Ausgabe: Dezember 2019, Klimaschutzlücke 2020 – Was sind die nächsten Ziele?
Im Fokus
Klimaziele 2030
Landwirtschaft – die Ungewöhnliche

Was sind die Klimaziele für 2030?
Bis 2030 sollen die Emissionen der Landwirtschaft im Vergleich zu 1990 um 31 bis 34 Prozent sinken. Ihr Ausstoß an CO2-Äquivalenten soll dann bei 61 bzw. 58 Mio. t CO2e liegen.
Wie soll das erreicht werden?
Ein zentraler Fokus für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft liegt auf einer Senkung der Emissionen von Methan und Lachgas. CO2 hingegen macht in der Landwirtschaft nur einen kleinen Teil aus. Minderungen können durch eine verbesserte Düngung erreicht werden, bei der weniger Stickstoffüberschüsse ungenutzt in die Umwelt gelangen. Dazu wird vor allem weniger mineralischer Stickstoffdünger verwendet, da stattdessen ohnehin vorhandener Wirtschaftsdünger wie Gülle und Mist genutzt wird. Aber auch die energetische Nutzung von Gülle sowie eine Erhöhung der ökologisch bewirtschafteten Flächen spielen eine wichtige Rolle. Schwierig ist dagegen die Minderung der Emissionen aus der Verdauung der Kühe und Rinder, da hier trotz Forschungen keine technische Lösung in Sicht ist.
Wo steht die Landwirtschaft aktuell?
Klimaschutz funktioniert in der Landwirtschaft anders als in den anderen Sektoren, da keine Reduktion auf Null möglich ist. Entsprechend geringer ist das Minderungsziel. 2017 lagen die Emissionen der Landwirtschaft inklusive der energiebedingten Emissionen bei 73,1 Mio. t CO2e. Im Jahr 1990 emittierte sie noch 89,8 Mio. t CO2e. Signifikante Treibhausgasminderungen lassen sich seither vor allem auf die Verkleinerung der Tierbestände im Zuge der Wiedervereinigung zurückführen. Weitere Minderungen konnten durch die Güllevergärung erreicht werden. Im Bereich der Stickstoffüberschüsse ist dagegen nur wenig geschehen, obwohl sie nicht nur ein Problem für das Klima, sondern auch für Wasser, Luft und Biodiversität sind.
Welche konkreten Maßnahmen sind nun notwendig?
Die Reduzierung von Stickstoffemissionen ist ein zentraler Schritt für mehr Klimaschutz. Dieser braucht aus Sicht des Öko-Instituts aber eine klare Kontrolle und Nachweispflicht der landwirtschaftlichen Betriebe. Für eine Reduzierung der Emissionen aus der Tierhaltung müssen wir alle unseren Milch- und Fleischkonsum verringern, um die Tierbestände weiter reduzieren zu können. Maßnahmen sind hier Informationen und Preissteuerung. Gleichzeitig muss die Politik die Regulierung des Tierbestands sicherstellen, andernfalls gehen die frei gewordenen Mengen in den Export.
In der Studie „Quantifizierung von Maßnahmenvorschlägen der deutschen Zivilgesellschaft zu THG-Minderungspotenzialen in der Landwirtschaft bis 2030“ für die Klima-Allianz Deutschland hat das Öko-Institut berechnet, welchen Klimaschutzbeitrag unterschiedliche Maßnahmen leisten können. So könnte eine Reduzierung des Fleischkonsums um 48 Prozent insgesamt 7,3 Mio. t CO2e einsparen, wenn dadurch auch die Tierbestände entsprechend sinken. Eine Senkung der Stickstoffüberschüsse auf 50 kg pro Hektar etwa durch einen Ersatz von Mineraldüngern durch die vorhandene Gülle und eine Ausweitung von Ökolandbau brächte 5,4 Mio. t CO2e. Die Förderung der Güllevergärung in bestehenden Biogasanlagen würde zu einer Verringerung der Emissionen um 0,9 Mio. t CO2e führen.
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Der Schwerpunkt von Kirsten Wiegmann liegt auf dem Klimaschutz in der Landwirtschaft und der Landnutzung. Hierfür entwickelt die Geoökologin und Energiewirtin im Bereich Energie & Klimaschutz des Öko-Instituts Strategien für einen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit. Als Senior Researcher war sie unter anderem auch an der Entwicklung des Integrierten Klimaschutzplans Hessen 2025 und an der Überarbeitung des Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes in Baden-Württemberg beteiligt.
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