
Internationaler Waldschutz – für Umwelt und Klima
Wälder sind viel mehr als nur Holz. Sie speichern große Mengen an Treibhausgasen und wirken so als CO2-Senken dem Klimawandel entgegen. Als „grüne Lunge des Planeten“ produziert der Wald Sauerstoff. Aber auch lokal mildern Wälder Temperaturextreme und regulieren den Wasserhaushalt. Außerdem beherbergen vor allem naturnahe Wälder eine unfassbare Vielfalt an Arten – in den tropischen Regenwäldern sind viele von ihnen noch gar nicht vom Menschen erfasst und doch schon vom Aussterben bedroht. Nicht zuletzt ist der Wald ein beliebter Erholungsort.
Global sind die Schäden durch Entwaldung unübersehbar: Rund 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen stammen aus der Rodung von Tropenwäldern. So müssen Wälder dem Anbau von Monokulturen wie Palmöl und Soja weichen oder werden in Rinderweiden umgewandelt. Zudem werden kommerziell wertvolle Bäume in Urwäldern genutzt, beispielsweise um Tropenholz für billige Gartenmöbel oder die Papierproduktion zu gewinnen, häufig sogar illegal. Dies löst eine Kette der Verschlechterung von Wäldern bis hin zur kompletten Entwaldung aus.
Allein im Jahr 2020 sind nach Angaben von Global Forest Watch über zwölf Millionen Hektar Wald in den Tropen verloren gegangen. Davon waren 4,2 Millionen Hektar Primärregenwälder – eine Fläche von der Größe der Niederlande. 2.640 Millionen Tonnen CO2 setzte allein der Verlust der Primärregenwälder frei. GFW bilanziert zudem, dass die Entwaldung im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent angestiegen ist.
Waldschutz, Naturschutz, Klimaschutz – und andere Interessen
Eine große Herausforderung beim Schutz des Waldes sind die vielen konkurrierenden Bedürfnisse, die an die Waldnutzung gerichtet werden: Wälder dienen der globalen und lokalen Nahrungsmittelproduktion. Menschen besiedeln seit Jahrtausenden Waldgebiete. Als Quelle für die Energie- und Rohstoffversorgung kann eine nachhaltige Forstwirtschaft die Wälder zukunftsfähig nutzen – oder die Ressourcen unkontrolliert ausbeuten. Aus der Sicht von Natur- und Klimaschutz stehen die Kohlenstoffspeicherung, die biologische Vielfalt und andere Ökosystemleistungen im Mittelpunkt.
Klar ist, dass es ohne einen drastischen Stopp der globalen Entwaldung nicht möglich sein wird, das 2015 in Paris beschlossene Ziel zu erreichen, den weltweiten Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Gleichzeitig sind Maßnahmen nötig, um Kohlenstoffsenken in Landökosystemen wiederaufzubauen. Statt Wälder zu roden, gilt es, sie zu schützen, Schäden zu vermeiden und bereits degradierte Flächen wieder aufzuforsten.
International hat die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) Regeln für den Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (LULUCF) aufgestellt. Grundsätzlich muss Waldschutz auch entlang globaler Lieferketten berücksichtigt werden, die Kontrollen sind jedoch nach wie vor unzureichend. Publikationen und weitere Informationen aus der Forschung des Öko-Instituts finden sich auf den verlinkten Themenseiten.
Internationaler Waldschutz braucht Kooperation
Weil es konkurrierende Ansprüche an Wälder gibt und sich Waldzerstörung global auswirkt, benötigt Waldschutz umfassende internationale Zusammenarbeit. Diese muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen:
- Beteiligung: In Projekten, konkreten Maßnahmen und Klimaschutzstrategien, die den Landnutzungssektor betreffen, ist es zentral, die Menschen vor Ort einzubeziehen. Dazu gehört auch, Landbesitzfragen zu klären, Mitsprache zu ermöglichen und Rechte zu respektieren. Insgesamt ist „Ownership“ wichtig, also dass sich Länder, Behörden, Stakeholder und Betroffene mitgenommen fühlen und ihnen keine von außen entwickelten Lösungen übergestülpt werden. Das erfordert Zeit und macht den Prozess langsamer, langfristig aber erfolgreicher.
- Transparenz: Zwar existieren heute viele Daten zu Landnutzungsänderungen und den damit verbundenen Emissionen, beispielsweise von Satelliten, aus Wertschöpfungsketten oder Statistiken. Um diese besser und kooperativer nutzen zu können, bedarf es jedoch einer transparenten Datenbereitstellung und Dokumentation: Wo geht Wald verloren? Was sind die Treiber? Solche Informationen müssen frei verfügbar und qualitativ hochwertig sein. Weitere Themen sind die Kompatibilität und Harmonisierung der Daten sowie eine barrierefreie Weitergabe.
- Finanzierung: Schutzmaßnahmen für Wälder kosten Geld. Dabei muss sich die Finanzierung an hohen Standards für Zertifizierung und Lieferkettenmanagement ausrichten. Diese dürfen nicht aufgeweicht werden, nur um schnellere Ergebnisse zu erzielen. Klimaschutzprojekte im Sektor Landnutzung sind schwieriger zu kontrollieren als Projekte im Bereich der Industrie. Daher sind mehr Überwachungsmaßnahmen erforderlich.
- Kohärenz: Im Klimaschutzabkommen von Paris haben sich die Länder dazu verpflichtet, nationale Klimaschutzverpflichtungen, sogenannte Nationally Determined Contributions, NDCs, einzugehen und umzusetzen, auch im Kontext Wald- und Landschaftsschutz. Diese selbstgesteckten Ziele müssen ambitioniert aber auch mess- und überprüfbar sein. Nur dann können die NDCs auch sinnvoll verglichen werden und liefern Ergebnisse für den Klimaschutz.
- Investitionen: Zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie werden aktuell immense Summen investiert, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Bereitstellung staatlicher Mittel muss sich an Richtlinien für den Schutz und die Wiederherstellung von Wäldern orientieren. Durch diese Investitionen werden Entwicklungspfade mittelfristig gestaltet – daher sollten die begrenzten Mittel in nachhaltige Maßnahmen fließen.
Wiederherstellung von Wäldern (Restoration)
Neben dem Schutz bestehender Wälder – insbesondere der für Klima und Biodiversität so wichtigen Urwälder – ist es notwendig, Waldflächen wiederherzustellen, neu zu bepflanzen oder durch gezielte Eingriffe ökologisch aufzuwerten. Beispiele in Deutschland sind Wiederaufforstungen nach Waldbränden oder einem Befall durch Borkenkäfer, Waldverjüngung oder die gezielte Pflanzung von an den Klimawandel besser angepassten Baumarten.
Global gibt es sehr unterschiedliche Ansätze – von der „Great Green Wall“, die sich quer durch Afrika ziehen und eine weitere Ausbreitung der Sahara stoppen soll, über von Umwelt- und lokalen Gruppen getragene Aufforstungsprojekte bis hin zu Projekten, die den Menschen im globalen Norden versprechen, ihre konsumbedingen CO2-Emissionen durch Baumpflanzungen an anderer Stelle zu kompensieren.
Gerade letzteres steht in der Kritik: Oft ist wenig transparent, wo und ob die gespendeten Bäume – sei es pro Kiste Bier oder für 45 Suchanfragen im Internet – tatsächlich gepflanzt werden. Zudem stellt sich die Frage, welche Baumarten hierfür verwendet werden und ob diese natürlich in den Wiederbewaldungsgebieten vorkommen oder Naturschutzprobleme verursachen können. Und um entsprechende Mengen an Treibhausgasen zu speichern, müssen die Bäume auch gedeihen – und zwar möglichst lange. Dies spricht gegen die Einrichtung von intensiv genutzten Plantagen, die regelmäßig wieder abgeholzt werden.
Ein weiteres Problem ist die Flächenkonkurrenz. Ebenso wie der Schutz von Wäldern funktioniert auch Wiederaufforstung nur in Kooperation mit den Menschen, die in den betreffenden Gebieten leben, Lebensmittel anbauen, ihre Tiere weiden wollen und Brennstoffe benötigen. Nachhaltige Waldprojekte beziehen alle diese Faktoren mit ein.
Projekt „Transparent Monitoring“: Überwachung von Waldschutz muss transparent sein
In dem vom Center for International Forestry Research (CIFOR) geleiteten Forschungsvorhaben „Transparent monitoring in practice: Supporting post-Paris land use sector mitigation“ entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts Instrumente, um die globalen Daten für den Waldschutz – beispielhaft in vier Ländern (Côte d'Ivoire, Äthiopien, Papua-Neuguinea und Peru) – effektiver zu nutzen.
Nach Artikel 13 des Pariser Klimaschutzabkommens müssen alle Vertragsparteien bis spätestens Ende 2024 zweijährliche Transparenzberichte über ihre landnutzungsbezogenen Klimaschutzverpflichtungen vorlegen. Einen hohen Stellenwert hat dabei das Thema Messung, Berichterstattung und Verifizierung, kurz MRV. Um sämtliche Anforderungen zu erfüllen, benötigen gerade die Länder des globalen Südens zuverlässige, genaue und unvoreingenommene Informationsquellen für die transparente Überwachung (Transparent Monitoring, TM).
Verschiedene Länder – verschiedene Ansätze
Datenquellen dafür sind beispielsweise Global Forest Watch, OpenForis und Geo-Wiki. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln nun Leitlinien für TM, um Open-Source-Tools und Open-Access-Daten optimal zu nutzen und den Datenzugriff zu verbessern.
In Côte d'Ivoire sind vor allem die Kakaolieferketten relevant für die Minderung von Treibhausgasen im Landnutzungssektor. Diese transparent zu bewerten, soll auch eine effektive und konsistente CO2-Rechnungslegung auf nationaler Ebene ermöglichen. In Äthiopien steht die Integration von Open-Source-Tools, frei verfügbaren Daten und TM-Prinzipien in das nationale Berichterstattungssystem im Fokus. Dies soll ermöglichen, dass der in Biomasse gebundene Kohlenstoff nach Landnutzungsänderungen genauer ermittelt und lokale gesellschaftliche Gruppen besser beteiligt werden können.
In Papua-Neuguinea analysiert das Wissenschaftsteam ebenfalls, wie Open-Access-Daten das nationale MRV-System unterstützen können. Sehr wichtig ist hier die Beteiligung indigener Völker und lokaler Gemeinschaften an MRV. In Peru erarbeitet das Projektteam Leitlinien für ein interaktives System zur Überwachung von Waldveränderungen in Echtzeit, das mit einem nationalen Anreizsystem verbunden ist.
REDD+: Konzepte für die Finanzierung von Waldschutz
Kernidee des REDD+ Mechanismus‘ im Rahmen des UN-Klimaregimes ist, dass die Industriestaaten Länder des globalen Südens finanziell unterstützen, wenn diese ihre Wälder schützen und so das Klima stabilisieren. Gefördert wird beispielsweise, wenn die Umwandlung von Wald in andere Landnutzungen verringert, Waldschäden reduziert, Waldbewirtschaftung nachhaltiger oder Aufforstung ausgeweitet werden. Hierfür gibt es bereits eine Reihe unterschiedlicher Finanzierungsformen, die sich teils überschneiden, jedoch auch deutliche Unterschiede aufweisen.
Im Forschungsvorhaben „Potentiale für Result-Based Payment – Instrumente im Waldsektor unter dem Übereinkommen von Paris“ analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Öko-Institut und dem Center for International Forest Research (CIFOR), wie und unter welchen Umständen verschiedene Finanzierungsformen in ihrem jeweiligen Kontext für marktbasierte Ansätze geeignet sind. Im Rahmen marktbasierter REDD+ Finanzierung können Länder oder Unternehmen, wie beispielsweise Fluggesellschaften, Emissionszertifikate aus Waldschutzaktivitäten erwerben und sich diese auf ihre internationalen Verpflichtungen und Minderungsziele anrechnen lassen.
Herausforderungen für den Klimaschutz
Marktbasierte Finanzierung, insbesondere im Waldklimaschutz, stellt hohe Ansprüche an die Messung, Berichterstattung und Verifizierung von Emissionsminderungen und den Abbau von Klimagasen durch Senken. Doch nach wie vor bestehen Unsicherheiten bei der Quantifizierung von Emissionen, der Festlegung von Referenzszenarien und der Bestimmung von Verdrängungseffekten. Auch ist nicht immer gewährleistet, dass die Treibhausgasminderungen dauerhaft sind. Zudem ist es notwendig, soziale und weitere Umwelt-Aspekte einzubeziehen, wie den Schutz der indigenen Bevölkerung oder die Bewahrung von Biodiversität.
Eine generelle Gefahr ist, dass durch unzureichende Standards für Aktivitäten mit Landnutzungsbezug günstige Zertifikate aus REDD+ den Markt überschwemmen könnten; mit niedrigen Preisen würden dann die Anreize zur Vermeidung von fossilen Emissionen sinken. Kritisch zu sehen ist deshalb die Verknüpfung von Waldzertifikaten mit großen Nachfragemärkten für Emissionszertifikate, wie dem CORSIA-Mechanismus, der Emissionszuwächse aus dem internationalen Luftverkehr mindern soll.