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Mit dem FÖJ auf der SB62: Einblicke in die UN-Klimakonferenz

Die 62. Tagung der Nebenorgane der UN-Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (kurz SB62) fand vom 16. bis 26. Juni 2025 in Bonn statt. Die FÖJler*innen Dhruv Dhabe und Marina Motz aus dem Berliner und Freiburger Büro des Öko-Instituts waren bei den internationalen Klimagesprächen dabei und berichten von ihren Erfahrungen vor Ort.

FÖJler*innen Marina Motz und Dhruv Dhabe bei der SB62 in Bonn

Es ist 06:40 Uhr morgens und wir sitzen zusammen mit einer Gruppe junger Menschen des Stipendienwerks Villigst, des Cusanus Werkes und einer NGO aus Mittelamerika im Bus zum Konferenzgelände der SB62. Die SB62 ist die 62. Sitzung der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und legt den Grundstein für die Entscheidungen, welche diesen November auf der Weltklimakonferenz COP 30 in Belém, Brasilien, getroffen werden. Obwohl wir uns zusammen mit den anderen Gruppenmitgliedern seit einem halben Jahr thematisch intensiv mit den internationalen Klimaverhandlungen auseinandergesetzt, verschiedenste Akronyme gelernt und detaillierte Tagespläne geschrieben haben, steigt spätestens jetzt die (An-)Spannung. Denn was uns hinter der Sicherheitskontrolle am Eingang des Konferenzgebäudes wirklich erwarten wird, können wir zu diesem Zeitpunkt nur mutmaßen.

Dhruvs Rückblick auf die SB62

Während der SB62 durfte ich tiefer in zwei Themenbereiche eintauchen, die mich schon lange bewegen: internationale Klimafinanzierung und die Rolle gesunder Böden im Kontext von Klimaresilienz. Ich war als Teil der YOUNGO Climate Finance Working Group vor Ort – ein junges, vielfältiges Netzwerk, das offizielle Beiträge zu den Verhandlungen leistet und gleichzeitig Räume schafft, in denen junge Stimmen gehört werden.

Besonders prägend war für mich das bilaterale Gespräch mit Hendrikje Reich, Deutschlands Chefunterhändlerin für Klimafinanzierung, das ich gemeinsam mit anderen jungen Kolleg*innen mitmoderieren durfte. Wir sprachen über zentrale Themen wie Transparenz und Zugang zum neuen Klimafinanzierungsziel (NCQG, New Collective Quantified Goal) sowie über die sogenannte Baku–Belém-Roadmap, die den Weg zur COP30 in Brasilien markiert. Es war inspirierend, direkt mitzuerleben, wie sachlich und offen der Austausch zwischen jungen Vertreter*innen und politischen Entscheidungsträger*innen geführt werden kann – wenn die Räume dafür geschaffen werden.

Parallel dazu arbeitete ich eng mit der internationalen Initiative Conscious Planet – Save Soil sowie der Farmers & Agriculture Constituency zusammen. Gemeinsam hoben wir die Bedeutung von Bodenwiederherstellung als Schlüssel für klimaresiliente Landwirtschaft hervor. Ein persönliches Highlight war es, an der Formulierung der offiziellen Abschlusserklärung der Farmers Constituency mitwirken zu können – ein Text, der schließlich im Plenarsaal der Konferenz verlesen wurde.

Ein weiteres bedeutendes Erlebnis war das bilaterale Treffen mit der EU-Präsidentschaft, an dem ich ebenfalls inhaltlich beteiligt war. In einem intensiven Dialog mit Vertreter*innen der Europäischen Kommission, Deutschlands, Polens und Dänemarks diskutierten wir unter anderem über die Finanzierung von Verlusten und Schäden sowie über die Rolle naturbasierter Lösungen im Kontext europäischer Klimafinanzierung. Hier hatte ich die Möglichkeit, gemeinsam mit der Save Soil-Delegation – einer weltweiten Initiative von Politiker*innen, Influencer*innen und Bürger*innen zum Schutz und der Renaturierung der Böden – Fragen zur Einbindung von Zivilgesellschaft und zur Rolle gesunder Böden direkt an die politischen Entscheidungsträger*innen zu richten.

Bilaterales Treffen mit Hendrikje Reich vom BMZ (2. von links; Dhruv an 4. Stelle von rechts)

 

Was mich besonders beeindruckt hat, war die Mischung aus institutioneller Ernsthaftigkeit in den Verhandlungen und gleichzeitig dieser lebendige, kreative Austausch auf den Fluren, in der Zivilgesellschaft und in spontanen Diskussionen zwischen den Sitzungen. Konferenzalltag bedeutete für mich: morgens im Plenum, nachmittags bei einem Side Event, dazwischen ein Austausch mit Aktivist*innen aus Lateinamerika oder ein kurzer Spaziergang im Hof, um durchzuatmen.

Die SB62 war für mich eine intensive, fordernde und gleichzeitig enorm bereichernde Erfahrung. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, sich auf komplexe Prozesse einzulassen, zuzuhören, sich zu positionieren und dabei nie den größeren Zusammenhang aus den Augen zu verlieren: Klimagerechtigkeit fängt nicht erst in den Verhandlungen an, sondern in der Art und Weise, wie wir miteinander ins Gespräch kommen.

Marinas Erfahrungen auf der SB62

Da es bei einer Konferenz mit über 9000 Teilnehmenden zur Unmöglichkeit wird, jeden Verhandlungsstrang und jede Veranstaltung mitzuverfolgen, habe ich mich bereits im Vorhinein dazu entschieden, meinen Fokus auf Debatten rund um die „Gerechte Transformation“ zu legen. Dieser Ansatz – geprägt durch die Umwelt- und Arbeitendenbewegung – beschäftigt sich nicht nur mit Fragen der sozialgerechten Energie- und Arbeitsmarkttransformation, sondern schreibt auch grundlegende Gerechtigkeitsfragen und -vorstellungen auf die Tagesordnung. Auf der SB62 wurden neben den Verhandlungen zum „Arbeitsprogramm für einen gerechten Übergang“ auch Konzepte zur Implementierung einer Gerechten Transformation in die Realität diskutiert. Während einige Staaten es als ausreichend betrachten, bestehende UN-Strukturen zu reformieren und transparenter, gerechter und zugänglicher zu gestalten, fordern andere die Einführung eines neuen Mechanismus, um die Gerechtigkeit in internationalen Prozessen zu garantieren. Eine Entscheidung in diesem Punkt ist hoffentlich im November zu erwarten.

Meine persönliche Erfahrung auf der SB62 war geprägt von vielen Höhen und Tiefen. Ich habe die Konferenz als einen Raum mit ganz eigenen Regeln, vielen Widersprüchen, aber mindestens genauso viel Hoffnung, Gemeinschaft und Inspiration wahrgenommen. So war es während den Verhandlungen sehr interessant zu beobachten, wie verschiedene Allianzen zusammenarbeiten, auf welche Wortwahl die einzelnen Gruppen wert legen oder wie die Moderation vorgeht, um einen strukturierten Dialog zu garantieren. Außerdem haben die Verhandlungen nochmals mein Bewusstsein dafür geschärft, wie hart erkämpft und dennoch fragil internationale Einigungen sind. So wurde beispielsweise das Senken von Emissionen oder der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen an verschiedenen Stellen in Frage gestellt und versucht, diese Einigungen aus Textentwürfen zu streichen.

Solche regressiven Tendenzen, die fehlende Anerkennung des Globalen Nordens die eigene historische Verantwortung für Emissionen zu übernehmen oder das Stillschweigen der Rolle unseres Wirtschaftssystems in der Verursachung der Klimakrise, verlangsamt den von Natur aus komplexen Verhandlungsprozess. Besonders vor dem Hintergrund, dass Menschen bereits jetzt durch die Auswirkungen der Klimakrise ihr Leben verlieren, war dies sehr enttäuschend und frustrierend zu beobachten.

Umso wichtiger war es für mich zu erleben, wie produktiv und verbindend das Gefühl von Frustration sein kann. Somit fanden die eindrücklichsten Momente für mich persönlich nicht im großen Verhandlungsraum, sondern vielmehr auf den Seitenlinien der Konferenz statt. Ich erinnere mich beispielsweise genau an die Scharfsinnigkeit der Aktivist*innen, welche während Podiumsdiskussionen und Redebeiträgen die klarsten Worte für die komplexesten Problematiken gefunden, junge Menschen, die durch Interventionen und kritische Fragen den Dialog bereichert oder Wissenschaftler*innen, welche durch die Vorstellung ihrer Arbeit wichtige thematische Einblicke vermittelt haben.

 

Protestaktion der Zivilgesellschaft auf der SB62

Abschließend kann ich sagen, dass die SB62 für mich eine sehr intensive und lehrreiche Erfahrung war. Obwohl die Konferenz jetzt schon eine paar Wochen zurückliegt, verfolge ich weiterhin die aktuellen Entwicklungen rund um das internationale Ringen nach Möglichkeiten mit dem Klimawandel umzugehen.

+++

Wir bedanken uns vielmals beim Öko-Institut und besonders bei Dr. Lambert Schneider für die unglaubliche Möglichkeit und das riesige Privileg an der Konferenz teilnehmen zu dürfen!

 

Marina Motz und Dhruv Dhabe absolvieren beide ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) am Öko-Institut.

 

Weitere Informationen

Einblicke von der Konferenz auf Instagram @oekoinstitut mit dem Storyhighlight „SB62

 

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