Strahlenschutz für Mensch und Umwelt

Maßnahmen zum Strahlenschutz dienen der Sicherheit von Menschen und Umwelt. Es geht darum, schädigende Wirkungen ionisierender und auch nicht-ionisierender Strahlung zu vermeiden. Sie reichen vom Arbeitsschutz, beispielsweise bei Röntgenuntersuchungen, bis zum Umgang mit den Altlasten aus der jahrzehntelangen Nutzung der Atomenergie.

Ionisierende Strahlung hat eine sehr hohe Strahlungsenergie und kann daher großen Schaden in lebendem Gewebe anrichten. Sie entsteht beispielsweise durch radioaktiven Zerfall oder tritt als Röntgenstrahlung in der Radiologie auf. Nicht-ionisierende Strahlung geht beispielsweise von hochfrequenten (Mobilfunk) und niederfrequenten (Hochspannungstrassen) elektromagnetischen Feldern oder auch vom UV-Licht der Sonne aus.

Doch der Mensch ist auch einer natürlichen Strahlung ausgesetzt. Über die Atemluft gelangt das Edelgas Radon mit seinen radioaktiven Zerfallsprodukten in den Körper, in der Nahrung sind natürliche Radionuklide enthalten. Hinzu kommen kosmische und terrestrische Strahlung. Durchschnittlich ist die Bevölkerung in Deutschland jährlich einer effektiven Dosis von 2,1 Millisievert ausgesetzt, wobei dies je nach Region stark schwankt.

Schutz vor den Technikfolgen

Je nach Strahlungsintensität sind unterschiedliche Schäden für Menschen und Umwelt möglich. Dabei gilt es, sowohl mit aktuellen Strahlenbelastungen umzugehen, als auch für Vergangenheit und Zukunft Verantwortung zu tragen. Dementsprechend sind verschiedene Maßnahmen zum Strahlenschutz vonnöten. Dazu gehören:

  • Der Umgang mit in der Gegenwart entstehenden Strahlenbelastungen: Hierzu zählen Maßnahmen, um Risiken zu begrenzen und zu minimieren, die vom Betrieb kerntechnischer Anlagen ausgehen, von medizinischen Anwendungen oder hoch- und niederfrequenten Feldern, aber auch durch die natürlich vorkommende radioaktive Strahlung (insbesondere Radon).
  • Altlasten aus der Vergangenheit: Beseitigung oder Minimierung der Auswirkungen früherer Aktivitäten des Menschen – beispielsweise im ehemaligen Uranerzbergbau der Wismut GmbH.
  • Die sichere Verwahrung von hochradioaktiven Materialien aus den inländischen Kernkraftwerken für die Zukunft: Planung von Endlagern für radioaktive Abfälle. Das sind Anlagen, die die Risiken von vorhandenen radioaktiven Abfällen minimieren.

Strahlenschutz aus wissenschaftlicher Sicht

Im Strahlenschutz treten ständig neue Fragenstellungen auf, die Lösungen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen erfordern. Zu den derzeit wichtigsten Themen zählen:

  • Radioökologie: Sie untersucht und modelliert den Transport radioaktiver Stoffe in der Umwelt sowie die Strahlenbelastung von Menschen, Flora und Fauna, um einen bestmöglichen Schutz zu gewährleisten. Ein weiteres Ziel ist es, zu prüfen, ob die heute gestellten Anforderungen und Grenzwerte auch langfristig eingehalten werden.
  • Katastrophenschutz und Strahlenschutzvorsorge: Für den Fall schwerer Unfälle in Atomkraftwerken, insbesondere mit Kernschmelzen, müssen gezielte Maßnahmen die radiologischen Folgen kurz- und langfristig minimieren. Hierzu zählt beispielsweise, die Ableitungen radioaktiver Stoffe in die Umwelt zu messen, zu überwachen und im Hinblick auf mögliche Auswirkungen zu bewerten.
  • Umgang mit Altlasten: Hier ist zu untersuchen, ob eine Sanierung erforderlich ist, wie sie durchgeführt und wie sie zukünftig überwacht werden kann.
  • Risikokommunikation: Diese spielt bei vielen Fragestellungen eine Rolle, beispielsweise bei den Auswirkungen nieder- und hochfrequenter Felder und dem Rückbau der Atomkraftwerke. Ein besonders wichtiges Thema ist aktuell die Endlagerung radioaktiver Abfälle, die mit breiter Beteiligung der Öffentlichkeit umgesetzt werden soll. Mehr dazu

Die Rolle des Öko-Instituts: Wissenschaftliche Basis für den Schutz des Menschen

Die wissenschaftliche Bearbeitung strahlenschutzrelevanter Fragenstellungen hat beim Öko-Institut eine lange Tradition. Das Darmstädter Büro hat maßgeblich mitgewirkt, neue Ansätze zu entwickeln, um vorhandene radiologische Belastungen oder mögliche unfallbedingte Risiken zu vermeiden.

Wichtige Meilensteine: Die Expertinnen und Experten des Öko-Instituts beantworteten die umfangreichen Anfragen aus der Bevölkerung und verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen zu den Folgen der Reaktorunfälle in Tschernobyl und Fukushima. Sie untersuchten möglicher Unfallfolgen in deutschen und grenznahen Reaktoren und wirkten bei der Altlastensanierung des Uranerzbergbaus mit.

Aktuell bringen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts mit ihrer Arbeit zu den Themen ein, die nach dem deutschen Atomausstieg am wichtigsten sind und sein werden: Die größte Herausforderung ist die Auswahl des bestmöglichen Endlagerstandorts. Beim Rückbau der deutschen Kernkraftwerke müssen Grundsätze zum Strahlenschutz beachtet werden – auch hier bringt sich das Öko-Institut intensiv ein.

Es ist wichtig, dass Maßnahmen zum Schutz des Menschen und der Umwelt in den entsprechenden Regelwerken Eingang finden und aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse stetig fortentwickelt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öko-Instituts beraten auf wissenschaftlicher Grundlage die verantwortlichen Institutionen auf der Landes- und Bundesebene und wirken in Gremien wie der Strahlenschutz-, der Reaktorsicherheits- und der Entsorgungskommission mit.

Studie: Folgen eines schweren kerntechnischen Unfalls auf die Trinkwassergewinnung

Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt liegt direkt am Rhein und unmittelbar an der deutschen Grenze. Welche Auswirkungen hätte ein nuklearer Unfall in der Dimension der Katastrophe von Fukushima auf die Trinkwasserversorgung der flussabwärts gelegenen Stadt Basel? Und wäre eine alternative Versorgung aus dem Fluss Wiese, der von deutscher Seite in den Rhein mündet, möglich? Wie verbreiten sich die in die Luft abgegebenen Radionuklide unter der Annahme verschiedener Wetterszenarien: Wie, wo und wann gelangen sie in das Flusssystem der Wiese?

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts modellierten zur Beantwortung dieser Fragen das Verhalten von Radionukliden in der Umwelt, um die zu erwartende Kontamination der Wiese zu analysieren. Die Auftraggeber der Studie waren die Industriellen Werke Basel (IWB), welche die Stadt Basel mit Trinkwasser versorgen, und der Trinationale Atomschutzverband (TRAS).

Die radioaktive Kontamination gelangt über eine Kaskade von verschiedenen Speichern, wie Vegetationsoberflächen, versiegelte Oberflächen, Böden und Grundwasser in den Fluss. Die Berechnungen zeigten, dass das Flusssystem schon innerhalb weniger Stunden so stark kontaminiert wäre, dass sein Wasser nicht mehr zur Versickerung für die Trinkwassergewinnung geeignet ist.

Gleichzeitig ergaben die Modellierungen jedoch auch, dass schon nach 14 Tagen die Radionuklide im Wiesewasser so weit zurückgehen, dass es wieder nutzbar ist. Eine Unterbrechung der Versickerung von 14 Tagen würde die Trinkwasserversorgung in Basel nicht gefährden, so dass die Ersatzversorgung mit Rohwasser aus der Wiese im Falle eines kerntechnischen Unfalls eine Möglichkeit wäre.

Studie „Möglicher Eintrag von Radioaktivität in Wiesewasser und Rohwässer der Trinkwassergewinnung durch einen schweren kerntechnischen Unfall“ des Öko-Instituts im Auftrag der IWB (Industrielle Werke Basel) und des Trinationalen Atomschutzverbandes (TRAS)

Studien zur Freigabe von radioaktiven Stoffen

Was ist bei der Freigabe von radioaktiven Abfällen aus Atomkraftwerken zu beachten, um sowohl das Personal der Deponien als auch Personen, die in unmittelbarer Nähe leben, bestmöglich zu schützen? Welche Grenzwerte sind einzuhalten? Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts untersuchten in verschiedenen Studien und Stellungnahmen die Strahlenexposition von Bevölkerung und Beschäftigten.

Beispielsweise analysierten sie im Auftrag des Abfallwirtschaftsbetriebes des Landkreises Neu-Ulm, ob das Müllheizkraftwerk Weißenhorn (MHKW) für die Verbrennung freigegebener Abfälle aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen geeignet ist. Dafür berechneten sie die Strahlenexposition von Bevölkerung und Beschäftigten. Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) gibt einen Grenzwert von zehn Mikrosievert im Jahr als Dosis an, damit radioaktive Abfälle freigegeben werden können.

Das Expertenteam des Öko-Instituts betrachtete unterschiedliche Expositionspfade und kam zu dem Ergebnis, dass der Grenzwert in allen Fällen erheblich unterschritten wird. Selbst wenn sich die Bevölkerung in der Umgebung hypothetisch nur mit landwirtschaftlichen Produkten von Äckern direkt neben der Verbrennungsanlage ernähren würde, konnten nur Dosen ermittelt werden, die um den Faktor 5.000 unterhalb des Grenzwertes lagen. Die höchste Dosis an Radionukliden wiesen Personen auf, die die Abfälle transportieren. Diese liegt zwar deutlich unterhalb des Dosiskriteriums der StrlSchV, dennoch enthält die Stellungnahme auch Vorschläge, wie sie noch reduziert werden kann.

Studie „Stellungnahme zur Geeignetheit des MHKW Weißenhorn für die Verbrennung freigegebener Abfälle aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen“ des Öko-Instituts im Auftrag des Abfallwirtschaftsbetriebes des Landkreises Neu-Ulm