Green IT und Kommunikationstechnik – Potenziale für den Umweltschutz

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind heute die Grundlage für zahlreiche Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Der Kauf im Internet, die elektronische Bereitstellung und Sicherung von Daten oder die Steuerung ganzer Betriebsabläufe – Computer, Internet und mobile Kommunikation sind alltäglich geworden.

Aus Umweltgesichtspunkten ist die IKT-Branche äußerst ambivalent: Viele Technologien können Energie und damit Treibhausgase einsparen: beispielsweise die intelligente Steuerung der Stromnetze, die sogenannten Smart Grids, oder die Vernetzung verschiedener Mobilitätsoptionen. Technische Innovationen, Digitalisierung und die Verwendung umweltverträglicher Materialien können beim IT-Betrieb klimaschädliche Treibhausgasemissionen einsparen und die Umwelt entlasten.

Ressourcen und Energie: Umweltauswirkungen der IT

Auf der anderen Seite sind die Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Geräte zum Teil mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen verbunden. Benötigte Rohstoffe wie Kobalt, Tantal, Silber oder Gold werden häufig unter gefährlichen Bedingungen in Ländern ohne geeignete Sozial- und Umweltschutzstandards abgebaut. Gleichzeitig sind extreme Umweltbelastungen bei der unsachgemäßen Entsorgung sowie bedeutende globale Rohstoffverluste beim Recycling an der Tagesordnung.

Nicht nur die Herstellung der Produkte verschlingt große Mengen an Energie. In Deutschland betrug der IKT-bedingte Stromverbrauch im Jahr 2014 rund 47,8 Terawattstunden – acht Prozent des Gesamtstromverbrauchs. Vom Rechenzentrum über die Serverinfrastruktur bis hin zu sämtlichen mobilen und stationären Endgeräten steigt der Energiebedarf weiterhin an, auch wenn in einigen Bereichen Effizienzsteigerungen erreicht werden konnten, zum Beispiel durch die Green-IT-Initiative Deutschland oder die Europäische Ökodesign-Richtlinie.

Der Blick aufs Ganze – der Ansatz des Öko-Instituts

Das Öko-Institut arbeitet zu verschiedenen Aspekten, um die Umweltauswirkungen von Informations- und Kommunikationstechnologien ganzheitlich zu analysieren. Erklärte Ziele der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind es dabei, Chancen und Risiken frühzeitig zu identifizieren und den gesamten Lebenszyklus von der Ressourcengewinnung bis zum Recycling im Blick zu behalten.

Beratung und Information von Politik, Wirtschaft, Industrie sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern sind erklärte Arbeitsfelder der Expertinnen und Experten des Öko-Instituts. Forschung und Information erfolgen integer, praxisnah und lösungsorientiert. Einige Projekte im Arbeitsfeld Nachhaltige Informations- und Telekommunikationstechnologie stellen wir nachfolgend vor.

Nachhaltige IKT-Politik in der Europäischen Union fördern

Stromeinsparung, Recycling, Schadstoffreduktion – die Möglichkeiten, die Umwelt im Bereich IKT zu entlasten, sind groß. Insbesondere bei der Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz bestehen erhebliche Potenziale. Hier gilt es, den Herstellungsaufwand zu reduzieren, weitere Stromeinsparungen bei der Nutzung zu erzielen sowie seltene Rohstoffe unter sachgerechten Bedingungen zurückzugewinnen.

Ein aus ökologischen Gesichtspunkten optimales Produkt-Design, der Ersatz kritischer Metalle, die Harmonisierung der methodologischen Grundlagen zur Ermittlung der lebenszyklusbezogenen Treibhausgasemissionen sowie Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer von Produkten und die Sicherstellung sozialer und ökologischer Standards bei der Primärgewinnung der Materialien sind dabei die entscheidenden Themen.

Für alle diese Bereiche braucht es Regulierung und Anreize von Seiten der Politik – entsprechende Ideen und Strategien entwickelt das Öko-Institut. Die Expertinnen und Experten haben dabei stets die heute stark globalisierten Prozesse im Blick, die nur im Verbund mit internationalen Partnern bzw. durch Vorgaben auf EU-Ebene oder in internationalen Abkommen verbessert werden können. So berät das Öko-Institut seit vielen Jahren die Europäische Kommission bei der Durchführung der Ökodesign-Richtlinie, die ökologische Mindeststandards für energierelevante Produkte festlegt.

Grundsätze der EU-Ökodesign-Richtlinie auf der Website der Europäischen Kommission

Studie: Resource Efficiency in the ICT Sector: An analysis of the resource related issues of smartphones and tablets, with relevance for the environment and human rights

Grundlagen für eine „grüne“ IKT-Politik

Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen in der IT zu senken und damit zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen, ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission. In deren Auftrag identifiziert und prüft das Öko-Institut deshalb gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin erfolgversprechende Methoden und Standards, um die Treibhausgas- und Energiebilanz von IT- und Telekommunikationsprodukten und Diensten zu bestimmen. Damit leistet das Institut einen Beitrag auf globaler Ebene, um die methodischen Grundlagen künftig zu harmonisieren.

„Study on the practical application of the new framework methodology for measuring the environmental impact of ICT – cost/benefit analysis (SMART 2012/0064)” auf den Seiten der EU-Kommission

Obsoleszenz: Politische Strategien gegen den Wegwerf-Wahn

Unter dem Stichwort „Obsoleszenz“ diskutieren Fachkreise und die Öffentlichkeit die verkürzte Lebensdauer von Elektro- und Elektronikgeräten. Die Nutzungszyklen werden immer kürzer, Reparaturen dagegen deutlich seltener. Das so entstehende Abfallaufkommen – insbesondere an Smartphones, Digitalkameras und Notebooks – ist deshalb in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Zudem benötigt die Herstellung neuer Geräte immer mehr Rohstoffe, unter anderem seltene Metalle.

Welchen Einfluss dies auf die Umwelt und den Ressourcenverbrauch hat und welche politischen und technischen Möglichkeiten es gibt, die Lebensdauer der Geräte zu verlängern, untersuchte eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Ziel war es, die Datengrundlage zu den unterschiedlichen Ausprägungen von Obsoleszenz anhand konkreter Produktbeispiele wissenschaftlich aufzuarbeiten und damit zu stärken, um anschließend Empfehlungen für die Politik zu formulieren.

Darauf aufbauend hat das Öko-Institut Empfehlungen für die möglichst lange Nutzung von Haushaltsgeräten erarbeitet. Eine ausführliche Daten- und Faktensammlung beantwortet Grundsatzfragen zur Langlebigkeit und Reparatur von elektrischen Haushaltsgeräten. Wichtigster Rat: Aus ökologischer Sicht lohnt es mit wenigen Ausnahmen immer, defekte Haushaltsgeräte reparieren zu lassen und sie so lange wie möglich zu nutzen. Das spart Energie und Ressourcen, die für die aufwändige Herstellung neuer Produkte nötig sind.

FAQ „Reparieren oder neu kaufen? Fragen, Antworten und Tipps für ein langes Leben von Elektrogeräten im Haushalt“ des Öko-Instituts

Hintergrundpapier „Welche Rechte habe ich, wenn ich mein Produkt länger nutzen möchte?“ des Öko-Instituts

Studie: Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen „Obsoleszenz“

Empfehlungen für eine längere Nutzung von Haushaltsgeräten

Umweltauswirkungen bei der Herstellung von IKT-Produkten verringern

Im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) gingen die Expertinnen und Experten der Frage nach, wann sich aus Gesamtsicht von Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Austausch eines alten Notebooks durch ein neues, energieeffizienteres Gerät wirklich lohnt. Das Fazit: Der Umweltaufwand bei der Herstellung eines Notebooks ist so hoch, dass er sich auch durch eine erhöhte Energieeffizienz in der Nutzung nicht in realistischen Zeiträumen ausgleichen lässt.

Nimmt man eine (unrealistische) Effizienzsteigerung von 70 Prozent zwischen zwei Notebook-Generationen an, lohnt sich der Ersatz eines Altgeräts aus Umweltsicht erst nach 13 Jahren. Ist ein neuer Laptop zehn Prozent energieeffizienter, rechnet sich ein vorzeitiger Austausch sogar erst nach mehreren Jahrzehnten. Vor diesem Hintergrund hat das Öko-Institut in der Studie verschiedene Empfehlungen an die Politik aufgezeigt, mit welchen Maßnahmen die Lebens- und Nutzungsdauer von IKT-Produkten verlängert werden könnte.

Ergebnisse und politische Empfehlungen in der Studie „Zeitlich optimierter Ersatz eines Notebooks unter ökologischen Gesichtspunkten“ des Öko-Instituts und Fraunhofer IZM

Nachhaltige Produktgestaltung für Unternehmen

Jenseits der Optimierung einzelner Produkte berät das Öko-Institut Unternehmen auch bei der nachhaltigen Gestaltung ganzer Produktportfolios. Ziel dabei ist es, ihnen Handlungsoptionen aufzuzeigen, mit denen sie die gesamte Produktpalette verbessern und unternehmensinterne Prozesse optimieren können. Damit steigern Unternehmen langfristig ihre Gesamtnachhaltigkeitsperformance.

Für die Deutsche Telekom AG hat das Öko-Institut beispielsweise eine umfassende Nachhaltigkeitsmatrix erstellt. Sie ermöglicht es, sowohl Produkte als auch Dienstleistungen in punkto Nachhaltigkeit zu bewerten und daraus Schlüsse für deren weitere strategische Entwicklung zu ziehen. Im Detail analysiert wurden zum Beispiel der Dienst „Call & Surf“ oder ein Speedport-Router für den WLAN-Zugang.

Die Matrix bezieht folgende Kriterien in die Nachhaltigkeitsbewertung ein: Nutzenaspekte für Kundinnen und Kunden; Produktaspekte wie Barrierefreiheit, Lebenszykluskosten oder klimaschonendes Design; unternehmensspezifische Kriterien wie etwa Fuhrpark, Produktion und Lieferkette; toxikologische Aspekte ebenso wie Kosten- und Innovationsfragen. Grundlage waren die PROSA-Methode (Product Sustainability Assessment) des Öko-Instituts sowie der Sektor-Report „Telekommunikation“ der Global Reporting Initiative (GRI).

Weitere Informationen zur Nachhaltigkeitsmatrix im Jahresbericht des Öko-Instituts 2012 (PDF, Seite 12)

Website Sustainability Assessment Framework (SASF) der Globalen e-Sustainability Initiative (GeSI)

Auch Software beeinflusst den Energieverbrauch

Im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erstellte das Öko-Institut in Zusammenarbeit mit der Hochschule Trier und der Universität Zürich eine Studie zur Energie- und Hardwareeffizienz typischer Softwareanwendungen. Weitere Kriterien für nachhaltige IT-Lösungen waren Abwärtskompatibilität, Plattformunabhängigkeit, Offlinefähigkeit und Deinstallierbarkeit sowie die Transparenz der Datenformate und des Quellcodes.

Während sich die Hersteller von Computer-Hardware zunehmend bemühen, ihre Geräte energieeffizienter zu gestalten, wurde der Einfluss von Software auf den Energieverbrauch und auf die mögliche Nutzungsdauer von Hardware bislang kaum untersucht. Die in der Studie ermittelten Unterschiede waren gravierend: So benötigte ein ineffizientes Textverarbeitungsprogramm viermal so viel Strom wie das effizienteste untersuchte Programm; ein ineffizienter Browser beanspruchte den Prozessor gar zwölfmal so stark wie ein effizienter.

Der Kriterienkatalog mit insgesamt 25 Kriterien und 76 Indikatoren kann Software-Unternehmen zur Entwicklung energie- und ressourceneffizienter Software dienen. Zudem könnte er zu einem Anforderungskatalog für das Umweltzeichen Blauer Engel zusammengeführt werden, so dass dieses zukünftig auch Softwareprodukte umfasst.

Studie „Entwicklung und Anwendung von Bewertungsgrundlagen für ressourceneffiziente Software unter Berücksichtigung bestehender Methodik“ von Öko-Institut, Hochschule Trier und Universität Zürich

Kriterienkatalog Nachhaltige Software (unter Beteiligung des Öko-Instituts)