Ausgabe: Dezember 2019, Klimaschutzlücke 2020 – Was sind die nächsten Ziele?
Im Fokus
Klimaziele 2030
Gebäude – die Schwerfälligen

Was sind die Klimaziele für 2030?
Bis 2030 sollen die Emissionen des Gebäudesektors im Vergleich zu 1990 um 66 bis 67 Prozent sinken. Sein Ausstoß an CO2-Äquivalenten soll dann bei 72 bzw. 70 Mio. t CO2e liegen.
Wie soll das erreicht werden?
Wesentliche Ansatzpunkte für den Klimaschutz im Gebäudesektor sind derzeit eine Ausweitung der Förderprogramme und die Bepreisung von CO2. So soll die finanzielle Förderung von Gebäudesanierung und des Einsatzes erneuerbarer Wärmeenergien überarbeitet und aufgestockt werden; die Bundesregierung will Sanierungen auch steuerlich fördern. Zusätzlich ist geplant, den CO2-Ausstoß aus Heizungsanlagen zu bepreisen und damit die Nutzung von fossilen Brennstoffen wie Heizöl oder Erdgas zu verteuern.
Wo steht der Gebäudesektor aktuell?
Etwa 25 Prozent der deutschen CO2-Emissionen gehen auf den Gebäudesektor zurück. Zwar wurden bereits zahlreiche Modernisierungen umgesetzt, doch nach wie vor fehlen umfassende, tiefergehende Sanierungen etwa von Dächern oder Außenwänden. Eine große Herausforderung wird es sein, den verbleibenden Energiebedarf für Heizung und Warmwasser aus erneuerbaren Quellen zu decken – hier fehlt es bislang an einer strategischen Planung der zukünftigen Versorgung.
Welche konkreten Maßnahmen sind nun notwendig?
Die Studie „Klimaneutraler Gebäudebestand 2050“ des Öko-Instituts für das Umweltbundesamt zeigt, dass eine umfassende Gebäudesanierung sowie ein verstärkter Einsatz von regenerativen Energien notwendig sind, um wirksamen Klimaschutz im Gebäudesektor zu erreichen. Im Rahmen der Analyse, die gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme erstellt wurde, betont das Projektteam aber auch, dass es geeignete politische Maßnahmen braucht, um wirksamen Gebäudeklimaschutz umzusetzen. So genügt es aus Sicht des Öko-Instituts nicht, allein finanzielle Mittel für die Sanierungsförderung zur Verfügung zu stellen. Es muss auch sichergestellt werden, dass sie abgerufen und zielführend genutzt werden. Notwendig sind ambitionierte Emissionsstandards für Gebäude und eine Austauschpflicht für veraltete Heizkessel. Fördermittel sollten auf Sanierungsmaßnahmen beschränkt werden, die zum langfristigen Ziel eines klimaneutralen Gebäudesektors passen. Und der CO2-Preis muss so hoch angesetzt werden, dass er bei den Hauseigentümern und -eigentümerinnen wirkungsvolle Impulse zu Gunsten der Gebäudesanierung setzt.
Darüber hinaus verdeutlicht das Öko-Institut im Policy Paper „Das Handwerk als Umsetzer der Energiewende im Gebäudesektor“, dass für eine Erhöhung der Sanierungsquote sichergestellt werden muss, dass ausreichend Handwerkerinnen und Handwerker bereitstehen, um die Arbeiten auch durchzuführen. Nach einer groben Schätzung sind in den relevanten Gewerken mindestens 100.000 zusätzliche Fachkräfte nötig – und hierfür Programme, die einen gut ausgebildeten Nachwuchs im Handwerk ermöglichen. Dies zeigt auch, dass konsequenter Klimaschutz im Gebäudebereich Arbeitsplätze schafft.
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Der Physiker und Energiewirtschaftler Dr. Veit Bürger befasst sich am Öko-Institut mit vielen unterschiedlichen Facetten des Klima- schutzes im Gebäudesektor. Für dessen nachhaltige Transformation entwickelt und bewertet der stellvertretende Leiter des Bereichs Energie & Klimaschutz (Freiburg) Politikinstrumente. Darüber hinaus befasst er sich etwa mit der Förderung für die Nutzung von erneuerbaren Energien bei der Wärmeerzeugung.
Kolumne „Die Wärmewende. Für mehr Klimaschutz im Gebäudebereich“ im Magazin eco@work
Themenseite „Wärmewende. Was den Klimaschutz im Gebäudesektor voran bringt“
Artikel „Wärmewende – ein hoher CO2-Preis reicht nicht“ auf dem Blog des Öko-Instituts
Pressemitteilung „Bremst Handwerkermangel die Energiewende aus?“
Policy Paper „Das Handwerk als Umsetzer der Energiewende im Gebäudesektor“
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