Ausgabe: September 2023, Worauf wir stehen – Ein besserer Boden- und Flächenschutz
Im Fokus
Porträt: Gesine Langlotzt (Landwirtin)

Dass ihr Weg in die Landwirtschaft führen würde, war schon lange klar. „Diese Arbeit ist sinnvoll, denn sie produziert Nahrung. Gleichzeitig spricht sie alles in einem Menschen an. Man arbeitet mit den Händen, mit dem Kopf und ist auch auf Intuition angewiesen.“ Wie steinig der Weg werden würde, zeigte sich aber erst mit der Zeit. „Wer nichts geerbt hat, kommt auch nicht an Land.“
„In Dänemark müssen die Erb*innen landwirtschaftlicher Flächen selbst Landwirtschaft betreiben, sonst geht das Land an andere Landwirt*innen. Dies sollte ein Vorbild für Deutschland sein.“
Erst im Frühjahr ist Langlotz‘ Hofgründungsgruppe mit dem Versuch, einen gemeinschaftlich gekauften Hof zu bewirtschaften, gescheitert. Perspektive für Langlotz: ungewiss. „Für die wenigen Flächen, die es gibt, finden sich deutlich kapitalstärkere Menschen und Firmen. Ich kann niemals von der Fläche runterholen, was sie kosten würde.“ Bis zu 720.000 Euro koste es, einen Arbeitsplatz in der Landwirtschaft zu gründen. Langlotz, die auch im Beirat der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland tätig ist, setzt sich daher für eine Gemeinwohlverpachtung von öffentlichem Land ein. „Diese umfasst eine Verpachtung an Menschen mit nachhaltigen Konzepten, die Böden, Tiere und Menschen weniger ausbeuten.“ Dass es kaum ein Bewusstsein darüber gibt, wie viel Land hingegen außerlandwirtschaftlichen Investoren gehört, ärgert sie. „Unsere Gesellschaft sollte ein Interesse daran haben, die Kontrolle über den Boden zu behalten, von dem sie abhängig ist.“
Gesine Langlotz
Mail: gesinelanglotz--at--posteo.de
Gesine Langlotz hat Umweltbildung studiert. Sie besitzt zudem einen Abschluss als Baumwartin und ist als Ausbilderin an einer Obstbaumschnittschule tätig. Im Jahr 2021 gründete sie darüber hinaus in Ostthüringen mit anderen jungen Gärtner*innen einen eigenen Hof, den sie 2023 wieder aufgeben musste. Darüber hinaus engagiert sich Langlotz in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland. Der Fokus ihres Engagements liegt unter anderem auf den Themen Bodenpolitik und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft und Existenzgründung. Mit dem Konzeptwerk Neue Ökonomie veröffentlichte sie 2023 das Dossier „Gerechte Bodenpolitik“, in dem realpolitische Instrumente für eine sukzessive Bodenmarktreform für Verteilungsgerechtigkeit bei Agrarflächen vorgestellt werden.
Gemeinsam mit der Landwirtin Dorothee Sterz hat die Landwirtin und Aktivistin außerdem die Online-Petition „Vertragsbruch: Stoppe Lindner beim Ausverkauf öffentlichen Eigentums“ gegen den Bundesfinanzminister gestartet. Diese fordert den im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vorgesehenen Privatisierungsstopp und eine vorrangige Vergabe von Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), der Treuhandnachfolgeorganisation für landwirtschaftliche Flächen, an Landwirt*innen, die nachhaltig wirtschaften.
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