3 Fragen an den Vorstand: Prof. Dr. Thomas Schomerus

© Brinkhoff-Moegenburg / Leuphana
Um ihn noch ein bisschen besser kennenzulernen, haben wir Thomas drei Fragen gestellt:
Frage 1: Du warst unter anderem in der Hamburger Umweltbehörde tätig, bist seit 1996 Professor für Öffentliches Recht und warst von 2014 bis 2021 Richter am Oberverwaltungsgericht im 2. Hauptamt. An welchen Themen arbeitest du als Vorstandsmitglied beim Öko-Institut?
Ich versuche, meine langjährigen Erfahrungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung sowie nicht zuletzt in Forschung und Lehre in meine Vorstandstätigkeit beim Öko-Institut einzubringen. Als Umwelt- und Energiejurist blicke ich durch die juristische Brille auf die vielen Herausforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz. Da ich selbst ständig an interdisziplinären Forschungsprojekten beteiligt bin, bemühe ich mich, die verschiedenen Bereiche des Öko-Instituts auf neue Projektideen aufmerksam zu machen. Ein Beispiel hierfür ist der Bürokratieabbau. Blickt man auf die Koalitionsvereinbarung der gegenwärtigen Bundesregierung, taucht „Bürokratie“ dort 42-mal auf, „Umwelt“ nur noch 29-mal. Es gilt daher, Projektideen zu generieren, wie zum Beispiel Verwaltungsvorgänge vereinfacht werden können, ohne dass es dabei zu Verlusten für den Umwelt- und Klimaschutz kommt. Es kann sogar Bereiche geben, in denen mit Bürokratieabbau mehr Umweltschutz erreicht werden kann. Diese Chancen sollten wir nutzen.
Frage 2: Im letzten Jahr wurde das EU-Renaturierungsgesetz (EU Nature Restoration Law) verabschiedet. Wie beurteilst du die Vorgaben und welche Maßnahmen braucht es in Deutschland, um diese umzusetzen?
Ich sprach kürzlich mit einem für das Renaturierungsgesetz mitverantwortlichen Beamten in der EU-Kommission, der es immer noch nicht fassen konnte, dass der Rat am Ende mit der erforderlichen Mehrheit dem Entwurf zugestimmt hatte. Das ganze Gesetzgebungsverfahren war spannend wie ein guter Krimi, und ich rechne es der ehemaligen österreichischen Umweltministerin Leonore Gewessler hoch an, dass sie gegen ihrem Koalitionspartner ÖVP für das Gesetz gestimmt hat. Natürlich ist das Renaturierungsgesetz vor allem aufgrund von Protesten aus der Agrarlobby erheblich verwässert worden. Dennoch sehe ich darin viele Chancen (und Ideen für neue Projekte). Wenn bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle betroffenen Ökosysteme renaturiert werden sollen, muss für Moore, Flüsse, Wälder etc. zunächst ein Soll-Ist-Vergleich erfolgen, wie weit sie von den Zielen der Verordnung entfernt sind. Darauf aufbauend müssen die nötigen Maßnahmen identifiziert und in die Praxis umgesetzt werden. Nimmt man all das ernst, ist das eine Mammutaufgabe, die uns noch lange beschäftigen wird.
Frage 3: Welche Entwicklungen im Naturschutzrecht in den letzten 2-3 Jahren bewertest du positiv?
Als eine positive Entwicklung bewerte ich das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Hiermit wird dem weit verbreiteten Verständnis entgegengetreten, dass Natur- und Klimaschutz vor allem als Konfliktfeld gesehen werden, insbesondere aufgrund der Eingriffe in Natur und Landschaft durch Windparks. Dass intakte Wälder, Moore, Gewässer, Grünflächen CO2 speichern und wir daher alles tun müssen, um ihren Zustand zu verbessern, wurde von der Bundesregierung erkannt. Gleiches gilt für die Tatsache, dass Verbesserungen im Naturschutz zur Anpassung an Klimafolgen wie Hitze oder Hochwasser beitragen können. Daher wurden für die Zeit von 2024 bis 2028 3,5 Milliarden Euro für entsprechende Maßnahmen bereitgestellt. Es gilt diese Mittel sorgsam und sinnvoll einzusetzen, nicht nur für konkrete Maßnahmen vor Ort, sondern auch für zielgerichtete Forschungsprojekte. Zugleich kann mit dem Aktionsprogramm die Umsetzung und Zielerreichung des EU-Renaturierungsgesetzes gefördert werden.
Weitere Informationen
Webseite zum Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz
Informationen zur Nature Restoration Regulation bei der Europäischen Kommission
Dienstliche Homepage von Prof. Dr. Thomas Schomerus bei der Leuphana Universität Lüneburg