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Wird alles gut und nur anders?

Prof. Dr. Rainer Grießhammer war langjähriger Geschäftsführer des Öko-Instituts. In seinem neuesten Buch „Alles wird gut – nur anders“ widmet er sich positiven Zukünften: Wie könnten wir im Jahr 2037 leben, wenn wir uns jetzt um unsere Umwelt, das Klima und soziale Gerechtigkeit kümmern?

In sechzig kurzweiligen Kapiteln erzählt das neue Buch von Rainer Grießhammer die Geschichte von Paul und seinen Wahlgroßeltern Ulrich und Clara. Sie nehmen uns mit in den Alltag und die Politik im Jahr 2037 und zeigen uns, wie das Leben in Zukunft aussehen könnte und wie man das gestalten kann.

Das Buch mischt verschiedene Genres und bringt Fakten und Fiktion zu einem schönen Zusammenspiel. In den Diskussionen zwischen den Generationen werden Konflikte sowie Sichtweisen der heutigen, der historischen und der zukünftigen Umweltbewegung deutlich. Ulrich führt uns in die geschichtlichen Zusammenhänge und die technologischen und rechtlichen Entwicklungen ein, während Paul für das Jahr 2037 steht, mühelos neuste technische Entwicklungen verwendet und unermüdlich für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz kämpft. Dabei geht es unter anderem um Solarautos, Bademeisterdrohnen und Reisen im Metaverse. Und um die die großen Themen wie Energiewende, Digitalisierung, Postwachstum, Grundeinkommen oder Digitalsteuer.

Im Interview erzählt Prof. Dr. Rainer Grießhammer mehr über sein Buch.

In Ihrem letzten Buch haben Sie sich mit konkreten Handlungen und Argumenten für mehr Klimaschutz auseinandergesetzt. Warum haben Sie jetzt das Genre gewechselt?

Grießhammer: Sachbücher werden ja immer weniger gelesen, solche zu Umwelt und Klimaschutz erst recht. Mit der jetzt gewählten Mischung aus durchgängiger Erzählung, Fakten und Fiktion lässt sich die Zukunft leichter lesen.

Warum haben Sie sich für das Jahr 2037 entschieden?

Grießhammer: Im Buch beschreibe ich die Entwicklung der Energiewende und der Digitalisierung und versuche, die damit verbundenen Technologien und Anwendungen zu prognostizieren. Wegen der schnellen Technologieentwicklung darf der Zeitraum nicht zu lange sein. Bei der Digitalisierung wurde ich teilweise schon beim Schreiben des Buches überholt.

Die verschiedenen Zukunftsszenarien wie Gründung einer neuen Partei, eine andere Steuerpolitik oder das Klimatribunal lesen sich sehr überzeugend. Wie kamen Sie auf die Ideen?

Grießhammer: Wir erleben ja eine Krise nach der anderen und viele Ältere haben sich in das fossile Biedermeier zurückgezogen. Viele Jüngere sind verzweifelt, weil der Klimaschutz zu langsam vorankommt und weil ihre Generation auch bei anderen Zukunftsthemen unter die Räder kommt - zum Beispiel bei den Renten. Mit dem Buch will ich Mut machen. Mut auf Veränderungen und Mut auf die Gestaltbarkeit von technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.

Möchten Sie das so erleben, was Sie beschreiben? Von implantierten Mikrochips hinterm Ohr über Malaria in Deutschland bis hin zum Crash eines Mini-AKW in Rumänien?

Grießhammer: Die schlechten Entwicklungen natürlich nicht, auch wenn ich fürchte, dass einige kommen werden. Im Buch beschreibe ich allerdings überwiegend schöne Entwicklungen, respektive Realutopien, die kommen werden, wenn sich viele dafür engagieren. Im Buch gehe ich beispielsweise von einem entscheidenden politischen Umschwung beim Klimaschutz aus. Aber die bis dahin erfolgte Klimaerhitzung wird leider zu vielen Extremereignissen wie heftigen Stürmen, Überschwemmungen und Dürren führen, vielleicht auch zum Kippen des Golfstroms.

Welche Episoden haben Ihnen beim Schreiben am meisten Spaß gemacht?

Grießhammer: Gleich mehrere. Dass die schweren klimabedingten Stürme nicht mehr mit männlichen und weiblichen Vornamen benannt werden, sondern mit den Nachnamen der Vorstandsvorsitzenden der Energiekonzerne. Dass ausgerechnet in Bayern der Bau des Atomendlagers gefeiert wird, zusammen mit dem Oktoberfest. Dass die Jubiläumsfeier zu „200 Jahre Eisenbahn“ zwei Jahre verzögert stattfindet – wegen „Verzögerungen“ im Betriebsablauf. Dass der erste Roboter den Mount-Everest besteigt - und das ohne Sauerstoffmaske. Dass viele Garagen leer werden und zu Tiny Lofts umgebaut werden, weil es viel weniger Autos gibt und die Elektroautos mit Solarbeschichtung natürlich im Freien parken. Bei allem Ernst konnte ich doch viele der sechzig Episoden mit Ironie und Augenzwinkern schreiben. Aber natürlich gibt es im Buch auch knallharte Auseinandersetzungen – um die Verantwortung der einzelnen Generationen, um ein Klimatribunal und durch Anschläge auf Klimaaktivisten.

Wie, glauben Sie, könnte unsere Gesellschaft den großen Wandel schaffen, um ihre Zukunftsvisionen real werden zu lassen?

Grießhammer: Das Gründung-Motto des Öko-Instituts ist ja nach wie vor aktuell: „Wir können nur hoffen, wenn wir handeln.“ Im Buch geht es auch um die alte Streitfrage: „Verhalten oder Verhältnisse ändern?“. Natürlich muss man beides. Änderungen der politischen Rahmenbedingungen sind absolut notwendig, aber sie kommen nicht von alleine, sondern nur durch politischen Druck. Nicht nur durch Wahlen, sondern auch durch Engagement in Initiativen, in Kommunen, am Arbeitsplatz, an Schulen, im Sportverein. Durch Demonstrationen und - wie wir aktuell sehen - auch durch erfolgreiche Klagen vor Gericht.

Woher kommt Ihr Optimismus?

Grießhammer: Ich habe doch erfahren, gerade durch viele Projekte und Aktivitäten des Öko-Instituts, dass sich negative Entwicklungen ändern lassen, wenn sich viele dagegen engagieren. Wie zum Beispiel gegen die massive Belastung mit Chemikalien in den 1980er Jahren, gegen das beginnende Waldsterben, gegen die Ozonzerstörung durch die FCKW, gegen die Atomenergie, gegen die hohen Diesel-Emissionen. Erst recht bin ich optimistisch, weil wir auch positive Entwicklungen initiieren und gestalten können. Die Energiewende-Studie des Öko-Instituts und die vielen Nachfolgeaktivitäten sind dafür doch das beste Beispiel. 1993 haben die Energiekonzerne in einer großen Anzeigenserie behauptet, dass die Erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion höchstens 4 Prozent erreichen könnten. Heute liegt der Anteil bei 50 Prozent. Das ist nicht nur gut und anders, sondern viel besser!

Prof. Dr. Rainer Grießhammer war langjähriger Geschäftsführer des Öko-Instituts. Er ist Vorstand der Stiftung Zukunftserbe und Bestsellerautor. Aktuell ist sein aktuelles Buch über eine mögliche Zukunft erschienen: „Alles wird gut – nur anders. Geschichten aus dem Jahr 2037“. Das Buch ist auch als E-Book erhältlich.

Weitere Informationen

Rainer Grießhammer im Interview über das Buch mit der Frankfurter Rundschau: Umweltforscher Grießhammer: „Ich beschreibe Realutopien“

Rainer Grießhammer im Interview über das Buch mit Utopia: Umweltexperte Grießhammer: „Wir können nur hoffen, wenn wir handeln“

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