Spenden

Wasser: eine vernachlässigte Ressource

Was ist eigentlich mit Wasser? Gerade hier in Deutschland scheint diese Ressource so alltäglich und selbstverständlich, dass ihr Schutz oft keine besonders große Priorität genießt. Dabei ist der Handlungsbedarf enorm, weltweit gesehen.

Wasserschutz in Lieferketten beachten

Wasserschutz in unseren Lieferketten

Was ist eigentlich mit Wasser? Gerade hier in Deutschland scheint diese Ressource so alltäglich und selbstverständlich, dass ihr Schutz oft keine besonders große Priorität genießt. Dabei ist der Handlungsbedarf enorm, weltweit gesehen. Schon heute leidet rund die Hälfte der Bevölkerung in Teilen des Jahres unter Wasserknappheit. Und obwohl der Zugang zu sauberem Wasser ein Menschenrecht ist, hatten 2022 insgesamt 2,2 Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang dazu. Betrifft uns nicht? Weit gefehlt. Denn 86 Prozent des deutschen Wasserbedarfs entsteht im Ausland, wo Unternehmen für den heimischen Markt produzieren.

Für Melanie Pietschmann und Lara Schmitt, Wissenschaftlerinnen am Öko-Institut, steht der Wasserschutz in Lieferketten daher ganz oben auf der Agenda. Schon in ihren Masterarbeiten haben sie sich beide mit ihm beschäftigt. Das haben sie mit dem von der Stiftung Zukunftserbe geförderten Projekt „Wasserverantwortung als unternehmerische Sorgfaltspflicht“ fortgesetzt. Dieses widmet sich der Frage, wie negative Wasserauswirkungen von globalen Lieferketten mit unternehmerischen Sorgfaltspflichten adressiert werden können.

Unternehmen sollten mehr Verantwortung für die Wasserrisiken in ihren Lieferketten übernehmen. Das stärkt auch deren Resilienz.
Melanie Pietschmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Umweltrecht & Governance

Wasserschutz ist in den Lieferketten dringend notwendig, aber bislang spielt er in den Unternehmen eine untergeordnete Rolle. „Wasserschutz ist in Unternehmen bislang kaum strategisch verankert. Noch immer zählt bei Produktions- oder Beschaffungsentscheidungen vor allem Gewinnmaximierung. Die Auswirkungen auf die Umwelt – so etwa durch Wasserverschmutzung – werden häufig nicht berücksichtigt“, sagt Melanie Pietschmann. Der Großteil der Wasserrisiken entstehe in den vorgelagerten Stufen der Lieferkette, etwa beim An- und Abbau von Rohstoffen. So zum Beispiel in der Textilindustrie: der Anbau von Baumwolle ist sehr wasserintensiv. In wasserarmen Ländern wie Pakistan oder Usbekistan führt die Bewässerung von Baumwollfeldern zu einer massiven Übernutzung lokaler Wasserressourcen. „Hinzu kommt, dass bei der Weiterverarbeitung – etwa beim Färben oder Bleichen von Stoffen – häufig Chemikalien in Flüsse und Grundwasser gelangen.“ In der Analyse haben sich die Wissenschaftlerinnen mit der betrieblichen Umsetzung wasserbezogener Sorgfaltspflichten befasst. „Es ist zentral, dass Unternehmen regelmäßig Wasserrisiko-Analysen entlang ihrer gesamten Lieferketten durchführen und dabei unter anderem Verbrauch und Verschmutzung erheben“, sagt Pietschmann.

 

Unternehmerische Sorgfaltspflichten können ein wichtiges Instrument für den Wasserschutz sein. Sie schaffen ein Bewusstsein für die Auswirkungen der Lieferketten auf Mensch und Umwelt.
Lara Schmitt
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Umweltrecht & Governance

Die Wissenschaftlerinnen haben sich mit dem deutschen und dem europäischen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beschäftigt und betrachten sie als gute Instrumente, weil sie Bewusstsein für die Auswirkungen der Lieferketten auf Mensch und Umwelt schaffen. „Damit es eine größere Wirkung gibt, müssen die gesetzlichen Vorgaben aber klarer und verlässlicher sein. Derzeit wird das europäische Lieferkettengesetz wieder neu verhandelt,“ erklärt Lara Schmitt. So plant die EU im Rahmen des so genannten Omnibus-I-Pakets, die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in den Lieferketten wieder abzuschwächen. Diese sollen sich unter anderem nur noch auf den eigenen Geschäftsbereich und direkte Geschäftspartner*innen erstrecken. „Dabei liegen die Hauptprobleme weiter vorne in den Lieferketten. Das sieht man etwa im Maschinenbau. Hier gibt es etwa bei der Rohstoffgewinnung hohe Wasserrisiken – zum Beispiel mit Blick auf sinkende Grundwasserspiegel aufgrund von Grubenentwässerung oder Wasserverschmutzung durch Schwermetalleinträge und die Freisetzung von Schadstoffen.“

Langfristig könnte es zu großen Konflikten um Süßwasser kommen, verschärft auch durch die Klimaerwärmung.
Melanie Pietschmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Umweltrecht & Governance

Insgesamt sei Wasserschutz in Lieferketten auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit. „Während deutsche Unternehmen Gewinne erzielen, tragen Menschen in Produktionsländern die sozialen und ökologischen Kosten“, so Pietschmann. Oftmals gebe es in den Produktionsländern geringe Umweltauflagen oder eine zu geringe Durchsetzung durch die Institutionen.

Wasser sei nicht wichtiger als andere Umweltthemen, so die Wissenschaftlerin, aber ohne Frage ein lebenswichtiges, öffentliches Gut. Eines, mit dem an vielen Orten nicht nachhaltig umgegangen wird. Und eines, dessen Bedeutung sich zentrale Akteure zu wenig bewusst machen. „Laut Prognosen wird bis 2030 die Nachfrage nach Wasser das Angebot weltweit um 40 Prozent übersteigen, was sich jedoch regional sehr unterschiedlich auswirken wird. Vor diesem Hintergrund ist es erschreckend, wie wenig auf politischer Ebene über Wasserschutz gesprochen wird.“

Es braucht eine bessere Zusammenarbeit von Unternehmen zum Beispiel in Form von Brancheninitiativen.
Lara Schmitt
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Umweltrecht & Governance

In ihrer Analyse haben die Wissenschaftlerinnen auch Good Practices beim Thema Wasser betrachtet. „Dabei zeigte sich, dass etwa ein Engagement in Brancheninitiativen und Austauschplattformen sowie die regelmäßige Durchführung von Risikoanalysen mit etablierten Leitfäden sehr wirkungsvolle Instrumente sein können“, sagt Schmitt. Für einen wirksamen Wasserschutz müssten alle relevanten Akteure zusammenarbeiten. Unternehmen und Zulieferer ebenso wie Behörden und lokale Gemeinschaften. 

Wenn sie sich etwas wünschen könnte, wäre das für Melanie Pietschmann zudem ein Wasserfußabdruck auf Produkten. „Dieser würde Unternehmen dazu veranlassen, sich mit ihrem Wasserverbrauch auseinanderzusetzen und könnte gleichzeitig bei uns Konsument*innen in unserem Einkauf mehr Bewusstsein für das unsichtbare Wasser schaffen.“

Melanie Pietschmann und Lara Schmitt sind Wissenschaftlerinnen im Bereich Umweltrecht & Governance des Öko-Instituts.

 

Weitere Informationen auf der Website des Öko-Instituts

Pressemitteilung: Wasserschutz ist Menschenrecht

Studie: Wasserverantwortung als unternehmerische Sorgfaltspflicht?

Factsheet: Sorgfaltspflicht trifft Wasserrisiko. Wie Unternehmen und Politik Wasserschutz in Lieferketten stärken können

Infografik: Wasserrisiken entlang der Lieferkette. Überblick am Beispiel einer vereinfachten Lieferkette im Maschinenbau

Keine Kommentare

Neuer Kommentar

* Pflichtfelder