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Mut zur Veränderung

Die kommunale Verkehrswende steht vor vielen Herausforderungen. Fair spaces erstellt für Kommunen Mobilitätskonzepte für weniger Auto- und mehr Fuß-, und Radverkehr. Wir haben mit der Geschäftsführerin Carolin Kruse darüber gesprochen, was es für eine gelungene Mobilitätswende braucht und wie nachhaltige und gerechte Mobilität das Leben aller verbessern kann.
Fahrradweg

Wer in Berlin von einer Nebenstraße auf eine Hauptstraße fährt, verlässt die Zuständigkeit des Bezirks und biegt in jene des Senats ein. Und oft haben beide nicht unbedingt dieselbe Ansicht, wie Mobilität in der Hauptstadt aussehen sollte. Die kommunale Verkehrswende steckt voller Herausforderungen. „Das größte Problem ist für Städte und Gemeinden derzeit der Fachkräftemangel – es fehlt an allen Ecken und Enden an Verkehrsplaner*innen, zahllose Stellen sind unbesetzt und dauerausgeschrieben. Dadurch können sie Dinge nicht umsetzen, die Fachkompetenz erfordern, und gleichzeitig keine Fördermittel beim Bund beantragen. Dies ist sehr aufwendig und bürokratisch, dafür braucht es Fachleute“, sagt Carolin Kruse, Gründerin und Geschäftsführerin von fair spaces. Die Mobilitätsberatungsagentur unterstützt Kommunen dabei, gerechte und nachhaltige Mobilität zu gestalten.

Wille, Mut, Konzept

Oft fehle auch einfach der politische Wille, wirklich etwas zu verändern. Nicht zuletzt aus der Angst, nicht wiedergewählt zu werden.

Porträt Carolin Kruse
Es braucht natürlich auch Mut, neue Dinge wie etwa KIezblocks auszuprobieren, die den Autoverkehr in den Städten reduzieren. Denn oftmals wird gegen solche Veränderungen geklagt.
Carolin Kruse
Gründerin und Geschäftsführerin der Mobilitätsberatungsagentur fair spaces in Berlin

„Aus meiner Sicht ist das aber Teil des Wegs. Denn aus solchen Klagen lernen die Verwaltungen, alternative Mobilitätskonzepte rechtssicher umzusetzen“, sagt Kruse. Lange war auch das Straßenverkehrsgesetz ein starkes Hemmnis für die kommunale Verkehrsplanung. „Seit seiner Aktualisierung 2024 ist es für die Kommunen nun einfacher geworden, Tempo 30 einzuführen und Busspuren sowie Rad- und Fußwege einzurichten.“

fair spaces erstellt für Kommunen Mobilitätskonzepte, die dabei helfen, den Autoverkehr zu reduzieren und gleichzeitig den ÖPNV, Fuß- und Radwege auszubauen. „Darüber hinaus führen wir Beteiligungsverfahren durch. Dabei wollen wir nicht nur die üblichen Verdächtigen erreichen, die sowieso schon informiert und engagiert sind. Sondern auch jene Anwohner*innen, die sich sonst vielleicht nicht beteiligen würden. Deswegen gehen wir mit unterschiedlichen Formaten in die Bezirke und sprechen mit ihnen. Bürger*innen sind oft die besten Expert*innen, wenn es um Veränderungsprozesse geht.“ Ein drittes Standbein der Agentur ist die Mobilitätsbildung. So produziert sie etwa den Podcast Radwissen, der wissenschaftliche Erkenntnisse nutzerfreundlich aufbereitet.

Klein anfangen, Großes erreichen

In vielen Städten fehlt es noch an der Umsetzung eines übergeordneten Plans für die Verkehrswende wie etwa eines Sustainable Urban Mobility Plans, kurz SUMP. „Das hat aber auch was damit zu tun, dass es gerade in großen Städten mit vielen Bezirken viele unterschiedliche Zuständigkeiten gibt“, sagt die Mobilitätsexpertin. Auch erarbeiten viele Kommunen derzeit erst einen SUMP – bis diese Pläne dann konsequenten umgesetzt werden können, wird es noch mehrere Jahre dauern. „Daher ist es mitunter auch gut, einfach mal klein anzufangen und Dinge umzusetzen, die Veränderungen für die Bürger*innen bringen. Das verleiht oft weiteren Projekten den nötigen Schwung.“

Wer mit Carolin Kruse spricht, spürt eine hohe Motivation für ihre Arbeit. „Es ist schön, dass wir mit unseren Projekten das Leben der Menschen vor Ort ganz konkret verändern können. Eine nachhaltige und gerechte Mobilität bringt mehr Gesundheit, mehr Sicherheit und eine höhere Lebensqualität. Davon profitieren alle.“

Gemeinsam und sozial gerecht

Alleine schon deshalb sollte sich die Politik stärker für eine Mobilitätswende in Städten und Gemeinden engagieren. „Es gibt hier viele Wege, etwas zu erreichen. So sollten Planungsprozesse vereinfacht und beschleunigt und die entsprechenden Stellen attraktiver für Planende werden. Auch sollte der Personaleinsatz flexibler werden. Es gibt ein schönes Beispiel aus Holland, wo Expert*innen aus Planungsbüros phasenweise in den Kommunen arbeiten. Das ist für beide Seiten gut: Die Planer*innen lernen etwas über die Arbeitsweisen der Verwaltung und diese kommt mit alternativen Modellen in Berührung.“ Die Niederlande sind auch in einem anderen Punkt ein positives Beispiel für Carolin Kruse. „Alles, was dort in einem Stadtgebiet liegt, liegt auch in der Verantwortung der Stadt. Da gibt es diese unterschiedlichen Zuständigkeiten für Neben- und Hauptstraßen nicht.“ Wichtig sei es zudem, die sozial schwächeren Gebiete besonders im Blick zu behalten – „Die Menschen, die hier leben, haben oft überhaupt nicht die Zeit, sich mit solchen Themen auseinander zu setzen.“ – und breite Bündnisse für die kommunale Mobilitätswende zu schmieden. „Wenn es ein breites Bekenntnis unterschiedlicher Akteur*innen gibt, die Mobilität nachhaltiger und sozialer zu gestalten, ist die Umsetzung deutlich einfacher.“

Carolin Kruse ist Gründerin und Geschäftsführerin der Mobilitätsberatungsagentur fair spaces in Berlin. Diese berät und unterstützt Kommunen dabei, eine nachhaltige und gerechte Mobilität umzusetzen.

 

Weitere Informationen

Artikel im Magazin eco@work: Mit Mut und Planung. fair spaces – Räume für gerechte und nachhaltige Mobilität

Website von fair spaces

 

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