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Editorial

In der Haut der anderen

Das Vorwort von Anke Herold, Sprecherin der Geschäftsführung des Öko-Institut e.V.

Lange Zeit hatte die soziale Frage beim Klimaschutz nicht die Brisanz, die sie heute hat. Denn anders als etwa bei der Emissionsreduktion in der Energieversorgung oder bei Industrieunternehmen betreffen die dringend notwendigen Klimaschutzmaßnahmen bei Gebäuden und Verkehr nun alle Bürger*innen. Wir alle müssen etwas dazu beitragen, dass auch in diesen Sektoren die Emissionen endlich sinken, etwa durch die Dämmung unserer Wohnungen, den Einbau von Wärmepumpen oder den Abschied vom Verbrennerfahrzeug. Viele Menschen können sich das aber nicht so einfach leisten. Daher müssen entsprechende Maßnahmen und Förderungen sozial ausgestaltet sein.

Gleichzeitig befinden wir uns in einer Zeit knapper Kassen, in denen weniger staatliche Mittel zur Verfügung stehen. Deswegen muss Klimaschutz effizienter werden. In der Vergangenheit wurden immer wieder Vergünstigungen für Menschen geschaffen, die eigentlich sehr gut verdienen. Jetzt muss viel genauer hingeschaut werden, wie jene unterstützt werden können, die sich weniger leisten können. Und es ist an der Zeit, endlich die starke Subventionierung von fossilen Energien etwa durch das Dienstwagenprivileg zu streichen.

Sie werden in diesem Heft immer mal wieder lesen, dass andere Länder beim sozialen Klimaschutz deutlich weiter voran sind – zum Beispiel Frankreich. Nur ein Beispiel dafür: Als eine Verwandte von mir hier in Deutschland ihre kaputte Gasheizung gegen eine Wärmepumpe austauschen wollte, mussten sie in Vorleistung gehen, die Förderung kam erst deutlich später an. Wie sollen sich das Menschen leisten, die keine Reserven haben? Hier muss sich etwas an den Förderbedingungen ändern. In Frankreich streckt der Staat das Geld für Sanierungen oder den Heizungstausch tatsächlich bei Haushalten mit geringem Einkommen vor.

Wir brauchen auch Möglichkeiten, damit ebenso Menschen mit niedrigen Einkommen Elektro­fahrzeuge finanzieren und künftigen Belastungen durch höhere CO2-Preise entgehen können, gleiches gilt für wenig zahlungskräftige kleine Unternehmen wie ambulante Pflegedienste. Und: Wir müssen genauer hinschauen, was für die Menschen funktioniert. Bei Förderprogrammen etwa wird oft die Situation der weniger Vermögenden nicht in den Blick genommen. Ich hoffe, dass dieses Heft einen kleinen Beitrag dazu leistet, auch dies zu tun.

Ihre

Anke Herold
a.herold@oeko.de