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Perspektive

Die vernachlässigte Lebensgrundlage

Wirksamen Wasserschutz etablieren

Genug und sauberes Wasser – ist doch eigentlich kein Problem, oder? Auf den Gedanken könnte man in Deutschland durchaus kommen. Aber nur, wenn man die Augen davor verschließt, dass 86 Prozent unseres Wasserfußabdrucks im Ausland verursacht werden. So produzieren deutsche Unternehmen rund um den Globus, oftmals in Ländern, in denen es keine so strengen gesetzlichen Regelungen wie hierzulande gibt oder es an deren Durchsetzung mangelt. Daher sollten sie auch außerhalb der Landesgrenzen Verantwortung für den Wasserschutz übernehmen. Sprich: In anderen Ländern keine Wasserknappheit oder -verschmutzung befeuern. Nicht zuletzt wegen des Klimawandels, der den Wassermangel an vielen Orten verstärken wird. Allein 2022 hatten bereits 2,2 Milliarden Menschen weltweit keinen sicheren Zugang zu Trinkwasser – obwohl dies ein Menschenrecht ist. Gleichzeitig verringert sich die Biodiversität in und an Gewässern so stark, dass fast ein Drittel aller Süßwasserarten vom Aussterben bedroht ist. Trotz des gewaltigen Handlungsbedarfs steht das Thema Wasserschutz bei Politik und Unternehmen jedoch kaum im Fokus. 

Ein Ansatz, Unternehmen für die Auswirkungen ihrer Lieferketten zu sensibilisieren und in die Pflicht zu nehmen, sind gesetzliche Sorgfaltspflichten. Deshalb haben wir in einem von der Stiftung Zukunftserbe geförderten Projekt untersucht, inwieweit negative Auswirkungen der globalen Lieferketten auf die Ressource Wasser durch unternehmerische Sorgfaltspflichten adressiert werden können. Hierfür haben wir die regulatorischen Rahmenbedingungen ebenso betrachtet wie die betriebliche Umsetzung wasserbezogener Sorgfaltspflichten. Zusätzlich haben wir Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft formuliert. Dabei zeigte sich zum einen: Gesetzliche Sorgfaltspflichten wie das deutsche und das europäische Lieferkettengesetz sind hierfür ein sinnvoller erster Ansatz, doch für wirkungsvollen Wasserschutz greifen sie zu kurz. Damit Unternehmen wirklich anfangen, sich für den Wasserschutz einzusetzen, braucht es mehr – soll heißen: Verlässliche, klarere und wasserbezogene Vorgaben in der Gesetzgebung. Das umfasst zum einen einen größeren Anwendungsbereich der Lieferkettengesetze. Bisher sollen sich Unternehmen vor allem auf direkte Zulieferer konzentrieren, obwohl ein großer Teil der Wasserrisiken in vorgelagerten Stufen der Lieferketten, zum Beispiel beim An- und Abbau von Rohstoffen entsteht. Neben einer Ausweitung der Sorgfaltspflichten auf die gesamte Lieferkette halten wir zum anderen eine zivilrechtliche Haftung für sinnvoll, um den Handlungsdruck auf Unternehmen zu erhöhen. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission für das sogenannte Omnibus-I-Paket und dem jüngst verabschiedeten Parlamentsstandpunkt droht aktuell eine deutliche Abschwächung der geplanten EU-Lieferkettenregulierung. Wir empfehlen politischen Entscheidungsträger*innen daher dringend, am EU-Lieferkettengesetz festzuhalten und sich im begonnenen Trilog klar gegen die Verwässerung, insbesondere gegen eine Verengung des Anwendungsbereiches, einzusetzen.

Mit Blick auf die Unternehmen haben wir gesehen, dass Wasserschutz bei ihnen bislang eine untergeordnete Rolle spielt und sie sich eher auf die eigenen Betriebsstätten als auf Zulieferer konzentrieren. Außerdem zeigt sich, dass sie sich erst mit Wasserrisiken beschäftigen, wenn es Handlungsdruck von außen gibt. Dabei hilft Wasserschutz nicht allein Menschen und Umwelt, sondern auch den Unternehmen selbst. Denn wer in einem Land produziert, in dem Wasserknappheit herrscht, wird früher oder später selbst von ihr betroffen sein. Unternehmen sollten Wasserschutz daher als strategische Investition in die Resilienz ihrer Lieferketten und damit in die Zukunft verstehen. Darüber hinaus sollten sie beim Wassermanagement kollektive Ansätze verfolgen, die Lieferant*innen ebenso einbeziehen wie politische, wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen. Für eine Zusammenarbeit im betroffenen Wassereinzugsgebiet, in der Lieferkette und in der Branche. Unternehmen fehlt es zudem oft an Daten und es mangelt an Transparenz der vorgelagerten Lieferketten – was wiederum Risikoanalysen erschwert. Der Austausch mit anderen Unternehmen sowie weiteren Akteur*innen kann sich mit Blick auf Sensibilisierung und Wissensgewinn lohnen.

Wasserschutz wird und muss für uns ein wichtiges Thema bleiben. Zunächst sollte an den Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzen festgehalten und sie sollten hinsichtlich des Wasserschutzes ausgeweitet werden. Im nächsten Schritt muss es dann darum gehen, ihre Wirksamkeit insbesondere in den Produktionsländern zu evaluieren und gegebenenfalls nachzubessern. Dafür braucht es auch die Einbeziehung von Akteur*innen in Ländern mit hohen Wasserrisiken, ihr Wissen und ihren Erfahrungsschatz. Es gibt also auch für uns Wissenschaftler*innen noch eine Menge für den Wasserschutz zu tun.

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Melanie Pietschmann und Lara Schmitt sind Wissenschaftlerinnen im Bereich Umweltrecht & Governance des Öko-Instituts. Hier befassen sie sich unter anderem mit nachhaltigem Wirtschaften und nachhaltigen Lieferketten sowie sozialen Aspekten von Umwelt- und Klimapolitik.

Ansprechpartnerinnen am Öko-Institut