherrechten“ entwickelt das Öko-Institut daher bis Ende März 2018 gemeinsam mit der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. Materialien zur Sensibilisierung von Verbrauchern hinsichtlich ihrer Rechte mit Blick auf eine Nutzungs- und Lebensdauerverlängerung von Konsumprodukten. „Es geht dabei auch darum, den Zugang der Konsumenten zu notwendigen Informationen sowie ihre Kenntnisse über die eigenen Rechte zu verbessern. Beispielsweise kennen viele Konsumenten den Unterschied zwischen der Gewährleistung und der Garantie nicht und können daher ihre Ansprüche im Sinne einer Produktlebensdauer nicht wahrnehmen“, sagt Prakash. So läuft die gesetzlich zugesicherte Gewährleistung für Neuwaren über zwei Jahre, die Garantie hingegen ist eine freiwillige Leistung des Herstellers, die sich über einen definierten Zeitraum erstreckt. Im Auftrag des Umweltbundesamtes entwickeln die Experten Vorschläge und Verbrauchertipps zum Thema Produktlebens- und Nutzungsdauerverlängerung. „Im Rahmen des Projektes werden zudem neue Materialien konzipiert und umgesetzt sowie im Anschluss an die Schlüsselmultiplikatoren verbreitet und beworben“, erklärt der Senior Researcher aus dem Bereich Produkte & Stoffströme.

BESSERE RECHTSINSTRUMENTE

Gemeinsam mit der Hochschule Pforzheim befasst sich das Öko-Institut für das Umweltbundesamt bis September 2019 außerdem mit rechtlichen Möglichkeiten, die Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern. Im Projekt „Weiterentwicklung von Strategien gegen Obsoleszenz einschließlich rechtlicher Instrumente“ entwickeln die Wissenschaftler konkrete rechtliche Handlungsempfehlungen. Einen besonderen Schwerpunkt legen sie dabei auf europäische Regelungen. „Ziel ist es unter anderem, auf europäischer Ebene Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für unabhängige Reparaturbetriebe und Reparaturinitiativen zu entwickeln sowie eine verpflichtende Garantieaussage der Produzenten vorzubereiten“, sagt Friedhelm Keimeyer vom Öko-Institut, „hierfür erarbeiten wir einen Vorschlag auf Ebene des europäischen Rechts, der neben einer Angabe der garantierten Produktlebensdauer auch die Ersatzteilverfügbarkeit und die Dauer eines Reparaturservice berücksichtigt.“ Darüber hinaus diskutiert das Projektteam seine Erkenntnisse mit relevanten Akteuren und prüft, inwieweit die obsoleszenz- und lebensdauerbezogenen Regelungen des französischen Energiewende-Gesetzes sich auf Deutschland übertragen lassen. „Wir brauchen stärkere Anreize für eine Verlängerung der Lebens- und Nutzungsdauer sowie ordnungsrechtliche Mindestanforderungen, die die Nachhaltigkeit erhöhen“, so der stellvertretende Leiter des Bereichs Umweltrecht & Governance, „wir betrachten in unserer Analyse aber nicht nur die rechtswissenschaftliche Seite – nur in Verbindung mit den technischen und ökonomischen Kenntnissen lassen sich wirklich umsetzungsfähige Handlungsempfehlungen entwickeln.“