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Pflanzlich oder tierisch? Nahrungsmittel unterschiedlich besteuern!

Dr. Hannah Förster gratuliert in ihrer Blogkolumne der Mehrwertsteuer zum 50sten und verbindet ihre Geburtstagswünsche mit konkreten Anregungen. Der dritte Wunsch stellt die pflanzlichen Nahrungsmitteln den tierischen steuerlich gegenüber.

Liebe Mehrwertsteuer, in den beiden vorangegangenen Wünschen haben wir angeregt, darüber nachzudenken, pflanzliche Nahrungsmittel steuerlich zu begünstigen oder tierischer Nahrungsmittel normal zu besteuern. Denkbar ist auch eine Kombination von beidem – um negative Effekte abzupuffern. Wir wünschen uns zu Deinem 50. Geburtstag, dass Du darüber nachdenkst, tierische Nahrungsmittel stärker zu besteuern und pflanzliche Produkte weniger stark. Wie wäre es, wenn Du den Mehrwertsteuersatz für tierische Produkte auf 19 Prozent erhöhst und gleichzeitig eine Vergünstigung pflanzlicher Lebensmittel ermöglichst? Damit könntest Du aus Klimaschutzsicht den Abstand von Preisen relativ klimafreundlicher und relativ klimaunfreundlicher Nahrungsmitteln erhöhen. Das wäre gut, weil Du damit zwei Dinge gleichzeitig signalisierst: (1) Ist ein Produkt relativ klimaunfreundlich, schlägt sich dies in einem relativ höheren Preis nieder; ist es relativ klimafreundlich, in einem relativ geringeren. Das ist für Konsumenten und Konsumentinnen transparent und nachvollziehbar. (2) Eine Kombination von Steuererhöhung auf tierische Produkte und Senkung auf pflanzliche Lebensmittel würde den Preisunterschied höher werden lassen als jetzt. Das würde uns dazu anregen, unsere recht festgefahrenen Ernährungsgewohnheiten zu überdenken. Was bringt das? Wir haben anhand der Einkommens- und Verbraucherstichprobe grob überschlagen, was das bezüglich der Ausgaben privater Haushalte bedeutet und in den vorherigen beiden Beiträgen jeweils separat aufgezeigt. Wenn Du tierische Produkte mit 19 Prozent besteuerst, während alles andere unverändert bleibt, stiegen die Preise um rund 11 Prozent. Bei einer Verringerung der Steuer auf fünf Prozent für pflanzliche Nahrungsmittel würde deren Preis um knapp zwei Prozent sinken. Der Staat würde so etwa sechs bis sieben Milliarden Euro Steuern mehr pro Jahr einnehmen, während die Steuermindereinnahmen bei unter 2 Milliarden Euro je Jahr lägen. Mitdenken sollten wir an dieser Stelle natürlich, dass dies nur eine Überschlagsrechnung ist. Wir haben keine sogenannten Reboundeffekte berücksichtigt – also dass Menschen freigewordenes Einkommen für andere Produkte ausgeben, die möglicherweise nicht klimafreundlich sind. Auch haben wir uns bisher nicht der Frage gewidmet, wie die Produkte zielführend benannt werden können, die mehr- oder weniger besteuert werden sollen. Das kannst Du ja in Zukunft schrittweise angehen. Und während wir andere Schauplätze für Klimaschutz zwar benannt haben, standen diese nicht im Fokus unserer Analyse. Es grüßt Dich Hannah Förster

Die Volkswirtin Dr. Hannah Förster arbeitet seit 2011 im Öko-Institut. Im Bereich Energie & Klimaschutz befasst sie sich unter anderem mit Fortschrittsmessungen im Bereich Energie- und Klimaziele, mit Treibhausgasemissionsprojektionen, ökonomischen Fragen im Bereich Energie- und Klimapolitik sowie visueller Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte als Brückenbau zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Alle Blogbeiträge über die Mehrwertsteuer auf einen Blick: Einleitung: Happy Birthday, liebe Mehrwertsteuer! Erster Wunsch: Pflanzliche Produkte mit zweitem ermäßigten Steuersatz besteuern Zweiter Wunsch: Tierische Nahrungsmittel normal besteuern Dritter Wunsch: Pflanzlich oder tierisch? Nahrungsmittel unterschiedlich besteuern Vierter Wunsch: Besteuerung öffentlicher Fernverkehr begünstigen Zum Hintergrundpapier „50 Jahre Mehrwertsteuer – Ein Blick durch die Klimaschutzbrille“ des Öko-Instituts

Übrigens - nicht nur wir haben uns Gedanken über die Mehrwertsteuer gemacht, auch andere denken in ähnliche Richtungen:  Studie zu den umweltschädlichen Subventionen des Umweltbundesamtes Greenpeace: Subventionen für Billigfleisch abbauen Studie Ökonomische Instrumente für eine Senkung des Fleischkonsums in Deutschland

Weitere Informationen: Fleischverzehr je Kopf der Bevölkerung (in kg) von 1990 bis 2016 Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuergesetz Anlage II Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013

Informationen des Öko-Instituts: Klimaverträglich leben im Jahr 2050: Bilder und Ideen für eine nachhaltige Zukunft Studie „Ist gutes Essen wirklich teuer?“ des Öko-Instituts Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile. Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts Konzept zur absoluten Verminderung des Energiebedarfs Studie „Umweltauswirkungen von Ernährung - Stoffstromanalysen und Szenarien“ des Öko-Instituts  

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