Ausgabe: März 2023, Eine gemeinsame Aufgabe – Mitmachen bei der sozial-ökologischen Transformation


Arbeit / Rückblick

Intelligenz mit Grenzen

Für ein zukünftiges deutsches Endlager für hochradioaktive Abfälle müssen Unmengen geologischer Daten ausgewertet und hochkomplexe Prozesse modelliert werden – so etwa mit Blick auf die langfristige Sicherheit. Klingt wie eine perfekte Aufgabe für künstliche Intelligenz (KI). Und tatsächlich eignet sie sich dazu, den Prozess der Suche nach einem Endlager­standort zu unterstützen – aber eben auch nicht mehr, wie das Projekt „Anwendung der künstlichen Intelligenz (KI) für die Standortauswahl von tiefen geologischen Endlagern“ im Auftrag des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zeigt. Gemeinsam mit der TU Clausthal hat das Öko-Institut die Möglichkeiten des Einsatzes von KI verdeutlicht. Bei der Bewertung des geologischen Untergrunds kann sie durchaus hilfreich sein. „Sie kann große Datenmengen verarbeiten oder Datensätze gegenprüfen“, sagt Judith Krohn vom Öko-Institut, „zudem kann künstliche Intelligenz Fehler aufspüren und Unstimmigkeiten identifizieren.“ Unter bestimmten Voraussetzungen eigne sie sich auch dazu, komplexe und gekoppelte geologische Prozesse zu modellieren und zu berechnen, da hier herkömmliche Methoden an ihre Grenzen stoßen.

„Geologische Daten sollten aber vor allem mit klassischen Methoden erhoben und ausgewertet werden. Künstliche Intelligenz sollte hier nur flankierend zum Einsatz kommen“, sagt Krohn. Die Wissenschaftlerin betont: KI könne verzerrte oder sogar falsche Ergebnisse liefern – je nachdem, mit welchen Daten sie gefüttert wird und welche Vorannahmen bei ihrer Programmierung getroffen wurden. „Daher ist es wichtig, dass ihre Ergebnisse stets reflektiert und einem Plausibilitätscheck unterzogen werden. Die weitreichenden Entscheidungen, die für ein deutsches Endlager notwendig sind, dürfen nie alleine auf Basis dieser Ergebnisse getroffen werden“, sagt die Projektleiterin aus dem Bereich Nukleartechnik und Anlagensicherheit. Die mit der künstlichen Intelligenz erzielten Resultate seien zudem für die Öffentlichkeit intransparent und daher oft nicht nachvollziehbar. „Es besteht daher das Risiko, dass viele Menschen die Auswertungen nicht akzeptieren. Das gilt auch für die Frage, ob die hohen Datenmengen aus den Beteiligungsverfahren durch KI-Verfahren verarbeitet werden sollten.“

Weitere Informationen zum Artikel
Ansprechpartnerin und Ansprechpartner am Öko-Institut
Judith Krohn
Nukleartechnik & Anlagensicherheit
Büro Darmstadt
Tel.: +49 6151 8191-160
E-Mail schreiben
Dr. Florian Krob
Nukleartechnik & Anlagensicherheit
Büro Darmstadt
Tel.: +49 6151 8191-142
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