Spenden

Wie viel Energie verbrauchen unsere Wohngebäude?

Wir wissen nicht, wie viele Gebäude wie viel Energie verbrauchen. Das verhindert zielgerichtete Klimapolitik. In diesem Artikel fassen Malte Bei der Wieden und Dr. Sibylle Braungardt zusammen, was über die Effizienzverteilung bekannt ist.

Warum ist es wichtig zu wissen, wie viele Gebäude wie energieeffizient sind?

Gebäude mit Erdgas oder Heizöl zu beheizen, verursacht CO2-Emissionen. Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen erneuerbare Heizungen wie Wärmepumpen verbaut werden. Damit diese kostengünstig funktionieren und genügend Grünstrom für andere Anwendungen vorhanden ist, ist es für die Wärmewende wichtig, dass Gebäude gedämmt werden. Energetische Sanierungen sparen besonders viele Emissionen und Geld bei Gebäuden, die sehr viel Energie verbrauchen, sogenannte ‚worst performing buildings‘.

Die Bundesregierung beschließt politische Instrumente wie Gesetze oder Förderprogramme, um für die Wärmewende die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Dafür braucht sie eine gute Datengrundlage, um

  • zu langsamen Fortschritt oder Fehlentwicklungen zu bemerken,

  • Potenziale für Einsparungen zu bemessen,

  • zielgerichtete Lösungen zu entwerfen und

  • diese den Bürger*innen mit belastbaren Zahlen begründen und erklären zu können.

Was wissen wir über die Verteilung der Effizienzklassen in Wohngebäuden?

Im Folgenden stellen wir die vier wesentlichen Datensätze vor, die es zur Verteilung der Effizienz gibt:

  1. Seit 2014 müssen alle Energieausweise online registriert werden. Es gibt circa 120.000 Verbrauchs- und 80.000 Bedarfsausweise für Wohngebäude. Diese Datenbank ist die größte Sammlung von Daten zur Effizienzverteilung in Deutschland. Ein Energieausweis muss ausgestellt werden (§80 Gebäudeenergiegesetz (GEG)): Bei Neuerrichtung, Sanierungen, Verkauf oder Neuvermietung. In der Datenbank sind deshalb nur Energieausweise von Gebäuden, auf die diese Gründe zutreffen und deswegen ist die Energieausweisdatenbank trotz ihrer Größe nicht repräsentativ. Für Auswertungen siehe BfEE (2022) (Abbildung 2 und 3) und BMWi (2019). In der Abbildung haben wir einen aktuellen Auszug der Datenbank vom Januar 2023 ausgewertet.

  2. Auf der Website co2online können Gebäudeeigentümer*innen Online-Energiesparchecks durchführen. Dabei geben sie den Energieverbrauch ihres Gebäudes ein. Aus circa 1,8 Millionen Daten ergibt sich daraus eine Effizienzklassenverteilung, die repräsentativ ist.

  3. In der Gebäudewärme sind die führenden Messdienstleister ista und techem.

a) Ista misst den Energieverbrauch von 1,8 Millionen Wohnungen in 250.000 Mehr- und Zweifamilienhäusern. Die Ergebnisse werden zusammen mit dem DIW Berlin in einem Wärmemonitor veröffentlicht und ergeben eine Effizienzklassenverteilung.

b) Techem misst den Verbrauch von 2,1 Millionen Wohnungen in 180.000 Mehrfamilienhäusern und veröffentlicht eine Effizienzklassenverteilung in den Studien Energiekennwerte 2019 und Verbrauchskennwerte 2021. Beide Datensätze sind repräsentativ.

Die Verteilung der Effizienzklassen nach dem Energieausweis (A+ bis H) ist in der untenstehenden Abbildung dargestellt. Vergleichsgröße ist dabei Endenergie – die Energiemenge (zum Beispiel Strom oder Gas), die ins Gebäude strömt und von Verbraucher*innen bezahlt wird.

Verteilung der Effizienz von Wohngebäuden nach Endenergie

Wie sind die Energieausweise verteilt?

Energieausweise können entweder einen rechnerischen Energiebedarf angeben oder einen gemessenen Energieverbrauch. Es gibt einen starken Unterschied zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweisen in blau und blau-gestrichelt in der Abbildung. Grund dafür sind Regeln, die festschreiben, für welche Gebäude welcher Ausweistyp zulässig ist (§80 GEG).

Für diese Gebäude muss ein Bedarfsausweis angefertigt werden: Gebäude mit weniger als fünf Wohnungen – also alle Ein- und Zweifamilienhäuser sowie kleine Mehrfamilienhäuser –, die vor 1977 gebaut wurden und Neubauten. Für alle anderen Wohngebäude – große Mehrfamilienhäuser und Wohngebäude, die nach 1977 gebaut wurden – kann ein Verbrauchsausweis ausgestellt werden. Dieser ist günstiger in der Ausstellung. Vor allem Gebäude mit Baujahr vor 1977 sind schlecht gedämmt und benötigen viel Energie. Diese deckt der Bedarfsausweis ab. Der Anteil der‚worst performing buildings‘ wird durch die Bedarfsausweise stark überschätzt.

Für Mehrfamilienhäuser können die Energieverbrauchsausweise mit anderen Datensätzen verglichen werden. Hier legt die Auswertung in der Abbildung nahe, dass die Ausweise statistisch normal verteilt sind. Die anderen Quellen zeigen jedoch einen höheren Anteil an ‚worst performing buildings‘ auf. Der Anteil der‚worst performing buildings‘ wird durch die Verbrauchsausweise also leicht unterschätzt.

Das zeigt, dass die vorhandenen Daten nicht ausreichen, um die ‚worst performing buildings‘ zu identifizieren.

Wir brauchen schnellstmöglich ein Gebäuderegister als verlässliche Datengrundlage

Zurzeit wird die europäische Gebäuderichtlinie überarbeitet. Ein Kernelement dabei sind verpflichtende Mindestenergieeffizienzstandards (Minimum Energy Performance Standards; MEPS). Ziel des Instruments ist es, die ‚worst performing buildings‘ möglichst schnell energetisch zu sanieren. In der kontroversen Diskussion um MEPS verwenden verschiedene Akteure unterschiedliche Zahlen zum Anteil der energetisch ineffizienten Gebäude.

Dieser Beitrag soll dazu beitragen, die Debatte zu versachlichen. Geeigneter wäre für diesen Zweck ein Gebäuderegister, das methodisch transparente, statistisch belastbare und damit repräsentative Daten von offizieller Stelle aufführt.

Malte Bei der Wieden und Dr. Sibylle Braungardt forschen zur Energiewende im Gebäudebereich und arbeiten im Bereich Energie & Klimaschutz am Standort Freiburg.

Keine Kommentare

Neuer Kommentar

* Pflichtfelder