
Lärmschutz – Regelungen und Maßnahmen zur Lärmminderung
Lärm macht krank. Das weisen zahlreiche Studien aus der Lärmwirkungsforschung nach und auch die Weltgesundheitsorganisation zählt in ihren Leitlinien für Umgebungslärm eine Reihe von Gesundheitsrisiken auf: unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen, Gehörschäden und Tinnitus, kognitive Beeinträchtigungen sowie Auswirkungen auf die Lebensqualität, das allgemeine Wohlbefinden und die mentale Gesundheit.
Daher gehören Lärmschutzmaßnahmen und Lärmvorsorge zu den unumgänglichen Themen, wenn es darum geht, den Schutz der Gesundheit zu sichern. Eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen zielt in Deutschland darauf ab, Mensch und Umwelt vor schädlichen Lärmemissionen zu schützen. So unterschiedlich die Lärmquellen sind, so verschieden gestalten sich auch die Regelungen. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und seinen Verordnungen, beispielsweise in der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV).
Lärmschutz und Lärmvorsorge können auch in eigenen Fachgesetzen geregelt sein, wie etwa für den Luftverkehr, wo im Luftverkehrsgesetz geregelt ist, dass auf die Nachtruhe besonders hinzuwirken ist (Paragraph 29b), während das Fluglärmschutzgesetz Richtwerte für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen vorgibt. Ziel dieser Regelungen ist es primär, Richtwerte für die als zulässig geltenden Lärmbelastungen, Ruhezeiten oder den Anspruch auf baulichen Schallschutz vorzugeben.
Lärmschutzmaßnahmen: Aktiver und passiver Schallschutz
Um Lärm zu reduzieren, existieren prinzipiell zwei verschiedene Ansätze:
- Aktiver Lärmschutz versucht, den Lärm durch Maßnahmen direkt an der Quelle zu vermeiden oder zu reduzieren. Diese können technischer Art sein, beispielsweise durch leisere Maschinen und Motoren oder auch durch einen lärmmindernden Belag auf der Straße. Ruhezeitenregelungen zielen überwiegend darauf ab, nächtliche Störungen zu vermeiden. Weitere aktive Maßnahmen sind Geschwindigkeitsbeschränkungen oder – beim Thema Fluglärm – die Optimierung von Flugrouten. So können Flugzeuge die Landebahn in einer größeren Höhe anfliegen oder über veränderte Routenbeschreibung das Überfliegen von Siedlungsgebieten vermeiden.
- Passive Schallschutzmaßnahmen hingegen schützen die Anwohner*innen vor dem Lärm durch bauliche Maßnahmen. Dies können Schallschutzfenster sein sowie Dach- oder Rollladenkastendämmungen. Werden Wohnungen geplant, ist auch die Grundrissgestaltung von Bedeutung – etwa durch die Platzierung der Schlafzimmer auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes.
Lärm ist nicht gleich Lärm
Ob Menschen eine Lärmsituation als störend wahrnehmen, hängt jedoch nicht allein von den Geräuscheigenschaften ab. Eine Rolle spielen auch zahlreiche nicht-akustische Faktoren, wie zum Beispiel die persönliche Einstellung zu einer Geräuschquelle und die individuelle Empfindlichkeit.
So zeigt die Lärmwirkungsforschung, dass beispielsweise Verkehrslärm belastender empfunden wird als Gewerbelärm. Tritt der Lärm rund um die Uhr auf, wirkt er zermürbender und stört zudem die Nachtruhe. Insbesondere einzelne Lärmspitzen reißen Menschen aus dem Schlaf.
Gerade im dichtbesiedelten urbanen Raum treten Lärmkonflikte auf. Einerseits besteht der Wunsch nach einer „Stadt der kurzen Wege“, die Wohnen, Arbeit und Freizeit vereint. Auch der Flächenverbrauch kann so wirksam gesenkt werden. Auf der anderen Seite steht das Ruhebedürfnis der Anwohner*innen, die vor gesundheitlichen Gefahren durch Lärm geschützt werden müssen. Städte und Kommunen müssen diese Faktoren in ihre Planung einbeziehen.
Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts arbeiten in einer Vielzahl von Projekten zum Thema Lärm.
Gewerbelärm in der Stadt der kurzen Wege
Mit dem neuen Gebietstyp „urbanes Gebiet“ in Paragraph 6a der Baunutzungsverordnung soll das Ziel der gut durchmischten Stadt der kurzen Wege erreicht werden. Diese Nachverdichtung lässt Wohnen und Gewerbe näher zusammenrücken. Ein weiteres Ziel ist es, mehr Wohnungen auf der gleichen Fläche wie bisher schaffen zu können. Parallel zur Einführung des urbanen Gebiets erfolgte die Änderung der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, der TA Lärm, welche die zulässigen Immissionsrichtwerte für diese Gebiete auf 63 dB(A) tags und 45 dB(A) in der Nacht erhöhte. Die Abkürzung dB steht für Dezibel –die Einheit für den Schalldruckpegel. Das A steht für die entsprechende Frequenzbewertungskurve, welche die Schallquelle hinsichtlich ihrer Wirkung auf die menschliche Wahrnehmung bewertet.
Vor diesem Hintergrund hat das Umweltbundesamt (UBA) das Forschungsvorhaben „Minderung des Gewerbelärms in Städten“ an das Öko-Institut vergeben. Gemeinsam mit der ZEUS GmbH und dem Büro GeräuscheRechner untersuchten die Wissenschaftler*innen in fünf Untersuchungsgebieten die Auswirkungen des urbanen Gewerbelärms auf Anwohner*innen. Dazu wurde zunächst die objektive Geräuschbelastung ermittelt und die Anwohner*innen befragt. Die Untersuchungsgebiete weisen die Nutzungsmischung von Wohnen und den typischen Gewerbebetrieben, wie Gastronomie, Einzelhandel und Bürogebäuden nebst Parkplätzen und weiteren kleineren Gewerbeeinheiten, auf.
Als Ergebnis lassen sich folgende Kernaussagen der Studie für den hier definierten „urbanen Gewerbelärm“ festhalten:
- Grundsätzlich stehen die Anwohner*innen dem Konzept der Nachverdichtung positiv gegenüber und befürworten die Nutzungsmischung.
- Aus der festgestellten Wohnzufriedenheit lässt sich aber keine Duldungshaltung der Anwohner*innen bezogen auf die Lärmbelastung ableiten. Aus Lärmwirkungssicht liegt ein Immissionsrichtwert für „urbanen Gewerbelärm“ von 63 dB(A) tagsüber deutlich oberhalb der Schwelle eines gesundheitlichen Risikos.
- Die Wahrscheinlichkeit, sich durch urbanen Gewerbelärm belästigt zu fühlen, erhöht sich zudem bei steigender Wohndauer. Im Kontext der Untersuchung spricht dieses Ergebnis gegen einen Gewöhnungseffekt an Lärm.
- Die Gewerbelärmarten werden als unterschiedlich stark belästigend empfunden. Gastronomie wirkte auf die Anwohner*innen beispielsweise störender als Handwerk
- Für den Ausblick kann festgestellt werden: Weitere Erhöhungen der zulässigen Immissionsrichtwerte in nachverdichteten Gebieten sind auf Basis dieser Untersuchung abzulehnen.
Sportanlagenlärm in Ballungsräumen
Auch im Vereins- und Breitensport existiert der Zielkonflikt, dass Sportanlagen einerseits wohnortnah zugänglich sein sollten, andererseits jedoch Lärmschutzkonflikte zwischen Nachbar*innen und Sportvereinen auftreten. Geräusche von Sportanlagen haben die Besonderheit, dass sie gerade zu Zeiten auftreten, in denen die Bevölkerung ihrem Ruhebedürfnis nachkommen möchte, beispielsweise in den Abendstunden oder an Sonn- und Feiertagen. Zudem unterliegen die Geräusche, die von Sportanlagen ausgehen, auffälligen Pegeländerungen – Tooor! – und enthalten oftmals Informationen, wie zum Beispiel Lautsprecherdurchsagen, was zusätzlich störend wirken kann.
Die Sportanlagenlärmschutzverordnung wurde 2017 und 2021 angepasst, weil sich im Laufe der letzten Jahre die Schul- und Arbeitszeiten verlängert haben. Entsprechend sollten die Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung ausgeweitet werden. So wurden zum Beispiel ein höherer Geräuschpegel am Abend sowie in den Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen erlaubt und die Richtwerte für diese Zeiten um 5 dB(A) erhöht. Ziel war es, den Vereinssport zu stärken und die Nutzungszeiten der Sportanlagen vor allem für den Freizeit- und Breitensport zu erhöhen, gleichzeitig aber weiterhin das Ruhebedürfnis der Anwohner*innen zu berücksichtigen.
Gemeinsam mit der Möhler + Partner Ingenieur AG und der ZEUS GmbH evaluieren Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) die angestrebten Ziele. Hierzu untersuchen sie an exemplarisch ausgesuchten Sportanlagen in Ballungszentren die qualitativen und quantitativen Änderungen im Betrieb. Anhand von Belastungs- sowie Belästigungsuntersuchungen prüfen sie, inwiefern sich die Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung auf die Anwohner*innen auswirkt. Die Aufgabe des Öko-Instituts ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund der so ermittelten Erkenntnisse zu bewerten.
Lärmkonflikte durch Freizeitaktivitäten
Anknüpfend an die Forschungsarbeiten zu den Themen „Gewerbelärm“ und „Sportanlagenlärm“ untersuchen Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts gemeinsam mit der Möhler + Partner Ingenieur AG und der ZEUS GmbH im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) das Konfliktfeld Freizeitlärm in Städten. Das Forschungsvorhaben ergänzt die obengenannten Arbeiten und leistet damit einen bedeutenden Beitrag für eine ganzheitliche Lärmbetrachtung in innerstädtischen Gebieten.
Das Projekt soll in deutschen Städten übliche Lärmkonflikte bei Freizeitaktivitäten wie Open-Air-Veranstaltungen, Skateparks oder Stadtfesten identifizieren und bewerten sowie Konfliktvermeidungsstrategien und Handlungsoptionen aufzeigen. Hierzu wird eine umfangreiche Befragung von Anwohner*innen von Freizeitanlagen durchgeführt werden. Dabei sollen sowohl akustische Einflussgrößen, wie Lautstärke sowie Art und Häufigkeit der auftretenden Geräusche, als auch nicht-akustische Faktoren, wie die persönliche Einstellung zur Lärmquelle, berücksichtigt werden.
Folgende Fragen stehen im Zentrum des Forschungsinteresses:
- Warum fühlen sich Anwohner*innen durch Freizeitlärm gestört oder belästigt?
- Welche subjektiven Einstellungen haben sie gegenüber dem Freizeitangebot?
- Wie ist die gesellschaftliche Akzeptanz für das Angebot?
- Fühlen sich Anwohner*innen, die selbst an dem Freizeitangebot teilnehmen oder ggf. einen Vorteil daraus ziehen, auf die gleiche Weise durch den Lärm gestört wie Anwohner*innen, die nicht am Freizeitangebot teilhaben?
- Können im Vorfeld an die Anwohner*innen gegebene Informationen und Mitgestaltungsmöglichkeiten die Akzeptanz gegenüber Lärm beeinflussen?
- Wie können Veranstalter*innen und Gewerbetreibende stärker für den Lärm sensibilisiert werden, der aus ihrem Freizeitangebot resultiert? Was bringt sie dazu, Maßnahmen zur Lärmminderung anzugehen?
Die ermittelten Erkenntnisse werden kritisch vor dem geltenden Rechtsrahmen gewürdigt. Ein Vergleich mit europäischen Regelungen ergänzt zudem die Analyse. Allerdings wird die Problematik von Freizeitlärm sehr unterschiedlich und meist auf kommunaler Ebene geregelt.
Die Analyseergebnisse sollen in Form sogenannter Expositions-Wirkungs-Kurven aufbereitet werden. Diese stellen den Zusammenhang zwischen Lärmbelastung und wahrgenommener Belästigung – einem in der Lärmwirkungsforschung anerkannten objektiven Maß der Lärmwirkung – der Betroffenen dar. Ein Leitfaden für Städte und Gemeinden sowie Veranstalter*innen zeigt Handlungsoptionen zur Vermeidung und Bewältigung von Konflikten durch Freizeitlärm auf.
Lärmschutz rund um den Flughafen Frankfurt
Der Frankfurter Flughafen (Fraport) ist Deutschlands größter Flughafen. Bis zu 1.500 Flugzeuge starten und landen hier täglich. Die Lärmbelastung für Anwohner*innen, insbesondere für diejenigen, die direkt im Bereich der Ein- und Abflugschneisen leben, ist hoch. Wie die Lärmwirkungsforschung zeigt, sind die gesundheitlichen Folgen von Fluglärm beträchtlich. Daher gilt es, die Betroffenen bestmöglich vor den negativen Auswirkungen des Luftverkehrs zu schützen.
Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts bringen seit vielen Jahren ihre Expertise in das Forum Flughafen und Region (FFR) ein. Das FFR ist ein freiwilliger Dialogprozess zwischen Politik, Industrie und betroffenen Kommunen am Frankfurter Flughafen, der zum Ziel hat, die Auswirkungen des Flughafens zu identifizieren und die negativen Begleiterscheinungen zu minimieren. Das Öko-Institut koordiniert und unterstützt beispielsweise das Expertengremium Aktiver Schallschutz (ExpASS) innerhalb des FFR und ist an der Durchführung lokaler Konsultationsverfahren beteiligt.
Im Wesentlichen geht es im ExpASS um die konkrete Entwicklung und Anwendung von Maßnahmen des aktiven Schallschutzes im Dialog mit allen Beteiligten, unter anderem Politik, Luftfahrt und Kommunen. Möglichkeiten der Minderung der Lärmwirkung sind beispielsweise das Verlegen von Flugrouten in weniger dicht besiedelte Gebiete oder das höhere Überfliegen besiedelter Gebiete.
ExpASS-Bericht „Das Maßnahmenprogramm Aktiver Schallschutz am Frankfurter Flughafen“
Webseite zum Konsultationsverfahren für AMTIX-kurz unter Beteiligung des Öko-Instituts
Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern beim Lärmschutz
Gutachten zum Schutz vor Fluglärm
Neben den konkreten Unterstützungsleistungen am Standort Frankfurt arbeiten die Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts auf Bundesebene an übergeordneten Fragestellungen zum Fluglärmschutz. Verschiedene Studien sind dabei im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) entstanden:
Hierzu läuft aktuell ein Projekt im Auftrag des Umweltbundesamtes mit dem Ziel, den Vollzugsstand der 2. FlugLSV bundesweit zu ermitteln. Schwerpunkt ist dabei die Umsetzung baulicher Schallschutzmaßnahmen an zivil und militärisch genutzten Flughäfen.