
Nachhaltiger Wasserstoff: die vierte Säule der Energiewende
Klimafreundlicher und nachhaltiger Wasserstoff ist die vierte Säule der Energiewende: nach erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Elektrifizierung. Das bedeutet konkret, dass ohne klimafreundlichen Wasserstoff kein klimaneutrales Wirtschaftssystem erreicht werden kann. Effizienzmaßnahmen sollten durchgeführt, der Energieverbrauch gesenkt und in den Bereichen, in denen es möglich ist, erneuerbarer Strom direkt genutzt werden. Erneuerbarer Wasserstoff ergänzt diese Maßnahmen als möglicher Energieträger und Grundstoff für Industrieanwendungen.
Wasserstoff wird je nach Herstellungsart eine unterschiedliche Farbe zugewiesen:
- Grüner Wasserstoff: Dieser wird mittels Elektrolyse von Wasser erzeugt. Der Strom für die Elektrolyse muss aus zusätzlichen erneuerbaren Energien gewonnen werden. Diese Art des Wasserstoffs wird mittel- bis langfristig die zentrale Rolle für die Wasserstoffversorgung übernehmen. Um das zu erreichen, muss die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien in Deutschland, Europa und weiteren Ländern noch stark wachsen.
- Blauer und türkiser Wasserstoff: Dieser wird aus fossilem Erdgas mittel Dampfreformierung hergestellt. Das anfallende CO2 wird größtenteils abgeschieden und unter der Erde langfristig gespeichert oder als fester Kohlenstoff langfristig gelagert. Kurz- bis mittelfristig kann diese Art klimafreundlichen Wasserstoffs eine relevante Rolle einnehmen.
- Grauer Wasserstoff, der aus Strom mit wesentlichen Anteilen aus fossilen Energieträgern erzeugt wird, steigert die Treibhausgasemissionen gegenüber dem aus Erdgas hergestellten Wasserstoff und ist nicht nachhaltig. Das anfallende CO2 wird in die Atmosphäre abgegeben.
Für alle „Farben“ und Erzeugungsorte von Wasserstoff, ob in Deutschland oder im Ausland, müssen ambitionierte Nachhaltigkeitsstandards gelten. Dafür müssen ökologische aber auch sozio-ökonomische Kriterien wie Arbeitsbedingungen, Landrechte und Wasserverfügbarkeit beachtet werden.
Da Wasserstoff voraussichtlich auch zukünftig ein knappes und teures Gut bleibt, ist es wichtig, ihn in solchen Anwendungsbereichen gezielt einzusetzen, wo keine anderen Möglichkeiten der Dekarbonisierung zu erwarten sind.
- Das gilt insbesondere für die Industrie-Sektoren Stahl- und Chemie, den Flug- und Schiffsverkehr und in einzelnen Fällen als Ersatz für Erdgas in der großskaligen Kraft-Wärme-Kopplung.
- Wasserstoff ist eine vergleichsweise teure Option für den Klimaschutz, deshalb sollten zuerst andere, kostengünstigere Optionen realisiert werden. Das heißt: Wasserstoff ist nicht der Schlüssel zur Verkehrs- oder Wärmewende. Batterieelektrische Fahrzeuge und Wärmepumpen sind wesentlich effizienter als die Nutzung von Wasserstoff und wasserstoffbasierten Anwendungen. Wasserstoff kann die strombasierten Technologien im Verkehrs- und Wärmesektor nur ergänzen.
Es braucht frühzeitige internationale Kooperationen für eine sichere und nachhaltige Wasserstoffversorgung in Deutschland. Denn in Deutschland selbst kann nur ein sehr kleiner Teil der benötigten Mengen an erneuerbarem Strom für die Wasserstoffherstellung erzeugt werden.
Infografiken des Öko-Instituts zum Thema Wasserstoff (Flickr)Wasserstoff: Informationen und Angebote des Öko-Instituts
Die Expert*innen des Öko-Instituts befassen sich in unterschiedlichen Projekten mit der Herstellung sowie der Nachhaltigkeit von Power-to-X-Stoffen. Sie beraten Entscheidungsträger*innen bei Gesetzes- und Regulierungsvorhaben, analysieren und bewerten mögliche Anwendungsfelder des Wasserstoffs und forschen zu notwendigen Nachhaltigkeitskriterien. Dr. Felix Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut, berät das Bundeswirtschaftsministerium als Mitglied des Nationalen Wasserstoffrates.
Wasserstoffstrategie 2.0
Im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität hat das Öko-Institut im Mai 2021 einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie vorgelegt. Vor dem Hintergrund des Ziels „Klimaneutralität bis zum Jahr 2045“ beschreibt die Studie ein Handlungsprogramm zur Nutzung von klimaneutralem Wasserstoff in Deutschland. Sie stellt dar, in welchen Sektoren Wasserstoff vorrangig zum Einsatz kommen sollte ebenso wie realistische Potenziale des Wasserstoffaufkommens in den nächsten zehn bis 15 Jahren, den Bedarf der Infrastrukturentwicklung sowie die zu erwartenden Kosten. Konkrete Vorschläge überführen die bislang von der Bundesregierung vorgelegte Wasserstoffstrategie in ein detailliertes Handlungsprogramm zur Entwicklung für die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland.
Zur Studie „Die Wasserstoffstrategie 2.0 für Deutschland“
Spendenprojekt „Wasserstoff? Ja, aber nur nachhaltig!“
Um den Wasserstoffbedarf für das Klimaneutralitätsziel in Deutschland zu decken, müssen aller Voraussicht nach große Mengen an Wasserstoff aus Regionen außerhalb der EU importiert werden. Im Spendenprojekt haben die Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts die zu erwartenden weitreichenden und vielschichtigen Auswirkungen auf die Exportländer analysiert. Ambitionierte und klar definierte Nachhaltigkeitskriterien vermeiden negative Effekte der Wasserstoffproduktion im Ausland, geben Investitionssicherheit für Unternehmen und sind die Grundlage für eine langfristige Anerkennung von importiertem Wasserstoff als Klimaschutzinstrument. Damit sich nachhaltiger grüner Wasserstoff als Klimaschutzinstrument durchsetzen kann, sollten Kriterien und entsprechende Standards schnell definiert und möglichst international vereinbart werden.
Zentrale Ergebnisse des Spendenprojektes „Wasserstoff? Ja, aber nur nachhaltig!“ des Öko-Instituts
Übergreifende Informationen
FAQ „Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe“
Thementext: Strombasierte Kraftstoffe: die Zukunft von PtX
Onlinemagazin eco@work Ausgabe 3/2020: Strom zu Kraftstoff: Wofür brauchen wir PtX?
Spendenprojekt des Öko-Insttuts: "Wasserstoff? Ja, aber nur nachhaltig!"
FAQ „Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe“
Podcast „Wenden bitte!“: „Warum ist Wasserstoff der Champagner der Energiewende?“ vom 8. April 2021
Weitere Informationen
Introduction to the IPHE Methodology
Systemischer Vergleich verschiedener Wasserstofftransportrouten
Excel-Tool & Data documentation: PTX Business Opportunity Analyser
Policy Brief: Certification for Green Hydrogen and Power-to-X
Policy Brief: EU Requirements for Renewable Hydrogen and its Derivatives
Working Paper „Sustainability dimensions of imported hydrogen, Oeko-Institut Working Paper 8/2021“
Studie „Die Wasserstoffstrategie 2.0 für Deutschland“
Wasserstoff sowie wasserstoffbasierte Energieträger und Rohstoffe
Die Bedeutung strombasierter Stoffe für den Klimaschutz in Deutschland
Impulspapier: "Kein Selbstläufer: Klimaschutz und Nachhaltigkeit durch PtX"
Positionen zur Nutzung strombasierter Flüssigkraftstoffe (efuels) im Verkehr
Hydrogen fact sheet – Gulf Cooperation Countries (GCC)
Hydrogen Fact Sheet – North African Countries
Hydrogen fact sheet – Argentina
Studie “Comparing sustainability of RES- and methane-based hydrogen”
Acht Kriterien für den Import von grünem Wasserstoff: Jetzt die Nachhaltigkeit sichern!
Wie geht Klimaschutz im Luftverkehr? Ein Streitgespräch.
Windgas aus überschüssigem Öko-Strom
Interview: Die Risiken des Wasserstoff-Imports
Kommentar von Anke Herold: „Wasserstoff muss grün sein“