“Auch nach 2040 wird es noch Verbrenner geben“

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Christiane Weihe
Zahlreiche Regulierungen weisen dem Verkehrssektor den richtigen Weg in Richtung Klimaschutz – so die Flottengrenzwerte oder der CO2-Preis. Welche Instrumente sind besonders wirkungsvoll? Was kann Deutschland noch besser machen? Und ist Elektromobilität die unangefochtene Antriebsenergie der Zukunft? Über diese Fragen haben wir mit Falk Heinen gesprochen. Er leitet beim Bundesumweltministerium das Referat Technische Verkehrsfragen und Kraftstoffe.
Herr Heinen, ist aus Ihrer Sicht die Trendwende beim Klimaschutz im Verkehrssektor endlich erreicht?
Es ist schön, dass wir nach vielen Jahren der Stagnation in den Prognosen endlich Hoffnung auf eine Verringerung der Emissionen sehen. Das zeigt, dass etwa die Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ein wirkungsvolles Instrument sind. Allerdings sollen diese nun überprüft und überarbeitet werden. Änderungen an den Flottengrenzwerten könnten durchaus noch den Hochlauf der Elektromobilität und damit die positiven Auswirkungen auf den Klimaschutz abschwächen. Es gibt hier einen massiven Druck von Markt–akteuren, die Regelungen aufzuweichen, und sie waren damit ja sogar bereits erfolgreich.
Was ist hier konkret passiert?
Minderungsziele für den Ausstoß von CO2, die für 2025 gesetzt waren, wurden auf drei Jahre gestreckt bis 2027. Das führt natürlich zu einer Verlangsamung der Transformation. Eigentlich hatten die Hersteller genug Zeit, sich vorzubereiten, und viele von ihnen sind bereits auf einem sehr guten Weg, die Ziele zu erreichen. Für diese ist es natürlich jetzt auch unfair, dass jene, die nicht rechtzeitig die Weichen richtig gestellt haben, belohnt werden.
Welche Instrumente sind darüber hinaus wirkungsvoll?
Die Treibhausgasminderungsquote verpflichtet alle Unternehmen, die Kraftstoffe verkaufen, deren Emissionen zu senken – durch den Einsatz von erneuerbaren Energien. Sie trägt als gesetzliche Pflicht für die Mineralölwirtschaft bereits in sehr großem Maß zur Emissionsminderung bei und wird zu weiteren sehr starken Minderungen in den kommenden Jahren führen. Unser Umsetzungskonzept der Erneuerbare-Energien-Richtlinie im Verkehr sieht Minderungen von 26 Megatonnen im Jahr 2026 bis 65 Megatonnen im Jahr 2040 vor. Leider gab es bei Biokraftstoffen in den vergangenen Jahren Betrugsfälle beziehungsweise falsche Deklarierungen, so dass unter anderem klimaschädliches Palmöl an den Tankstellen gelandet ist. Hier wird man sehr wachsam sein müssen.
Was könnte Deutschland besser machen?
Eine Menge – zum Beispiel mit Blick auf die Verkehrsplanung oder die Infrastruktur. So wird es in Zukunft deutlich umfangreichere Park- und Lademöglichkeiten für Elektro-Lkw an Autobahnen brauchen. Auch beim Thema Lärm gibt es noch eine Menge zu tun, man denke nur an Motorräder. Grundsätzlich haben wir mit den europäischen Regelungen aber einen sehr guten Rahmen, der zu wirksamem Klimaschutz im Verkehr führen kann, wenn er so bestehen bleibt und alle Länder sich daran halten.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen im Verkehrssektor?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, den Verkehr auch global zu betrachten. Und hier gibt es zahlreiche Herausforderungen. So nimmt etwa in vielen boomenden Staaten die Zahl der Verbrenner stark zu. Im Luftverkehr ist zudem noch nicht viel passiert, obwohl seit Jahren daran gearbeitet wird. Das betrifft auch und vor allem die sehr klimaschädlichen Treibhausgaseffekte neben jenen des Klimagases Kohlendioxid. So vor allem die Veränderung der natürlichen Wolkenbildung. Hier wird man um klimafreundliche Kraftstoffe und verbindliche Quoten nicht herumkommen – mit entsprechenden Risiken etwa mit Blick auf die Landnutzungseffekte bei Anbaubiomasse. Aber es macht keinen Sinn, wenn hier nur ein einziges Land vorangeht. Hier braucht es globale Vereinbarungen.
Ist Elektromobilität die unangefochtene Antriebsenergie der Zukunft?
Aus meiner Sicht ja. Wir müssen nur einen Blick nach Asien oder Amerika werfen, wo sie bereits sehr erfolgreich ist. Die Effizienz des Elektromotors wird dazu führen, dass er sich durchsetzt. Gleichzeitig wird es noch lange eine große Restquote an Verbrennern geben. Damit aber der Verkehr in Deutschland im Jahr 2045 wirklich klimaneutral ist, können diese Fahrzeuge nur mit klimafreundlichen Kraftstoffen laufen, die wirklich nachhaltig sind und die Umwelt schonen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christiane Weihe.
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Im Interview mit eco@work: Falk Heinen, Leiter des Referats Technische Verkehrsfragen und Kraftstoffe beim Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Weitere Informationen
Falk Heinen
Referatsleiter
Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Referat für Technische Verkehrsfragen und Kraftstoffe
E-Mail: Falk.Heinen@bmukn.bund.de
Web: www.bundesumweltministerium.de
Zur Person
Falk Heinen leitet beim Bundeministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit das Referat Technische Verkehrsfragen und Kraftstoffe. In dieser Funktion befasst sich der Diplom-Chemiker unter anderem mit den rechtlichen Rahmenbedingungen im Verkehrs- und Kraftstoffsektor – so etwa mit Blick auf Flottengrenzwerte oder auch die Treibhausminderungsquote – und ihrer zukünftigen Ausgestaltung.