Mehr Klimaschutz im Seeverkehr

Bislang ist der internationale Seeverkehr nicht in das Emissionsziel der EU eingebunden. Obwohl die Emissionen des Schiffsverkehrs kontinuierlich wachsen, gibt es weder auf EU-, noch auf globaler Ebene ein System, das die Höhe ihrer Treibhausgasemissionen reguliert.

Ohne politische Gegenmaßnahmen ist zu erwarten, dass sich die Treibhausgasemissionen der EU aus dem Seeverkehr bis 2050 im Vergleich zu 2010 verdoppeln. Grund dafür ist der erwartete Anstieg des Welthandels. Denn auch die konstant steigenden Preise für Kraftstoffe führten bisher nicht dazu, dass Schiffseigner ausreichend in effizientere Technologien investieren, obwohl die Kraftstoffe die Höhe der gesamten Betriebskosten wesentlich beeinflussen und die Kraftstoffeinsparungen die erforderlichen Investitionskosten aufwiegen.

Die EU plant nun einen ersten Schritt zur Regulierung der Treibhausgasemissionen aus dem Seeverkehr: Bis 2050 sollen die Treibhausgasemissionen aus Bunkerkraftstoffen – also Kraftstoffe für große Dieselaggregate, die aus Rückständen der Mineralölverarbeitung gewonnen werden – nur noch 40 Prozent gegenüber 2005 betragen. Ab 2018 müssen deshalb alle größeren Schiffe, die Häfen in der EU anlaufen, ihren CO2-Ausstoß überwachen und berichten.

Wirksamer Schutz: ein Handelssystem für Treibhausgasemissionsrechte

Das Öko-Institut beschäftigt sich seit vielen Jahren damit, Klimaschutzmaßnahmen im Seeverkehr zu analysieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts haben deshalb zum Weltklimagipfel 2009 in Kopenhagen gefordert, den Seeverkehr in internationale Abkommen einzubeziehen. Sie haben dafür in einer Studie gezeigt, dass durch Effizienzsteigerungen beim Schiffsverkehr die Emissionen um 25 Prozent gesenkt und gleichzeitig Kosten gespart werden könnten.

Auch bei der Ausgestaltung der derzeit geplanten weiteren Schritte auf EU-Ebene hat das Öko-Institut mitgewirkt. Im Auftrag des Umweltbundesamtes und zusammen mit CE Delft und Tim Bäuerle hat es das Forschungsvorhaben „Analyse und Weiterentwicklung von Klimaschutzmaßnahmen im Seeschiffsverkehr unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen auf internationaler und europäischer Ebene“ (FKZ 3711 45 104) erarbeitet und darin verschiedene Fragestellungen analysiert.

Zu den Ergebnissen des Forschungsvorhabens zählt unter anderem ein Diskussionspapier, in dem verschiedene ökonomische Instrumente – zwei verschiedene Kompensations-Fonds, ein Emissionshandelssystem und unterschiedliche steuerliche Regulierungsmaßnahmen nach Effizienz und Effektivität bewertet werden. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist ein sorgfältig entworfenes Handelssystem für Treibhausgasemissionsrechte die beste Option für mehr Klimaschutz in der Seeschifffahrt. Darin würden eine Obergrenze für CO2-Emissionen aus dem Schiffsverkehr festgelegt und eine entsprechende Anzahl an Emissionsberechtigungen verkauft. Die Erlöse aus dem Verkauf der CO2-Zertifikate könnten in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden.

Auch in laufenden Vorhaben berät das Öko-Institut die Bundesregierung zum Klimaschutz im Seeverkehr.

Ziel: ein globales System zur Reduktion von CO2-Emissionen

Strengere Maßnahmen zur Regulierung der Treibhausgasemissionen auf EU-Ebene, wie sie auch die Europäische Kommission mittelfristig einführen will, könnten die Emissionen aus dem Schiffsverkehr wesentlich verringern, denn ein Fünftel aller weltweiten Schiffsfahrten bewegt sich von oder zu Häfen in der EU. Doch eine solche EU-weite Lösung ist nach Ansicht des Öko-Instituts nur ein Zwischenschritt und muss Treiber hin zu einer globalen Regelung sein.

Auch die EU strebt eine Ausweitung auf die internationale Ebene unter dem Dach der zuständigen Organisation, der International Maritime Organization (IMO) der Vereinten Nationen, an. Deren Aufgabe besteht unter anderem darin, die Umweltverschmutzung durch Schiffe zu verringern. So hat sie im Jahr 2011 verpflichtende Energieeffizienzstandards für neue Schiffe (Energy Efficiency Design Index – EEDI) eingeführt. Damit sollen der Kraftstoffverbrauch gesenkt und die Kraftstoffeffizienz gesteigert werden. Doch um wirklich Verbesserungen zu erzielen, müssten auch bestehende Schiffe durch Energieeffizienzmaßnahmen erfasst werden. Darüber hinaus sind weitere Schritte mit internationaler Wirksamkeit für die Reduktion von Emissionen aller verkehrenden Schiffe erforderlich.

Weitere Informationen: Diskussionspapiere (in Englisch)

  • Diskussionspapier (in Englisch) vom 19. März 2015: Greenhouse gas emission reduction targets for international shipping: Der jüngste Bericht des Weltklimarats (IPCC) legt nahe, dass im Jahr 2050 die globalen Treibhausgasemissionen um 40 bis 70% unter dem Niveau von 2010 liegen müssen um einen globalen Temperaturanstieg von mehr als 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu verhindern. Laut der 3. Treibhausgas-Studie der internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) werden die Emissionen des Schiffsverkehrs bis 2050 jedoch um 50 bis 250% steigen. Wenn der Rest der Welt auf dem Weg in Richtung des 2-Grad-Ziels ist, würde dies zu einer Erhöhung des Anteils an den weltweiten Emissionen vom derzeitigen Niveau von 2 auf 10% führen. Vor dem Hintergrund, dass die globale Emissionsminderung kostengünstiger ist, wenn alle Sektoren beitragen und dass die Schifffahrt erhebliches technisches und operatives Potenzial zur Emissionsverringerung hat, analysieren wir potenzielle Minderungsziele für Treibhausgasemissionen in der internationalen Schifffahrt und in welchem Umfang diese Ziele durch Effizienzsteigerungen alleine erreicht werden können.
    Diskussionspapier zum Download
  • Diskussionspapier (in Englisch) vom 7. Juli 2014: Further technical and operational measures for enhancing the energy efficiency of international shipping – Environmental Aspects: In der International Maritime Organization (IMO) stehen derzeit vier Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz beziehungsweise zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs von Schiffen zur Diskussion: der US Vorschlag, der Annual Energy Efficiency Operational Index (EEOI), der Individual Ship Performance Indicator (ISPI) und die Fuel Oil Reduction Strategy (FORS). In dem Diskussionspapier werden diese vier Maßnahmen beschrieben und analysiert, wobei der Schwerpunkt auf den jeweils zu erwartenden CO2-Emissionsminderungen sowie auf einer Wechselwirkung mit potentiellen zukünftigen marktbasierten Maßnahmen liegt. Um die Unterschiede zwischen den vier Maßnahmen zu veranschaulichen, werden schließlich für drei fiktive Schiffe quantitative Beispiele präsentiert.
    Diskussionspapier zum Download
  • Diskussionspapier (in Englisch) vom 26. September 2013: Monitoring, Reporting and Verification of CO2 emissions from ships – Design options, their feasibility and implications: Die Europäische Kommission plant die Einführung eines Monitoring-Systems für Seeschiffe als einen wichtigen Teilschritt hin zu globalen oder regionalen Politikmaßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen der Seeschifffahrt. In dem vorliegenden Diskussionspapier werden Optionen zur Gestaltung eines Monitoring-Systems für Treibhausgasemissionen der Seeschifffahrt analysiert und in den Zusammenhang mit den verschiedenen Politikmaßnahmen zur Begrenzung der Treibhausgase gestellt. Zusätzlich werden detaillierte Aspekte zu Monitoring, Verification und Reporting behandelt. Das Diskussionspapier diskutiert die Vor- und Nachteile der Optionen insbesondere im Hinblick auf zukünftige Politikentscheidungen.
    Diskussionspaper zum Download
  • Diskussionspapier (in Englisch) vom 26. September 2013: Comparison of GHG contribution for a climate fund and an Emissions Trading Scheme in the shipping sector: Verschiedene marktbasierte Maßnahmen wurden vorgeschlagen, um die Treibhausgasemissionen der internationalen Seeschifffahrt zu reduzieren. Zwei werden im vorliegenden Papier vorgestellt und verglichen: ein Emissionshandelssystem (EHS) und ein Treibhausgasfond, der durch eine Abgabe auf Schiffstreibstoffe gespeist wird. Der Vergleich zeigt, dass die Vorschläge sich in vielen Aspekten ähneln wie dem Anwendungsbereich, der Gleichbehandlung aller Schiffe, Verwaltungsaufwand, der Notwendigkeit Qualitätskriterien für Kompensationsgeschäfte zu definieren und dass nur Unterzeichnerländer der Konvention Mittel aus den jeweiligen Fonds beantragen können. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass im Fall des Treibhausgasfonds wesentlich weniger Einnahmen erzielt werden als beim Emissionshandel. Solange die Finanzierung von Kompensationsgeschäften für die Emissionen oberhalb der Ziellinie das Hauptziel des Fonds ist, kann das Prinzip der „gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ (CBDR) nicht erfüllt werden. Zudem sind die Anreize im Schiffssektor, selber Emissionen zu mindern, im Falle des Emissionshandels höher.
    Diskussionspapier zum Download
  • Diskussionspapier (in Englisch) vom 29. August 2013: The GHG fund and the ETS: finding common ground: Zwei marktbasierte Mechanismen zu Emissionsreduktion im Schiffssektor wurden von EU-Ländern vorgeschlagen, die dem Prinzip der gemeinsamen aber unterschiedlichen Verantwortung Rechnung tragen: ein Treibhausgasfond und ein Emissionshandelssystem (EHS). Dieses Diskussionspapier arbeitet heraus, dass die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen vor allem im Design und nicht in den Grundsätzen liegen. Beide Systeme können so ausgestaltet werden, dass sie ähnliche Kosten (inklusive Verwaltungskosten) für die Industrie verursachen, eine vergleichbare Umweltwirkung haben und eine ähnliche Menge an Einnahmen für Zwecke über die Kompensation von Schiffsemissionen hinaus generieren. Unterschiede bleiben jedoch in der kurzfristigen Preisvolatilität bestehen.
    Diskussionspapier zum download
  • Diskussionspapier (in Englisch) von Juli 2012: EU policies to address maritime GHG emissions – Analysis of the impacts on GHG emissions: Die EU will die Treibhausgasemissionen des internationalen Seeverkehrs senken und lässt deshalb verschiedene marktwirtschaftliche Instrumente für ein regionales System prüfen. CE Delft und Öko-Institut haben im Auftrag des UBA ein Diskussionspapier erstellt, um die Vorschläge zu analysieren. Ergebnis: Für die Umwelt wäre ein Emissionshandelssystem die beste Lösung. 
    Diskussionspapier zum Download (auf den Seiten des Umweltbundesamtes)
Weitere Informationen

Weitere Informationen auf der Webseite des Öko-Instituts:
Workshop: Wie kann die internationale Schifffahrt zum Klimaschutz beitragen? Präsentationen zum Download. 
Weitere Informationen auf der Webseite der EU:
http://ec.europa.eu/clima/policies/transport/shipping/index_en.htm (in Englisch, externer Link)