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Dezentral, ressourcenschonend, effizient: Bausteine einer zukunftsfähigen Energieversorgung

Mit welchen Mitteln kann die einst schnell beschlossene Energiewende bis zum Jahr 2050 sinnvoll umgesetzt werden?

Mit welchen Mitteln kann die einst schnell beschlossene Energiewende bis zum Jahr 2050 sinnvoll umgesetzt werden? Was sollten die Schwerpunkte sein und welche Weichen sind frühzeitig zu stellen? Diesen Fragen ging das Öko-Institut im Auftrag der Robert Bosch GmbH in einer Studie nach, die jetzt veröffentlicht wurde: „Dezentral, ressourcenschonend, effizient: Bausteine einer zukunftsfähigen Energieversorgung“

Der Übergang von einer auf Kernenergie und fossilen Energieträgern basierenden Energiewirtschaft hin zu einer zu über 80% durch erneuerbare Energien geprägte Energieversorgung macht eine vollständige Umstrukturierung der Energiewirtschaft notwendig. Und dies nicht nur bei der Erzeugung von Strom und Wärme, sondern auch bei der Nutzung von Energie in allen Lebensbereichen.

Die Rahmenbedingungen sind von der Politik zu gestalten

Ob diese Umstrukturierung der Wirtschaft im anvisierten Zeitrahmen gelingt, hängt wesentlich von den Rahmenbedingungen ab, die von der Politik gestaltet werden müssen.

Die Technologiefelder „Wohngebäude der Zukunft“, „Energieeffizienz in der Industrie“ „Photovoltaik und Windkraft“ und „Stromspeicher“ wurden in der nun vorliegenden Studie für die Energiewende als strategisch relevant identifiziert und deren mögliche Entwicklung über einen Zeithorizont bis zum Jahr 2030 abgeschätzt. Speziell für die vier betrachteten Schlüsseltechnologien stehen folgende Typen von Instrumenten zur Gestaltung des politischen Rahmens zur Verfügung:

  • die Veränderung des Marktdesigns durch geeignete Regulierung, 
  • die Schaffung finanzieller Anreize,
  • sowie ordnungsrechtliche Vorgaben.

Energetische Gebäudesanierung fördern

So ist es zum Beispiel als Flankierung für weiter verschärfte Mindestvorschriften für die energetische Sanierung von Gebäuden erforderlich, einen Förderetat von mindestens zehn Milliarden Euro pro Jahr dauerhaft bereitzustellen. Darüber hinaus sollte dringend die steuerliche Förderung solcher Investitionen wieder eingeführt werden. Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit sollte dies in Form von Steuergutschriften, anstelle einer Abschreibungsmöglichkeit, erfolgen.

Weiterhin sollte die Bundesregierung einen dauerhaften Markt für Energiedienstleistungen schaffen, der nicht von Haushaltsmitteln abhängig ist. Dazu sollten Lieferanten von Energie an Letztverbraucher verpflichtet werden, bei ihren Kunden Energieeffizienz-Maßnahmen durchzuführen, die jährlich 1,5 Prozent des Energieabsatzes des jeweiligen Lieferanten umfassen. Diese Verpflichtung kann über ein System „Weißer Zertifikate“ flexibilisiert werden. Die Bundesregierung sollte ihre Blockade gegenüber einer solchen Lösung im Rahmen der aktuell diskutierten Energieeffizienz-Richtlinie in Brüssel aufgeben.

Förderung für Photovoltaik-Anlagen überarbeiten

Bezüglich der Vergütungen des EEG für Photovoltaik-Anlagen ist es grundsätzlich richtig, durch eine einmalige Absenkung die Vergütung an die Kostenentwicklung im Markt anzupassen und die Vergütungen künftig monatlich weiter abzusenken. Die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung benachteiligen jedoch mittlere und größere PV-Anlagen unverhältnismäßig und sollten daher dringend nachgebessert werden. Anstelle einer Möglichkeit zur kurzfristigen Nachsteuerung der Vergütungssätze per Verordnung sollte der bisherige „atmende Deckel“ geeignet weiter geführt werden.

Mittelfristig ist es jedoch erforderlich, insbesondere die PV-Förderung auf ein intelligenteres Vergütungssystem umzustellen. Ein solches System sollte weiterhin eine zuverlässige Planungsgrundlage für Investoren bieten, zugleich aber zunehmend aktuelle Preissignale aus dem Strommarkt einbeziehen. So wird ein Anreiz für den intelligenten Betrieb der Anlagen, einschließlich zugehöriger Speicher, geschaffen.

Ausgangspunkt Energie-Szenario

Die entwickelten Vorschläge basieren auf der Grundlage eines aktuell erstellten Szenarios über die mögliche Entwicklung von Energieangebot und -nachfrage. Demnach scheint eine Senkung des Energiebedarfs bei Beibehaltung des Lebensstandards und einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung um durchschnittlich 43% bis zum Jahr 2050 erreichbar, bei Wohngebäuden sogar um 60%.

„Bei der weiteren Entwicklung des Energiesystems im Zuge der Energiewende sollte eine „gemäßigt dezentrale“ Strategie verfolgt werden. Das heißt, dass dezentralen Optionen ein Vorrang eingeräumt werden sollte, sofern zentrale Lösungen keine deutlichen ökonomischen oder ökologischen Vorteile bieten.“ erläutert Projektleiter Christof Timpe darüber hinaus.

Zu erschließende Potenziale in den vier Schlüsseltechnologien

  • Technologiefeld 1: „Wohngebäude der Zukunft“ Wohn- und Geschäftsgebäude müssen schneller und intensiver energetisch saniert werden. Die Sanierungsrate muss hierzu auf 2,5 Prozent pro Jahr erhöht werden und die Sanierungstiefe muss ab 2020 einem Passivhaus entsprechen. Gleichzeitig sollten die Gebäude mit hocheffizienten Heizungs- und Klimatechnologien, möglichst auf der Basis Erneuerbarer Energien, ausgestattet werden.
  • Technologiefeld 2: „Energieeffizienz in der Industrie“ Die deutsche Industrie sollte bis 2030 etwa ein Viertel der heute benötigten Energie einsparen. Hierzu bieten insbesondere Querschnittstechnologien wie elektrische Motoren und Pumpen, Druckluftsysteme, Beleuchtung und Kälteanlagen große Potenziale.
  • Technologiefeld 3: Photovoltaik und Windkraft Insbesondere der weitere Ausbau der Windkraft, als „Repowering“ in den nördlichen und durch neue Anlagen in den südlichen Bundesländern, wird dazu beitragen, die Ausbauziele der Bundesregierung für Erneuerbare Energien zu erreichen. Bei der Photovoltaik kann die Gleichstellung zwischen deren Erzeugungskosten einschließlich dezentraler Speicherung, die einen Hohen Grad von Eigenverbrauch ermöglicht, und den Haushaltsstrompreisen bis zum Jahr 2020 erreicht werden.
  • Technologiefeld 4: Stromspeicher Eine zentrale Herausforderung im künftigen Stromsystem ist der Ausgleich von zeitlichen Differenzen zwischen Erzeugung und Nachfrage. Sie kann gelöst werden durch eine intelligente Kombination von Stromspeichern, Steuerung dezentraler Stromerzeuger, nachfrageseitigem Lastmanagement und Netzausbau.

Weitere Informationen

Studie „Dezentral, ressourcenschonend, effizient: Bausteine einer zukunftsfähigen Energieversorgung“

Präsentation von Christof Timpe im Rahmen des energiepolitischen Hintergrundgesprächs der Robert Bosch GmbH am 14. März 2012

Ansprechpartner

Christof Timpe
Bereichsleiter im Institutsbereich Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg
Tel.: +49 761 45295-225
<link>E-Mail Kontakt

Tanja Kenkmann
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institutsbereich Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg
Tel. +49 761 45295-263
<link>E-Mail Kontakt