Ausgabe: März 2015, Biomasse – Nachhaltige Produktion und Nutzung
Im Fokus
„Die Energiebereitstellungseinheiten werden sich verkleinern“
Im Interview: Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän (Deutsches Biomasseforschungszentrum)

Wie können nachwachsende Ressourcen den besten Beitrag zum Energiesystem leisten? Diese Frage ist für Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän zentral beim Blick auf das Thema Bioenergie. Die Bereichsleiterin Bioenergiesysteme am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) und Leiterin des Departments Bioenergie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) geht davon aus, dass sich Energiebereitstellungseinheiten in Zukunft verkleinern und damit auch Bioenergie im Verbund mit anderen Energien gezielter eingesetzt werden kann.
Prof. Thrän, was ist der beste Beitrag von Bioenergie?
Das ist eine gesellschaftliche und eine wissenschaftliche Frage. Denn der beste Beitrag ist von den Möglichkeiten und Grenzen der Bioenergie ebenso abhängig wie von den Zielen der Gesellschaft. Nehmen wir etwa die Ziele Klimaschutz und Versorgungssicherheit – schon sie können widersprüchlich sein. Wenn es darum geht, Klimagase einzusparen, muss ich meinen Fokus vor allem auf den Stromsektor legen, wollen wir uns unabhängiger von Krisenregionen machen, dann ist die Relevanz des Verkehrs höher. Man muss die vielen unterschiedlichen Fragen nach Klimaschutz und Versorgungssicherheit, aber auch Landnutzung, Ressourcenverfügbarkeit, Ernährungssicherung oder auch verfügbaren Technologien integriert betrachten, um diese Frage zu beantworten.
Welche Rolle wird Bioenergie in Zukunft spielen?
Es wird nicht um die Menge an Bioenergie gehen, sondern um ihre Qualität. Die Energiebereitstellungseinheiten werden sich verkleinern. Es wird viel darum gehen, gezielt Lücken zu schließen, die durch andere Energieträger nicht geschlossen werden können, und verschiedene Energieangebote zu verbinden. Strom aus Biomasse etwa sollte dann bereitgestellt werden, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Es ist wichtig, mögliche Kopplungsnutzung zu betrachten.
Was heißt das konkret?
Die kombinierte stoffliche und energetische Verwendung erhöht die Effizienz der Biomassenutzung. Das passiert heute schon. So fällt etwa bei der Biodieselproduktion ein Presskuchen an, der im Futtermittelmarkt genutzt wird. Auch bei Holz gibt es diese Verknüpfungen – jedes Kilo wird in Europa schon heute 1,6 Mal genutzt. Die Koppelnutzung ist allerdings nicht so einfach, der Ausbau wird schrittweise passieren. Hier sollte man nicht zu schnell zu viel erwarten.
Wie sehen Sie die Akzeptanz von Bioenergie in der Gesellschaft?
Akzeptanz hat meiner Ansicht nach viel damit zu tun, wie viel man darüber weiß und wer wirklich etwas davon hat. Das war auch das Problem mit E10, bei dem die Akzeptanz ja inzwischen gestiegen ist. Aber bei seiner Einführung wollte das weder die Mineralöl- noch die Automobilindustrie. Und die Verbraucher wussten auch nicht genug, warum sie E10 nutzen sollen. Man muss sich mehr mit Teilhabe und räumlicher Integration auseinander setzen. Wenn es zum Beispiel in der Gemeinde eine Biogasanlage gibt, für die regional ansässige Landwirte die Rohstoffe liefern und die Wärme gleichzeitig das Dorf versorgt, ist die Akzeptanz automatisch höher.
Welche Möglichkeiten gibt es für den Einsatz von Biokraftstoffen in der Luftfahrt?
Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, die sich mit ölhaltiger Biomasse, Algenöl oder auch der Umwandlung von Biomasse zu Synthesegas und dann zu Bio-Kerosin befassen. Es ist nachgewiesen, dass man Biokraftstoffe hier einsetzen kann, viele Airlines haben das schon ausprobiert. Schwierig ist jedoch, dass diese Biokraftstoffe teurer sind als fossiles Kerosin.
Wie könnten Biokraftstoffe in diesem Bereich trotzdem gefördert werden?
Verbindliche Verpflichtungen zum Klimaschutz der Luftfahrt wären ein Weg. Hier müssen auf jeden Fall internationale Lösungen gefunden werden. Das heißt auch, dass es die passenden Infrastrukturen an den weltweit größten Flughäfen und wichtigsten Drehkreuzen bräuchte. Und natürlich sind Vorreiter notwendig, so etwa Fluggesellschaften, die Biokraftstoffe im regelmäßigen Betrieb erproben und nicht nur auf einzelnen Flügen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christiane Weihe.
Im Interview mit eco@work:
Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän, Bereichsleiterin Bioenergiesysteme am DBFZ.
Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän
Leiterin Department Bioenergie (BEN)
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ
Bereichsleiterin Bioenergiesysteme (Bereich BS)
Deutsches Biomasseforschungszentrum GmbH (DBFZ)
Tel.: +49 341 2434-435
Daniela.Thraen--at--dbfz.de
Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän studierte Technischen Umweltschutz an der TU Berlin und hat an der Bauhaus-Universität Weimar zum Thema „Stoffstrommanagement in ländlich-strukturschwachen Regionen – Analyse, Zielbestimmung und Bewertung des Holzhaushaltes in einer nachhaltigen Regionalentwicklung“ promoviert. Sie ist Bereichsleiterin Bioenergiesysteme am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) sowie Leiterin des Departments Bioenergie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Darüber hinaus ist Prof. Dr.-Ing. Daniela Thrän Inhaberin des Lehrstuhls Bioenergiesysteme an der Universität Leipzig (Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement, IIRM) sowie Mitglied des Bioökonomierats der Bundesregierung.
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