
Fragen und Antworten zu Obsoleszenz
Die Fragen im Überblick
1. Was war Ziel der Obsoleszenz-Studie?
3. Gibt es eine geplante Obsoleszenz?
4.1. Aluminium-Elektrolytkondensator (Elko)
4.2. Kunststofflaugenbehälter in Waschmaschinen
4.3. Tintenschwämmchenreservoir bei Tintenstrahldruckern
5. Welche Erkenntnisse zur Lebens- und Nutzungsdauer zeigt die Studie?
5.1. Kürzere durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer
5.2. Haushaltsgroßgeräte: Mehr Geräte in den ersten fünf Lebensjahren ausgetauscht
5.3. Verbraucherwunsch nach neuen, besseren Produkten
6. Was sind die Gründe für den Austausch bzw. Ausfall der untersuchten Produkte?
6.2. Smartphones/Mobiltelefone
7. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Preis und Langlebigkeit?
8. Welche Auswirkung hat eine kürzere Nutzung auf die Treibhausgasbilanz der Produkte?
10. Lohnt sich eine längere Nutzung für die Verbraucher aus Kostengründen?
12. Was macht das Umweltbundesamt (UBA) mit den Ergebnissen der Studie?
1. Was war Ziel der Obsoleszenz-Studie?
Die Diskussion zum Thema Obsoleszenz, verstanden als absichtliche Lebensdauerverkürzung, wird zum Teil sehr emotional geführt – vor allem auch medial. Kritikerinnen und Krtiker unterstellen gezielte Designmanipulationen, die dazu führen sollen, dass Geräte schneller kaputt gehen (etwa kurz nach dem Ablauf der Garantie oder Gewährleistungsfrist) und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern früher nachgekauft werden müssen (dazu auch Frage 3).
Im Allgemeinen ist die Datengrundlage zum Thema Obsoleszenz lückenhaft, und es fehlt an wissenschaftlichen Ausarbeitungen zu diesem Themenkomplex. Vor diesem Hintergrund hat das Umweltbundesamt das Öko-Institut und die Universität Bonn beauftragt, die verschiedenen Arten von Obsoleszenz anhand konkreter Produktbeispiele wissenschaftlich aufzuarbeiten und so eine verbesserte Datengrundlage zur Bewertung der Erscheinung „Obsoleszenz“ in Bezug auf Elektro- und Elektronikprodukte zu schaffen. Auf dieser Basis erarbeiteten die Expertinnen und Experten wissenschaftlich fundierte Handlungsstrategien, die zu einer optimalen Produktlebens- und Nutzungsdauer von Geräten führen sollen.
2. Was bedeutet Obsoleszenz?
Der Begriff Obsoleszenz bezeichnet die Alterung (natürlich oder künstlich) eines Produktes. In der Folge kann das Produkt nicht mehr für den gewünschten Zweck eingesetzt werden. Man kann vier Arten von Obsoleszenz unterscheiden:
- Werkstoffliche Obsoleszenz: Hier zeigt sich die Produktalterung in der mangelnden Leistungsfähigkeit von Materialien und Komponenten. Diese nutzen ab; das Produkt wird in der Folge unbrauchbar.
- Funktionale Obsoleszenz: Verändern sich die technischen und funktionalen Anforderungen an ein Produkt spricht man von funktionaler Alterung. Das Produkt wird unbrauchbar, weil bspw. Schnittstellen von Hard- und Software nicht mehr kompatibel sind, obwohl das eigentliche Produkt noch funktioniert.
- Psychologische Obsoleszenz: Die dritte Art der Obsoleszenz umfasst die vorzeitige Alterung aufgrund von Moden, neuen technischen Trends und Konsummustern. Dies führt dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher noch voll funktionsfähige Produkte austauschen.
- Ökonomische Obsoleszenz: In diesem Fall wird ein Produkt unbrauchbar, weil die Kosten und der Aufwand, es zu reparieren oder Instand zu setzen, so hoch sind, dass die Reparaturen im Vergleich zu einem Neukauf ökonomisch uninteressant erscheinen. Gründe hierfür sind beispielsweise schneller Preisverfall, reparaturunfreundliches Design, hohe Reparaturkosten und mangelnde Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturdienstleistungen.
3. Gibt es eine geplante Obsoleszenz?
In den vergangenen Jahren hat die Medienberichterstattung das Thema „geplante Obsoleszenz“ sehr emotional präsentiert und die Gesellschaft in zwei voneinander unabhängige Pole geteilt:
- Hersteller und Industrie als „Täter“. Ihnen wird unterstellt, sie würden das Design ihrer Produkte manipulieren, indem sie bewusst Schwachstellen einbauen, um die Produkte nach einer vorher definierten Zeitdauer geplant ausfallen zu lassen. Mit dieser Strategie würden die Hersteller ihren Absatz ankurbeln und die Verbraucherinnen und Verbraucher zu Neukäufen zwingen wollen.
- Verbraucherinnen und Verbraucher werden als „Opfer“ der oben genannten Verschwörung gesehen, denn sie hätten gar keine Möglichkeiten, sich gegen eine solche Hersteller-Strategie zu wehren.
Die vorliegende Studie hat gezeigt, dass Obsoleszenz, das heißt die (natürliche oder künstliche) Alterung von Produkten, nicht so eindimensional ist wie oben beschrieben.
Hersteller sowie Verbraucherinnen und Verbraucher interagieren miteinander in einer sich stetig wandelnden Umgebung und beeinflussen gegenseitig die Produktentwicklung und Konsummuster. In diesem Kontext besteht in der Frage, ob Hersteller die Lebensdauer ihrer Produkte planen, im Grunde kein Dissens. Jedoch nicht verstanden als Manipulation, sondern als integrativer Teil von Produktpolitik. In der Wissenschaft wird davon ausgegangen, dass die Produktlebensdauer in der Regel eine planbare Größe ist, an der sich die Produktentwickler orientieren. Die Auslegung der Lebensdauer wird von vielen Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel Belastung, Abnutzungsvorrat, Wartung, Wandel der Technik, Trends, Mode und Werte sowie weiteren äußeren Umwelteinflüssen. Idealerweise streben die Hersteller an, dass die technische Lebensdauer ihrer Produkte der Dauer ihrer erwarteten Nutzung entspricht. Alle Bauteile werden dementsprechend ausgelegt. Das Kernprinzip lautet, Produkte so zu gestalten, dass sie so lange wie nötig und nicht so lange wie möglich halten.
Deshalb stehen Anforderungen an Produkte im Kontext der jeweiligen Nutzungsparameter und -umgebung. Das heißt, dass sich die Auslegung der Produktlebensdauer an der Zielsetzung und den Zielgruppen sowie an den zukünftigen Markt- und Technologieentwicklungsszenarien orientiert. Die Anforderungen an die Lebensdauer sind von Produkt zu Produkt und Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Dies drückt sich oft auch im Endverkaufspreis der Produkte aus und wird von Faktoren wie angebotener Service, Dauer der Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Zusatznutzen, Design, Updates, Reparaturfähigkeit, mechanische und elektronische Robustheit bestimmt. Beispielweise stellt ein Unternehmen, das die Langlebigkeit als Alleinstellungsmerkmal seiner Produkte vermarktet, deutlich andere Anforderungen an das Produkt und an das Zulieferermanagement als ein Unternehmen, das das Niedrigpreissegment dieser Produktkategorie bedienen möchte. Die technische Planung bzw. Auslegung von Produkten auf eine – unter ökologischen und ökonomischen Aspekten – sinnvolle Lebensdauer kann also ebenfalls als von Herstellern „geplante Obsoleszenz“ bezeichnet werden, folgt aber einem anderen Verständnis als die „geplante Obsoleszenz“ im Sinne einer manipulativen Beeinflussung der Lebensdauer durch Hersteller, wie sie im populären öffentlichen Diskurs verwendet wird.
Je genauer die Hersteller ihre Lebensdauertests durchführen und je genauer sie ihre Testbedingungen an reale Nutzungsbedingungen anpassen, umso sicherer können sie Aussagen über die zu erwartende Lebensdauer machen, also mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Lebensdauer erreicht wird oder mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Bauteile wann ausfallen. Auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass vor dem Hintergrund von schnellen Produktzyklen, sinkenden Produktpreisen sowie kosten- und zeitaufwändigen Lebensdauertests die Anwendung von Lebensdauertests in der Praxis stark verkürzt, und mitunter nur die wichtigsten Funktionen geprüft werden. Dies führt dazu, dass die Hersteller selber keine richtungssicheren Angaben über die Lebensdauer ihrer Produkte mehr machen können.
Den Vorwurf zu be- oder widerlegen, dass Hersteller bestimmte Bauteile bewusst so auslegen, dass sie nach einer vorher definierten Zeit aufgrund eines Defektes ausfallen, um Verbraucherinnen und Verbraucher zu Neukäufen zu zwingen, war nicht die Zielsetzung der Studie des Öko-Institut und der Universität Bonn (dazu siehe Frage 1). Die Analyse hat gezeigt, dass es in der Realität sehr vielfältige Gründe gibt, Produkte zu ersetzen: werkstoffliche, funktionale, ökonomische und psychologische Gründe. Selbst die auftretenden technischen Defekte von Produkten haben wiederum vielfältige Ursachen.
4. Wie sieht es mit den Ausfällen aus, die in den Medien als typische Beispiele für eine geplante Obsoleszenz dargestellt werden?
In der Studie wurden drei typische Fallbeispiele, die in den Medien als Paradebeispiele für eine geplante Obsoleszenz im Sinne einer Designmanipulation angeprangert werden, näher untersucht. In allen drei Fällen konnte der Vorwurf einer geplanten Obsoleszenz im Sinne einer Designmanipulation nicht aufrechterhalten werden.
4.1. Aluminium-Elektrolytkondensator (Elko)
Elektrolytkondensatoren (Elkos) werden zur Spannungsregelung in Elektronikgeräten eingesetzt. Obwohl sie temperaturempfindliche Komponenten sind, werden sie häufig in der Nähe von Wärmequellen wie etwa Prozessoren platziert. Der Grund ist, dass sie so die Funktionsfähigkeit des Gerätes am besten gewährleisten können. Denn nur bei naher Platzierung am Prozessorsockel kann der elektrische Serienwiderstand gering gehalten und die dynamischen Eigenschaften der Schaltung verbessert werden. Es handelt sich also um eine Designentscheidung, bei der ein ausgewogener Kompromiss im Spannungsfeld unterschiedlich ausgerichteter Wirkungsprinzipien gefunden werden muss. Auf der anderen Seite ist die richtige Dimensionierung der Elkos entscheidend für die Produktlebensdauer. Ihre Auswahl erfolgt nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien, bei dem die zu erwartende Lebens- und Nutzungsdauer die Grundlage für die Produktgestaltung bildet. Weichen allerdings die realen Betriebsbedingungen von den Annahmen ab, die als Grundlage für die Auswahl von Elkos gebildet haben, können sie vorzeitig zum Produktausfall führen. Qualitätsdefizite in der Zulieferkette können ebenfalls dazu beitragen. Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, dass neben Mindestanforderungen an die Dimensionierung der Elkos und Formulierung von realitätsnahen Betriebsbedingungen für die Funktionsprüfung ein striktes Qualitätsmanagement in der Zuliefererkette umgesetzt wird. Die dabei entstehenden Mehrkosten für den Gerätehersteller scheinen im Hinblick auf den ökologischen Nutzen der Lebensdauerverlängerung nicht signifikant zu sein.
4.2. Kunststofflaugenbehälter in Waschmaschinen
Laugenbehälter in Waschmaschinen, die aus Kunststoff statt aus Edelstahl hergestellt werden, bieten neben Kostenvorteilen auch eine Reihe von weiteren Vorzügen. Sie sind geräuschärmer, mindern thermische Verluste und sind unempfindlicher gegen Korrosion. Wichtig ist dabei ausreichendes Know-how bei der konstruktiven Auslegung von hochbelasteten Kunststoffbauteilen, vor allem hinsichtlich der Strukturmechanik, chemischer Beständigkeit und thermischer Belastungen. Die unabhängigen Untersuchungen der Stiftung Warentest über die Lebensdauer von Waschmaschinen der vergangenen 15 Jahre an rund 600 Maschinen (= 196 Modelle á drei Geräte pro Test) haben gezeigt, dass es nur an wenigen Geräten zu Problemen gekommen ist, die man einem Kunststoffbottich zuordnen könnte. Dabei ist davon auszugehen, dass rund 90 Prozent der getesteten Geräte über einen Kunststoffbottich verfügten. Allerdings hat die Stiftung Warentest bisher nur Geräte in Preisklassen größer als 350 Euro getestet.
4.3. Tintenschwämmchenreservoir bei Tintenstrahldruckern
Die Problematik des Tintenschwämmchenreservoirs steht im Zusammenhang mit einer Schutzvorrichtung. Die Fehlermeldung, die nach einer bestimmten Anzahl von Druckseiten erscheint, soll verhindern, dass mögliche Folgeschäden (wie Verschmutzung durch Auslaufen der Tinte) auftreten, wenn die Kapazität des Tintenschwämmchens erreicht ist. Nichtsdestotrotz zeigt eine kritische Betrachtung der Schutzvorkehrung, dass der Auslaufschutz technisch auch anders realisiert werden kann, ohne gleich die Funktion des ganzen Geräts stillzulegen. Dabei werden austauschbare Resttintenbehälter eingesetzt, die in Modellen ab der mittleren Preisklasse zum Einsatz kommen. Auch ist zu bemängeln, dass diese begrenzte Kapazität des Tintenschwämmchenreservoirs den Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf häufig nicht bekannt ist.
5. Welche Erkenntnisse zur Lebens- und Nutzungsdauer zeigt die Studie?
Die Projektpartner haben vielfältige und umfassende Daten für ausgewählte Elektro- und Elektronikgeräte analysiert und ein sehr differenziertes Bild zur Lebens- und Nutzungsdauer dieser Geräte erhalten. Allgemein ergeben sich die drei nachfolgend beschriebenen Tendenzen.
5.1. Kürzere durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer
Verbraucher und Verbraucherinnen nutzen neu erworbene Produkte heute kürzer als früher. Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die so genannte „Erst-Nutzungsdauer“ – also die Zeitspanne beim ersten Nutzer oder der ersten Nutzerin bis zum Ersatzkauf – der Haushaltsgroßgeräte wie Waschmaschinen, Wäschetrockner, Kühlgeräte oder Herde in Deutschland von 14,1 Jahren (2004) auf 13 Jahre (2012/2013) leicht zurückgegangen. Dies fällt am stärksten bei der durchschnittlichen Erst-Nutzungsdauer von Gefriergeräten und Wäschetrocknern auf, welche von 18,2 auf 15,5 Jahre bzw. 13,6 auf 11,9 Jahre abnahm. Auch bei Waschmaschinen ist die Erst-Nutzungsdauer zwischen 2004 und 2012 leicht zurückgegangen. Wegen eines Defekts werden Haushaltsgroßgeräte heute etwas früher (nach 12,5 Jahren statt 13,5 Jahren) ersetzt. So werden Waschmaschinen heute nach durchschnittlich 11,6 Jahren aufgrund eines Defektes ersetzt, 2004 nach 12,5 Jahren.
Bei TV-Flachbildschirmen hingegen gibt es keine wesentlichen Veränderungen zwischen 2007 und 2012. Die durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer von TV-Flachbildschirmen lag bei 5,6 Jahren in 2012. Das ist allerdings etwa halb so lang wie die zur gleichen Zeit ersetzten Röhrenfernseher. Die durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer der Flachbildschirme, die aufgrund eines Defektes ersetzt wurden, lag im Jahr 2009 bei 5,2 Jahren, fiel auf 4,6 Jahre in 2010 und stieg auf 5,2 bzw. 5,9 Jahre in 2011 und 2012.
Bei Notebooks sank die „Erst-Nutzungsdauer“ zwischen 2007 und 2012 von 5,7 auf 5,1 Jahre. Die durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer der Notebooks, die aufgrund eines Defektes ersetzt wurden, stieg von 4,8 Jahren in 2004 auf 6,5 Jahre in 2006 an und fiel in 2007 wieder auf 5,3 Jahre zurück. In den Jahren 2010 bis 2012 lag die durchschnittliche Erst-Nutzungsdauer der defekten Notebooks zwischen 5,7 und 5,4 Jahren. Ein eindeutiger Trend, etwa dass Notebooks im Zeitverlauf signifikant früher kaputt gehen, ist aus den Daten nicht ableitbar.
Bei Mobiltelefonen zeigen Befragungen der Stiftung Warentest, dass 42 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland ihr Mobiltelefon innerhalb von zwei Jahren austauschen. Etwa 16 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer tauschen das Mobiltelefon alle drei Jahre aus.
5.2. Haushaltsgroßgeräte: Mehr Geräte in den ersten fünf Lebensjahren ausgetauscht
Die Studie zeigt, dass zwischen 2004 und 2012 der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die innerhalb von weniger als fünf Jahren aufgrund eines Defektes ausgetauscht wurden, von 3,5 auf 8,3 Prozent der Gesamtersatzkäufe stieg (siehe Grafik 5-1). Den Trend, dass mehr Haushaltsgroßgeräte innerhalb der ersten fünf Jahre ersetzt werden, bestätigte auch die Analyse der entsorgten Waschmaschinen an den kommunalen Sammelstellen und Recyclinganlagen in 2004 und 2013. Dabei war auffällig, dass 2013 mehr als zehn Prozent der Waschmaschinen maximal fünf Jahre wurden (sechs Prozent in 2004).
Die Studie zeigt auch, dass der Ersatzkauf aufgrund eines Defektes zwischen 2004 und 2012 über alle Haushaltsgroßgeräte insgesamt zwar leicht zurückgegangen ist. Dennoch ist ein Defekt noch immer die Hauptursache des Austauschs. So lag der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die aufgrund eines Defektes ausgetauscht wurden, bei 57,6 Prozent in 2004 und bei 55,6 Prozent in 2012.
5.3. Verbraucherwunsch nach neuen, besseren Produkten
Die Studie zeigt auch, dass heute mehr Elektro- und Elektronikgeräte ersetzt werden, obwohl sie noch gut funktionieren. Häufig sind Technologiesprünge und der Wunsch nach neuen, besseren Funktionen und Modellen ein Auslöser. So wurden 2012 über 60 Prozent der noch funktionierenden Flachbildschirmfernseher ersetzt, weil die Konsumentinnen und Konsumenten ein besseres Gerät haben wollten. Eine Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt, dass 68 Prozent der Befragten das Handy innerhalb von drei Jahren wechselten, entweder weil sie einfach ein noch besseres Gerät haben wollten (40%) oder sie durch den Vertrag regelmäßig ein neues Gerät bekommen (28%). Selbst bei Haushaltsgroßgeräten war bei einem Drittel der Ersatzkäufe das Gerät sogar noch funktionstüchtig und der Wunsch nach einem besseren Gerät kaufentscheidend.
6. Was sind die Gründe für den Austausch bzw. Ausfall der untersuchten Produkte?
Die Analyse von Öko-Institut und Universität Bonn hat gezeigt, dass es sehr vielfältige Gründe gibt, Produkte zu ersetzen: werkstoffliche, funktionale, ökonomische und psychologische Gründe. Selbst die auftretenden technischen Defekte von Produkten haben wiederum vielfältige Ursachen. Insgesamt werden heute jedoch mehr Elektro- und Elektronikgeräte auch ersetzt, obwohl sie noch gut funktionieren. Ausfall- bzw. Austauschursachen unter der Lupe:
6.1. Flachbildfernseher
Bei Fernsehgeräten zeigt die Analyse, dass die Display-/Bildschirmeinheit, Netzteilkarte, Aluminium-Elektrolytkondensatoren sowie auftretende Transportschäden bei empfindlichen Bauteilen als Hauptursachen für werkstoffliche Obsoleszenz auftraten. Weniger wahrscheinlich aber möglich: Auch weitere Komponenten, wie zum Beispiel die Hauptplatine, können ausfallen. Neben der werkstofflichen Obsoleszenz spielen die softwarebedingten Fehler, also die funktionalen Obsoleszenz, eine wichtige Rolle. Dabei spielen schnelle Weiterentwicklung der TV-Formate in Bezug auf die Auflösung, neue Funktionen und fehlende Vereinheitlichung von Übertragungsstandards eine zentrale Rolle. In älteren Geräten fehlen dann Hardware-Chips (Transmitter- und Receiver-Chips), die in der Lage sind, die entsprechenden neuen Formate auszulesen oder die Sendeinhalte in erwünschter Qualität wiederzugeben.
Neue Funktionen (die Verschmelzung von Fernsehen und Internet als Hybrid-TV), stellen außerdem deutlich höhere Anforderungen an die Software. Nicht zu unterschätzen ist die steigende Quantität an zugrunde liegendem Quelltext, der aufgrund der Einführung von SMART-TVs in den vergangenen Jahren stark angewachsen ist. Um den kompletten Quelltext auf Fehler hin zu testen, also einen sogenannten „Volltest“ durchzuführen, benötigt man etwa 15 Arbeitswochen. Da die Produktinnovationszyklen in der Branche sehr kurz sind (Zykluszeit 1 Jahr), wird in vielen Fällen jedoch nicht der komplette Quelltext getestet, sondern häufig nur die typischen Fehlermöglichkeiten geprüft und anhand statistischer Verfahren („Regression“) daraus insgesamt Ausfallwahrscheinlichkeiten abgeleitet. Einige Hersteller senken die Testdauern so auf etwa 3 Wochen. Problematisch ist hier jedoch, dass nicht die gesamte Software auf Funktionalität getestet wird, so dass es zu Softwarefehlern kommen kann.
Der wichtigste Grund, einen älteren Fernseher durch einen neuen zu ersetzen, liegt in der psychologischen Obsoleszenz. Die Studie zeigt, dass in 2012 über 60 Prozent der noch funktionierenden Flachbildfernseher ersetzt wurden, weil die Konsumentinnen und Konsumenten ein besseres Gerät haben wollten (siehe Grafik 6-1). Dabei sind das Bedürfnis nach größeren Bildschirmdiagonalen und besserer Bildqualität sowie die fallenden Preise die Hauptfaktoren für den Austausch.
6.2. Smartphones/Mobiltelefone
Bei Smartphones stellten Akku, Bildschirmeinheit, Home Button sowie der An-/Ausschalter häufige Reparaturursachen dar. Auch hier wurde beobachtet, dass viele weitere Komponenten ebenfalls ausfallen können. Die steigende Nutzungsintensivität und die Funktionsvielfalt sind dabei für häufigere Reparaturen bzw. den Austausch der Akkus verantwortlich. Die Analyse zeigte zudem, dass die Entnahme von Akkus in Modellen ohne fest verbauten Akku in weniger als einer Minute möglich ist. Bei Modellen mit fest verbauten Akkus dauert dies bis zu 20 Minuten und braucht entsprechendes Spezialwerkzeug. Untersuchungen der Stiftung Warentest zeigen, dass der Anteil von Handys mit fest eingebauten Akkus zwischen 2010 und 2013 kontinuierlich gewachsen ist. So besaßen 2014 mehr als ein Drittel der von Stiftung Warentest untersuchten Smartphones einen fest eingebauten Akku. Gleichzeitig bekamen mehrere Modelle schlechte Qualitätsurteile bezüglich der Akkuleistung. Nicht-wechselbare Akkus in Kombination mit unzureichender Akkuleistung – solche Modelle werden wahrscheinlich im Laufe der Nutzung aufgrund von schwacher Akkuleistung ersetzt.
Eine weitere Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt allerdings, dass die psychologische Obsoleszenz eine entscheidende Rolle bei der Begrenzung der Nutzungsdauer von Smartphones/Mobiletelefonen spielt. So nannten nur neun Prozent der Befragten, die innerhalb von drei Jahren ihr Handy wechselten, einen Akkudefekt oder schwache Akkuleistung als Ersatzursache. 68 Prozent der Befragten gaben dagegen an, das Handy zu wechseln, entweder weil sie einfach ein noch besseres Gerät haben wollten (40%) oder sie durch den Vertrag regelmäßig ein neues Gerät bekommen (28%).
6.3. Waschmaschinen
Für Waschmaschinen zeigen Analysen der Stiftung Warentest, dass es nicht die eine wiederkehrende Ausfallursache gibt. Vielmehr können praktisch alle Elemente einer Waschmaschine ausfallen, insbesondere aber Bauteile, die einer erhöhten Schwingungsbelastung ausgesetzt sind (werkstoffliche Obsoleszenz). Forschungen des britischen Instituts WRAP zeigten zudem, dass eine Reihe von Ursachen die Lebensdauer von Waschmaschinen verkürzen könnte – so etwa Probleme in der Elektronik, bei der Türdichtung und -scharnieren, beim Zulauf- und Abflussschlauch, den Wasserheizelementen etc. Die teilnehmenden Personen der Online-Verbraucherbefragung der vorliegenden Obsoleszenz-Studie nannten Defekte der Elektrik (28%), der Pumpe (23%) und einen Lagerschaden (15%) als Hauptgründe für den Ausfall.
Die funktionale Obsoleszenz steht bei Waschmaschinen in Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Einsatz von Waschmitteln sowie Textilien. Ältere Waschmaschinen können durchaus weiter funktionieren, benötigen jedoch viel mehr Energie, um eine gute Waschwirkung zu erzielen. Untersuchungen aus dem Jahr 2004 zeigten, dass eine neue Maschine nur etwa halb so viel Energie wie eine 15-jährige Maschine und ein Viertel der Energie einer 30-jährigen Maschine benötigte, um die gleiche Waschleistung zu erreichen. Ein Vergleich des Wasserverbrauchs bei konstanter Beladung zeigte ähnliche Faktoren für eine Verbesserung im Laufe der Zeit. Dieses Zusammenspiel von Waschmaschinen, Textilien und Waschmittel sind ein Grund für Verbraucher, neue Geräte anzuschaffen – so kann man aus der internetbasierten Verbraucherbefragung ableiten, dass diese Effekte der funktionalen Obsoleszenz für rund 12 Prozent der Haushalte der Grund für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine waren.
Die Analyse der ökonomischen Obsoleszenz bei Waschmaschinen bestätigte erneut die hohen Reparaturkosten als eine mögliche Hürde. Theoretisch ist eine Reparatur aller ausgefallenen Bauteile und Komponenten einer Waschmaschine möglich, jedoch sind die Kosten teilweise sehr hoch. Dies liegt insbesondere daran, dass diese Reparaturen vor Ort durchgeführt werden und deshalb Anreisekosten für das Servicepersonal anfallen. Zusammen mit Ersatzteilkosten entstehen bei einigen Reparaturen, beispielsweise der Steuerungselektronik, des Motors, des Laugenbehälters oder der Kugellager, Kosten von mehreren Hundert Euro. Dem entgegen steht eine drastische Verringerung der Marktpreise von neuen Waschmaschinen, insbesondere bis zum Jahr 2004.
6.4. Notebooks
Bei Notebooks zeigen die Analysen der werkstofflichen Obsoleszenz, dass bei Geräten für Privathaushalte Festplattenlaufwerke, Arbeitsspeicher, Grafikchips und Akkus (jeweils sehr häufig) sowie Hauptplatine, Prozessorlüfter, Netzteile, Bildschirm und -abdeckungen (Scharniere) und Notebookgehäuse (jeweils häufig) ausfallen können (siehe auch Grafik 6-1). Auffällig ist, dass bei gewerblich eingesetzten Geräten Festplattenlaufwerke und Akkus häufig ausfallen, alle weiteren Komponenten dagegen nur selten. Hauptgründe für die Ausfälle sind thermische Probleme, mechanische Abnutzung und fahrlässiger Umgang.
Was die Wechselwirkung zwischen der funktionalen Obsoleszenz und den Hardwaretreibern angeht, sind insbesondere die Hersteller der Peripheriegeräte gefordert, die Treiber für eine längere Zeit zur Verfügung zu stellen, da die Support- und Entwicklungszyklen der Betriebssysteme sowie ein Wechsel der Treiberarchitektur langfristig angekündigt werden. Die funktionale Obsoleszenz, die durch eine Aktualisierung des Betriebssystems hervorgerufen wird, hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die älteren PCs die Mindestanforderungen des neuen Betriebssystems nicht einhalten konnten. Außerdem führte die Einstellung des Supports für ältere Betriebssysteme dazu, dass sicherheitsrelevante Betriebssystem- und Software-Updates nicht mehr zur Verfügung standen, um beispielsweise Schutz vor Trojanern und Viren zu bieten. Als Konsequenz musste der PC durch ein neues Gerät ersetzt werden, obwohl die technische Lebensdauer noch nicht ausgeschöpft war.
Bei Notebooks spielt hingegen die psychologische Obsoleszenz inzwischen eine geringere Rolle. Die symbolische Bedeutung von Notebooks als Modeaccessoire oder als Anzeiger für die eigene gesellschaftliche Stellung scheint abgenommen zu haben. Innovationszyklen haben sich verlangsamt und die Entwicklungsarbeit wurde in andere Bereiche (z.B. Tablet-Computer) verlagert.
Fest verklebte Akkus und Spezialschrauben vor Motherboard, Arbeitsspeichern oder Festplatten, die nur mittels Spezialwerkzeugen geöffnet werden können, lösen u.a. die ökonomische Obsoleszenz aus. Vor allem beim Austausch von Mainboard, Prozessor und Grafikchip entstehen die höchsten Kosten für die Reparatur. In diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass die Reparaturen oft ausbleiben und eher neue Geräte angeschafft werden.
7. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Preis und Langlebigkeit?
Preiskorrelation zwischen höherem Preis und langlebigeren Geräte ist durchaus zu beobachten. Jedoch ist das Verhältnis keineswegs linear, es gibt langlebige günstige Geräte und auch einzelne Fälle, wo hochwertige teure Geräte viel zu früh ausfallen. Jedoch sind Qualitätsmanagement bis hinein in die Zulieferkette, Produkttests beim Hersteller, Vorhaltung von Ersatzteilen deutlich kostenrelevante Faktoren, die die Lebensdauer eines Produktes maßgeblich mitbestimmen. Und: Für eine Reihe von Produkten sind die Preise in den vergangenen Jahren tatsächlich deutlich gesunken.
7.1. Beispiel Waschmaschinen
Der Zusammenhang zwischen Preis und Lebensdauer lässt sich am Beispiel von Waschmaschinen gut erkennen. Stiftung Warentest veröffentlichte 2013 die Ergebnisse ihrer Lebensdauerprüfungen für den Zeitraum von 2003 bis 2012: Demnach verdreifacht sich die Ausfallwahrscheinlichkeit der Waschmaschinen bei einem Kaufpreis von unter 550 Euro im Vergleich zu Maschinen, die 700 Euro und mehr kosten nach 10 Jahren (siehe Abbildung 7-1). Kritisch anzumerken ist aber, dass die Stiftung Warentest in all den Jahren keine Waschmaschinen mit einem Marktpreis unter 350 Euro getestet hat.
8. Welche Auswirkung hat eine kürzere Nutzung auf die Treibhausgasbilanz der Produkte?
Die Ergebnisse der ökologischen Lebenszyklusanalyse (Ökobilanz) zeigen ein eindeutiges Bild: Bei allen untersuchten Produktgruppen schneiden die langlebigen Produkte in allen Umweltkategorien besser ab als die kurzlebigen Varianten. Das ist der Fall, obwohl neben der Energieeffizienzsteigerung der neuen Geräte und dem höheren Herstellungsaufwand des langlebigen Produktes auch die Nachrüstung/ Reparatur des langlebigen Geräts mit Ersatzteilen (inkl. deren Herstellungsaufwand) in die Bilanzierung miteinbezogen wurde.
So verursacht beispielsweise eine langlebige Waschmaschine über einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahren knapp 1.100 Kilogramm weniger CO2-Äquivalente als ein kurzlebiges Modell. Ein langlebiges Notebook verursacht über einen Betrachtungszeitraum von 12 Jahren knapp 300 Kilogramm weniger Treibhausgase als die kurzlebige Variante. Ein langlebiges Fernsehgerät verursacht über zehn Jahre hinweg knapp 600 Kilogramm weniger Treibhausgase als ein kurzlebiges. Mit Blick auf die gesamten Verkaufszahlen, wonach allein in Deutschland im Jahr 2014 knapp 5,5 Millionen Notebooks und über 8,0 Millionen Fernsehgeräte verkauft wurden, wird die Dimension der gesamten möglichen Treibhausgaseinsparungen bei einer längeren Nutzung deutlich. Die Grafik 8-1 zeigt die Umweltwirkung kurz- und langlebiger Produkte im Vergleich.
9. Was ist empfehlenswerter: ein neues, energiesparendes Gerät zu kaufen oder das alte reparieren zu lassen?
Das Postulat des Energiesparens war lange Zeit: Kaufen Sie ein neues energiesparenderes Gerät, wenn das alte schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Grundsätzlich kann man dazu sagen, dass es vom konkreten Produkt abhängt, ob eine Verlängerung der Lebens- und Nutzungsdauer durch eine Reparatur aus Umweltsicht besser ist. Dabei spielen die Energieeffizienzsprünge zwischen dem neuen und ersetzen Gerät, Herstellungsaufwand des neuen Geräts sowie das reale Verbraucherverhalten eine wichtige Rolle. Bei einem notwendigen Neukauf ein besonders energieeffizientes Gerät zu wählen, macht natürlich immer Sinn. Anders sieht die Situation aus, wenn man noch ein funktionsfähiges Gerät besitzt.
Studien, zum Beispiel für Notebooks oder Waschmaschinen, belegen deutlich, dass in den allermeisten Fällen das langlebige Produkt das umweltfreundlichere Produkt ist, trotz Fortschritt in der Energieeffizienz. So hat das Öko-Institut in einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes berechnet, dass auch, wenn das neue Notebook etwa zehn Prozent weniger Energie in der Nutzung braucht als das alte Gerät, man es über 80 Jahre lang nutzen müsste, bis man den Aufwand für die Herstellung durch die Einsparung in der Nutzung aufgewogen hat. Bei anderen elektronischen Geräten, wie Fernsehgeräten und Smartphones, ist es ebenfalls aus Umweltgesichtspunkten sinnvoll, diese möglichst lang zu nutzen.
Bei Kühl- und Gefriergeräten lohnt der vorzeitige Ersatz eines Altgeräts durch ein effizientes A+++-Gerät in der Regel dann, wenn das vorhandene Gerät älter als fünf bis zehn Jahre ist. Hier amortisiert sich der Energieverbrauch, der zur Herstellung des Neugerätes benötigt wird, innerhalb von 0,7 bis 2,5 Jahren durch die Einsparungen beim Stromverbrauch während der Nutzung. Bei Gefrierschränken amortisiert sich der vorzeitige Ersatz eines etwa zehn Jahre alten Geräts auch finanziell innerhalb von acht bis zehn Jahren. Grundlage für die Berechnungen war die Annahme, dass das Nutzvolumen der Geräte gleich bleibt. Das heißt, es ist zu berücksichtigen, dass größere Geräte auch einen größeren absoluten Energieverbrauch aufweisen, was die Dauer der Amortisation verlängert. Zukünftig wird die weitere Verbesserung der Energieeffizienz jedoch wahrscheinlich abflachen, so dass für heute auf den Markt gebrachte A+++-Geräte eine möglichst lange Nutzung aus Umweltgesichtspunkten sinnvoll sein wird.
10. Lohnt sich eine längere Nutzung für die Verbraucher aus Kostengründen?
Die Obsoleszenz-Studie zeigt, dass es sehr stark von den getroffenen Annahmen abhängt, ob sich eine längere Nutzung aus Kostengesichtspunkten lohnt. So ist die Differenz der Anschaffungskosten zwischen kurzlebigen und langlebigen Produkten eine entscheidende Größe, ob letztere über die Lebensdauer Kosten sparen. Ist die Differenz gering, käme es in der Regel zu größeren positiven Kosteneinsparungseffekten bei langlebigen Produkten. Die zweite entscheidende Größe ist die Energieeffizienzsteigerung der Produkte selbst. Ist die Energieeffizienz der neu angeschafften kurzlebigen Produkte erheblich besser als die Vorläufergenerationen und die Differenz der Anschaffungskosten zwischen kurz- und langlebigen Varianten sehr hoch, käme es zu geringen positiven, oder im schlimmsten Fall, sogar zu negativen Kosteneffekten für die langlebigen Produkte. Nicht zuletzt spielen die Reparaturkosten eine wichtige Rolle. Sind diese hoch, scheint es aus Kostengesichtspunkten sogar attraktiver, einen Neukauf zu betätigen.
Ein Praxisbericht im Rahmen der Obsoleszenz-Studie bestätigt das Problem der ökonomischen Obsoleszenz. Dafür wurde ein gebrauchtes Notebook (Intel Core2 Duo 2,0 GHz, 1 GB RAM, 80 GB HDD, 15 Zoll Bildschirmgröße und DVD-Brenner) von einem privaten Anbieter für 131 Euro gekauft. Das Notebook wird in Internetforen aufgrund der vielen Schnittstellen als besonders geeignetes Notebook zum Aufrüsten gepriesen. Zum Upgrade des Notebooks wurden folgende Maßnahmen getroffen:
- Speicherplatzerweiterung auf 2*2 GB: 70 Euro
- Ersatz der HDD-Festplatte durch ein SSD mit 150 GB und Klonsoftware: 90 Euro
- Adapterkabel zum „Festplattenklonen“: 25 Euro
Das Upgrade (inkl. Kaufpreis) kostete insgesamt knapp 316 Euro und über drei Stunden Arbeitszeit. Bei einem Stundenlohn eines Reparaturbetriebs von 40 Euro pro Stunde entstünden Gesamtkosten von circa 436 Euro. Bei einem Supermarkt-Discounter war ein neues Notebook mit gleicher Bildschirmgröße, einer 500 GB Festplatte, 4 GB DDR3 RAM, einem DVD-Brenner, einer Webcam mit Mikrofon und einem Kartenleser für nur 299 Euro erhältlich.
Aus diesem Grund stellen die Autorinnen und Autoren der Obsoleszenz-Studie die Lebensdauer- und Haltbarkeitsanforderungen ins Zentrum der Gesamtstrategien gegen Obsoleszenz. Denn das Ziel sollte sein, dass die Produkte eine Mindestlebensdauer erreichen, ohne oder nur in seltensten Fällen reparaturbedürftig zu werden.
11. Wie kann man dem Phänomen Obsoleszenz begegnen? Welche Strategien und Maßnahmen schlagen Sie für eine längere Produktnutzung vor?
Wichtigstes Ziel mit Blick auf die Umwelt ist eine Verlängerung der Lebens- und Nutzungsdauerdauer für elektronische und elektrische Produkte. Insbesondere müssen Ausfälle in den frühen Phasen der Nutzung verhindert werden. Dafür braucht es aus Sicht der Autorinnen und Autoren ein umfassendes Set an Strategien und Lösungsoptionen, die sowohl die Hersteller als auch die Politik und die Verbraucherinnen und Verbraucher ansprechen. Die Studie schlägt ein breites Set an Maßnahmen vor, die die wichtigsten Ursachen von Obsoleszenz ansprechen. Einen Überblick zeigt die Grafik 11-1:
Zentraler Baustein im empfohlenen Strategien- und Instrumentenmix sind Mindestanforderungen an die Qualität und Haltbarkeit von Produkten sowie ihrer kritischen Bauteile und Komponenten. Damit die technische Lebensdauer in der Praxis auch geprüft und verglichen werden kann, muss zudem die Entwicklung von Messnormen und Standards für Bauteile und Geräte vorangetrieben werden.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass je nach Produktgruppe technische und ökonomische Grenzen bezüglich Aufwand und Überprüfbarkeit der Lebensdauer eines Gesamtproduktes bestehen. So müsste zum Beispiel ein Fernsehgerät, laut Stiftung Warentest, rund anderthalb Jahre im Labor laufen, um die Nutzung von sieben Jahren zu simulieren (test 09/2013). Für solche Fälle sind Mindestanforderungen an Qualität oder Lebensdauer besonders wichtiger oder störanfälliger Komponenten oder Designanforderungen, die die Reparierbarkeit verbessern, wichtige Schritte.
Zudem sollten die Rahmenbedingungen für die Reparierbarkeit von Produkten verbessert werden, damit defekte Geräte häufiger repariert statt durch neue ersetzt werden. Dazu gehören etwa die Lieferbarkeit von Ersatzteilen und transparente Reparaturinformationen an unabhängige und nicht herstellergebundene Reparaturbetriebe. Die Empfehlungen zielen aber in erster Linie darauf ab, dass die Geräte möglichst fehlerfrei bleiben und der Reparaturbedarf erst gar nicht oder nur in seltensten Fällen entsteht.
Die Verfasser der Studie empfehlen auch, die Informationspflichten für Hersteller zu erhöhen. Zum einen sollten sie beispielsweise Verschleißteile und Sollbruchstellen, im Sinne einer Sicherheitsfunktion, eindeutig deklarieren. Zum anderen sollten sie Verbraucherinnen und Verbraucher über die ökologischen Vorteile von langlebigen Produkten, Wartungsintervalle sowie Kosten für mögliche anfallende Reparaturen informieren.
12. Was macht das Umweltbundesamt (UBA) mit den Ergebnissen der Studie?
Der folgende Absatz gibt Aussagen des Umweltbundesamtes wieder: Das Umweltbundesamt beabsichtigt, die Maßnahmenvorschläge der Studie nun gemeinsam mit den Empfehlungen weiterer Forschungsvorhaben auszuwerten. Beispielsweise bietet ein weiteres Forschungsvorhaben „Stärkung eines nachhaltigen Konsums im Bereich Produktnutzung durch Anpassungen im Zivil- und öffentlichen Recht“1 einen anderen Blickwinkel in die Problematik der produktbezogenen Lebensdauerangaben, in dem das Vorhaben eine verpflichtende Herstellergarantieaussage vorschlägt. Hersteller sollen danach verpflichtet werden, eine Aussage über die garantierte Lebensdauer des Produktes und gegebenenfalls das Vorhandensein eines Reparaturservices zu machen. Die Hersteller können dabei eine sogenannte „Nullaussage“ treffen, d.h. den Zeitraum „Null“ angeben und keine Garantie übernehmen. In diesem Fall entsteht eine bloße Informationspflicht, die dann mit einem negativen Labelling verbunden wäre. Wird ein längerer Zeitraum als Null angegeben, besteht eine materielle Garantie, an die die Herstellenden gebunden sind. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich so auf eine gewisse Lebensdauer einstellen. Das Instrument schafft Transparenz und stärkt die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher. Anders als bei der kaufrechtlichen Gewährleistung, die das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer regelt, wird hier direkt derjenige in die Pflicht genommen, der für die Produktbeschaffenheit verantwortlich ist und diese am besten kennt. Die Studie setzt weiterhin an der besseren Durchsetzung von Produktanforderungen an. So könnte eine Erweiterung der verbraucherschutzrechtlichen Verbandsklagebefugnisse auf Umweltverbände eine für die Querschnittsthematik Obsoleszenz sinnvolle Verzahnung der Rechte von Verbraucher- und Umweltverbänden ermöglichen.
Weiterführende Informationen
Infografiken zu Obsoleszenz des Öko-Instituts – Nutzungsdauer, Austauschgründe, Strategien