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Zivilgesellschaft stößt nachhaltigen Wandel an

Impulse für gesellschaftliche Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit wie die Energiewende, der Aufbau eines alternativen Verkehrssystems oder eine nachhaltige Ernährung kommen häufig aus der Mitte der Gesellschaft.

Impulse für gesellschaftliche Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit wie die Energiewende, der Aufbau eines alternativen Verkehrssystems oder eine nachhaltige Ernährung kommen häufig aus der Mitte der Gesellschaft. Damit sie zu einem breiten Erfolg werden, braucht es politische Gestaltung und strategisches Management durch viele Akteure und Kooperationen. Dabei sind statt punktueller politischer Eingriffe übergreifende Konzepte und Strategien notwendig, die zahlreiche, zum Teil parallel laufende Aktivitäten, Instrumente und Akteure koordinieren. Zu diesen Schlussfolgerungen kommt ein aktuelles Forschungsvorhaben des Öko-Instituts im Auftrag von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium sowie in Zusammenarbeit mit der Zeppelin Universität und dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen.

Voraussetzungen für das Gelingen von Transformationen

Gezielte Transformationen entstehen demnach im Wechselspiel aus Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Von „Pionieren des Wandels“ bis hin zu den Kommunen – für das Gelingen großen Wandels sind Kooperationen der vielfältigen gesellschaftlichen Akteure notwendig.

Visionen und Leitbilder sind dabei wesentliche Treiber von Transformationen; über sie werden Bürgerinnen und Bürger zu Anhängern. Von ihnen lassen sich Ziele ableiten, die über Wahlperioden hinaus Bestand haben müssen, da Transformationen über lange Zeiträume ablaufen. Beides muss von staatlicher Seite unterstützt werden.

Da alle erfolgreichen Innovationen in die sozialen Strukturen der Gesellschaft eingebettet sind, sollte Politik einerseits Nischen zur Ideenerprobung fördern und technologische Entwicklungen andererseits anreizen. Transformationen sind in jedem Fall mit Such-, Lern- und Experimen­tierprozessen verbunden. Diese zu gestalten heißt: Neues neu denken, eine gewisse Flexibilität zu gewährleisten, Fehler zuzulassen und von ihnen zu lernen, sowie aktiv mit Konflikten umzugehen.

Acht Handlungsfelder für strategisches Transformationsmanagement

Transformationen ändern die Gesellschaft grundlegend. In folgenden Feldern wird daher auf Umgestaltungen zu achten sein: bei Werten und Leitbildern, individuellen Verhaltensweisen und Lebensstilen, sozialen und zeitlichen Strukturen, bei materieller Infrastruktur, Märkten und Finanzsystemen, bei der Unterstützung nachhaltiger Produkte und Technologien, beim Ausbau einer Unterstützung nachhaltiger Produkte und Technologien, dem Ausbau transformativer Forschung und Nachhaltigkeitsbildung und nicht zuletzt beim Einsatz neuer Politikinstrumente und Institutionen, die geeignete staatliche Rahmenbedingungen schaffen.

Ein Beispiel: Entwicklung des Fahrradverkehrs

Die Zunahme des Fahrradverkehrs zeigt das Zusammenwirken der acht Handlungsfelder. Werte: Ab den 1980er und in den 90er Jahren steigt das Umweltbewusstsein, die Freizeitwelle erreicht (West-)Deutschland und die Trimm-Dich-Bewegung und der Tour-de-France-Boom steigert das Interesse am Fahrrad. Das Verhalten ändert sich langsam: Der Fahrradverkehr wächst von neun Prozent 1976 auf 15 Prozent. Es gibt 1980 insgesamt 36,5 Millionen Fahrräder in westdeutschen Haushalten; 2009 69 Millionen. Aus zeitlichen Gründen akzeptieren es die Deutschen, drei bis 4,5 Kilometer mit dem Rad zu fahren. Dies kann sich mittelfristig durch die rasch wachsende Zahl von E-Bikes ändern. Städtebeispiele zeigen: Wird Infrastruktur – also Radwege, Fahrradständer, Radschnellwege – ausgebaut, fahren deutlich mehr Menschen Rad. Durch sinkende Produktionskosten können sich immer mehr Menschen einfacher ein Rad finanziell leisten; die Fahrräder selbst differenzieren sich technologisch immer mehr aus. Zum Thema Fahrrad gibt es umfangreiche Forschung, Bildungsmaterial und Informationsportale im Internet. Politik hat begonnen, den Ausbau der Infrastruktur zu fördern und 2001 die Entfernungspauschale angepasst.

Konfliktfelder bei Transformationen minimieren

Gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsverbunds Empfehlungen für die Politik entworfen, um Transformationen zu befördern. Staatliche Akteure sollten entstehende Transformationsbewegungen frühzeitig erkennen, sie priorisieren und strategisch begleiten. Das heißt auch, erwünschte oder unerwünschte Entwicklungen „vorbeugend“ zu fördern oder einzugrenzen sowie entsprechende günstige Zeitfenster zu nutzen.

„Da Transformationen zu Konflikten führen können, man denke nur an den Trassenbau im Rahmen der Energiewende, müssen diese aktiv bearbeitet werden“, empfiehlt Dr. Bettina Brohmann, Forschungskoordinatorin Transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaften am Öko-Institut. „Dazu sollte man frühzeitig positive Aspekte der neuen Entwicklung kommunizieren, Bündnispartner gewinnen, über Kompensationen verhandeln und im Einzelfall auch Entscheidungen revidieren.“

Hintergrundpapier zur Konferenz „Erfolgreicher Wandel zur Nachhaltigkeit: Anforderungen und Empfehlungen für Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik“ vom Öko-Institut, der Zeppelin Universität und dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen

Präsentation "Wie Transformationen und gesellschaftliche Innovationen gelingen können" von Prof. Dr. Rainer Grießhammer, 12. Juni 2015.

Arbeitspapier "Zeit für Nachhaltigkeit – Zeiten der Transformation: Elemente einer Zeitpolitik für die gesellschaftliche Transformation zu nachhaltigeren Lebensstilen"

Ansprechpartnerin am Öko-Institut:

 

Dr. Bettina Brohmann
Forschungskoordinatorin Transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaften
Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt
Telefon: +49 6151 8191-135
E-Mail: b.brohmann@oeko.de